Wenn Sie in eine der gängigen Suchmaschinen das Wort „Berufung“ eingeben, nimmt eine der dort angebotenen Deutungen Berufung als Angebot für ein wissenschaftliches, künstlerisches, politisches, kirchliches Amt in den Blick und legt ergänzend die Synonyme Bestellung, Ernennung, Ruf, Wahl, Designation dazu.
Ein weiterer, heute nicht mehr so gängiger Deutungsstrang, bildet das Zusammenrufen im Sinne von Einberufung oder Versammlung. Unübersehbar im gesamten digitalen Deutungsportfolio bleibt Berufung als Rechtsmittel gegen ein ergangenes Gerichtsurteil.
Wären Sie bei ihrem Deutungsversuch von Berufung auf den ausschlaggebenden Impuls zur Berufswahl gekommen oder auf ihre persönliche Lebenshaltung prägenden Motive, die aus dem Bewusstsein „berufen zu“ erwachsen sind?
Nicht nur in aktueller Zeit gibt es die Haltungen „berufen zu“ neben einem „sich berufen auf“. Die Spannung zwischen fordern und geben steht im Raum und wahrlich unterschiedlich sind die Motive, aus denen diese Positionen ihre individuellen Berechtigungen herleiten.
Berufung aus christlicher Sicht ist aber immer von einem Mehr durchzogen und auf eine Tiefe hin geprägt, die Gott in den Blick nimmt. Es ist GOTT, der den Menschen beruft und dieser wird in seinem Lebenslauf wie Glaubensvollzug immer wieder neu von IHM gerufen. Für manches oder sogar vieles in uns, gibt es somit eine „göttliche Motiv-Lage“.
Wir sind damit als Christinnen und Christen stetig gefordert, uns auf die Quelle unserer Berufung sowie die zentralen Inhalte des vernommenen Rufes zu besinnen. Das „Begleitschreiben“ zu unserer Berufung ist eindeutig, denn es ist angefüllt mit Kernaussagen der biblischen Zeugnisse. Hier gelten eben nicht auf aktuelle Lebenssituationen bezogene oder zugeschnittene immer wieder auch egoistischen Bedürftigkeiten.
In der Berufung selber liegt die Verpflichtung zur Vergewisserung auf die dem Ruf zugrundeliegende Orientierung. Die Fähigkeit, die Geister zu unterscheiden (1 Kor. 12,10) kommt da aus dem paulinischen Erbe auf uns zu und mahnt zur kritischen inneren Differenzierung. Hier zeigt sich auch eine beachtenswerte Parallele zur Berufung im juristischen Kontext, wo Gedanken wie Positionen eben auch nicht willkürlich interpretiert werden können, sondern nach dem Durchlaufen von klaren Verfahrenswegen Allgemeingültigkeit erlangen.
Ignatius von Loyola hat die christlich geleitete Unterscheidung der Geister als wesentliches Element in seine „Geistlichen Übungen“ aufgenommen und dort lässt sich diese wichtige Haltung individuell vertiefen.
Der erste Schritt aber, für unsere Alltagstauglichkeit als Christin und Christ liegt im von 1 Joh 4,1 durchdrungenen denkenden Menschenverstand: Geliebte, traut nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind; denn viele falsche Propheten sind in die Welt hinausgezogen.
Helmut G. Bertling, Kath. Schuldekan, Heidenheim