Sonntagsgedanken: Gott ist gegenwärtig

Sonntagsgedanken: Gott ist gegenwärtig

„Wir beten an die Macht der Liebe“ spielt die Bundeswehr beim Großen Zapfenstreich. Gerhard Tersteegen hat es gedichtet, der vor 250 Jahren gestorben ist. Er war ein „Stiller im Land“, aus dem Ruhrgebiet, blieb ehelos und lebte als Weber sehr bescheiden. Er hielt sich von der Kirche fern und suchte eine innerliche Religiosität. Er predigte aber auch in kleinen Zirkeln und Hausgemeinden, wurde Seelenführer und schrieb seelsorgerliche Briefe. Sein bekanntestes Lied ist: „Gott ist gegenwärtig“:

Gott ist gegenwärtig,

lasset uns anbeten und in Ehrfurcht vor ihn treten.

Gott ist in der Mitte.

Alles in uns schweige und sich innigst vor ihm beuge.

Wer ihn kennt,

wer ihn nennt,

schlag die Augen nieder, kommt ergebt euch wieder.

 

 

Was hat diesem gläubigen Menschen an der Kirche missfallen? War sie ihm zu laut? Zu oberflächlich? Konnte er keine großen Menschenmengen ertragen und lebte seinen Glauben mit wenigen Gleichgesinnten im Stillen? Ich glaube heute in unserer lauten und hektischen Welt können wir ihn verstehen und sehnen uns nach solchen Orten und Zeiten, in denen wir uns in aller Ruhe besinnen können. Einfach mal abschalten.

Doch so einfach macht es sich Gerhard Tersteegen nicht. Er schaltet nicht einfach ab. Sondern geht vielmehr auf Empfang. Er richtet sich auf Gott aus. Und er erfährt: Das geht nur, wenn ich mich nicht ablenken lasse. Das geht nur, wenn ich mich konzentriere, wenn ich meditiere. Die Worte der Heiligen Schrift. Oder einen Liedtext, der von Gott handelt. Solche Liedtexte hat er uns eben hinterlassen. Darum seien hier nochmals zwei Strophen zitiert:

Du durchdringest alles;

lass dein schönstes Lichte, Herr berühren mein Gesichte.

Wie die zarten Blumen

willig sich entfalten und der Sonne stille halten,

lass mich so,

still und froh

deine Strahlen fassen und Dich wirken lassen.

 

Herr, komm in mir wohnen,

lass mein Geist auf Erden dir ein Heiligtum noch werden.

Komm, du nahes Wesen,

dich in mir verkläre, dass ich dich stets lieb und ehre.

Wo ich geh,

sitz und steh,

lass mich dich erblicken und vor dir mich bücken.

Mir fällt das innige Verhältnis auf, das Gerhard Tersteegen zu Gott hat. In seiner Nähe und Gegenwart bekommt er Saft und Kraft, blüht er auf. Er wünscht sich, dass Gottes Gegenwart sein ganzes Leben prägt. Dass alles ihm zum Zeichen für Gottes Gegenwart wird.

Hört sich das nicht irgendwie weltfremd und weltvergessen an? Oder gerade doch nicht? Ist es nicht auch offen und wach zu nennen, geistesgegenwärtig, wenn mein Leben offen ist für Gott? Ich meine, es gibt mir einen Lebenssinn und hilft mir dabei, mich nicht zu verlieren. Ich kann mein Leben ausrichten auf das, was heilsam ist.

 

Pfarrer Andreas Vix

Hattenhofen

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