Die Entbürokratisierung der Landwirtschaft steht im Fokus der Frühjahrs-Agrarministerkonferenz. Landwirtschaftsminister Peter Hauk fordert zudem mehr Anreize für den Umbau der Tierhaltung und den Betrieb von Biogasanlagen.
„Die Proteste der Landwirtinnen und Landwirte der vergangenen Monate haben gezeigt, dass wir auf verschiedenen Ebenen dringend Entlastungen herbeiführen müssen, um unseren Betrieben mehr Planungssicherheit und Perspektive zu geben. Wir brauchen eine international wettbewerbsfähige Landwirtschaft. Dies gilt es zu stärken und das geht nicht mit immer mehr Auflagen, sondern mit echten Entlastungen. Immer neue kurzfristige Änderungen und jährlich neue Regelungen verunsichern und belasten sowohl die Landwirte als auch die Verwaltung in der Umsetzung der Fördermaßnahmen. Damit verlieren wir Akzeptanz und am Ende auch Vertrauen in die Agrarpolitik und die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union (EU)“, sagte der baden-württembergische Landwirtschaftsminister und Sprecher der CDU-Landwirtschaftsministerinnen und -minister in Deutschland, Peter Hauk, anlässlich der Frühjahr-Agrarministerkonferenz, die in Erfurt in Thüringen stattfand.
Mehr Bürokratieabbau gefordert
Zur Frühjahr-Agrarministerkonferenz haben die Länder Vorschläge zum Bürokratieabbau in der Landwirtschaft an das Bundeslandwirtschaftsministerium übersandt.
Die sieben unionsgeführten Agrarressorts der Länder haben dazu eine gemeinsame Liste an Herrn Bundesminister Özdemir übermittelt. Das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) hat gemeinsam mit den anderen unionsgeführten Agrarressorts der Länder erste Vorschläge zur bürokratischen Entlastung sowohl für die Landwirtschaft als auch für die Verwaltung auf Bundes- und EU-Ebene gemacht.
Die Agrarministerinnen und –minister der Länder haben darin übereingestimmt, dass die verwaltungstechnischen Vorschläge, die in der federführenden Verantwortung von Bund und Ländern liegen, schnell von den zuständigen Arbeitsgremien geprüft und bearbeitet werden. „Dies betrifft insbesondere die Vorschläge zur vereinfachten Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik in nationales Recht. Wir haben daher den Bund gebeten, die von der EU geplanten Beschlüsse zur Vereinfachung der Konditionalitäten eins zu eins umzusetzen“, betonte Minister Hauk. Hierzu gehöre beispielsweise die Aussetzung von GLÖZ 8 (vier Prozent Bracheverpflichtung auf Ackerflächen), die Synchronisierung von Fristen bei GLÖZ-Regelungen oder Bagatellgrenzen bei Flächen hinsichtlich Kontrollen und Sanktionierungen.
Landwirtinnen und Landwirte brauchen mehr Planungssicherheit
„Die Landwirtinnen und Landwirte benötigen eine längerfristige Perspektive, um die aktuellen und die zukünftigen Herausforderungen bewältigen zu können. Ich habe den Bund daher aufgefordert, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass die Verpflichtung zur Flächenstilllegung im Rahmen von GLÖZ 8 bis zum Ende der Förderperiode 2027 ausgesetzt wird. Dies würde unseren Landwirten echte Planungssicherheit geben. Zudem benötigen wir Flächen vor allem im Hinblick auf die Ernährungssicherheit, um darauf umweltverträglich Nahrungsmittel zu erzeugen. Unsere Landwirtinnen und Landwirte wissen um ihre Verantwortung und leisten ihren Beitrag zum Klima- und Umweltschutz, der ebenso auf die Ziele des Green Deals der EU einzahlt“, betonte Minister Hauk.
Darüber hinaus waren für Baden-Württemberg folgende Punkte bzw. Vorschläge besonders wichtig:
- Stoffstrombilanzverordnung (StoffBilV) abschaffen: Die zukünftige Monitoring-Verordnung und die StoffBilV führen zu umfassenden Vorgaben und Verpflichtungen für die Landwirte. Das Düngerecht ist bereits weit ausdifferenziert.
- Novelle des Düngegesetzes Deutschland in Sachen Erleichterungen für „Grüne Gebiete“. In vielen „Grünen Gebieten“ besteht kein weiterer konkreter Handlungsbedarf, deshalb sollten hier die Auflagen entsprechend reduziert werden.
- Reduzierung und Vereinheitlichung der Sperrfristen- und -zeiten im Rahmen der Feldbewirtschaftung.
- Vereinheitlichung der einschlägigen Zweckbindungsfristen für investive Maßnahmen auf fünf Jahre.
Immer mehr Betriebe steigen aus der Tierhaltung aus
Auch die angespannte Situation der tierhaltenden Betriebe wird durch fehlende Planungssicherheit beim gleichzeitig geforderten Umbau der Nutztierhaltung verstärkt.
„Notwendige Investitionen können nicht getätigt werden und immer mehr Betriebe steigen aus der Tierhaltung aus. Für den geforderten und diskutierten Umbau der Tierhaltung brauchen wir endlich ein kluges Gesamtpaket sowie eine strukturierte und transparente Umsetzung. Der Bund muss hier endlich liefern und seine Hausaufgaben machen. Dazu braucht es insbesondere eine verlässliche Förderung und erleichterte Genehmigungsverfahren bei Stallbauten für mehr Tierwohl. Ich kann mich nur wiederholen: Ohne ein Gesamtkonzept aus langfristiger Finanzierung sowie Anpassungen im Immissionsschutz und Baurecht, läuft ein Umbau der Tierhaltung und ein Umstieg auf höhere Haltungsformen ins Leere“, so Minister Hauk.
„Wir unterstützen eine umfassende Tierwohlkennzeichnung bei frischem Fleisch im Sinne von Erzeugern und Verbrauchern. Der Bund bleibt aber weiterhin hinter den Anforderungen zurück. Das Vorgehen, das Gesetz in kurzer Zeit und ohne Beteiligung und Zustimmung der Länder durchgesetzt zu haben, kritisiere ich. Die Mehrheit der Länder hat deutlich kritisiert, dass die Tierhaltungskennzeichnung in ihrer aktuellen Form nicht vollzogen werden kann. Fazit kann nur sein: gut gemeint, schlecht gemacht“, unterstrich Minister Hauk.
Biogasanlagen nicht attraktiv genug
Für das Erreichen der Ausbauziele für erneuerbare Energien sind massive Anstrengungen erforderlich. Im Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) 2023 gilt weiterhin der Ausbaupfad einer installierten Leistung von Biomasseanlagen von 8,4 Gigawatt im Jahr 2030. Wie die Ausschreibungsergebnisse der Bundesnetzagentur (BNetzA) der letzten Jahre dokumentieren, sind die Festlegungen der Höchstwerte im EEG 2023 zu niedrig und für die Betreiber von Biogasanlagen nicht attraktiv.
„Durch die aktuellen Ausschreibungsbedingungen im EEG und die inflationsbedingten Kostensteigerungen besteht die Gefahr, dass wir einen Großteil der Biogasanlagen in den nächsten Jahren verlieren. Das nehmen wir nicht hin, weil sie einen wichtigen Beitrag zur lokalen Energieversorgung und zur Wärmewende leisten und unsere Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffen stärken. Unsere Biogasanlagenbetreiber im Ländlichen Raum sind starke und zuverlässige Partner, die bereit sind, ihren Beitrag zur sicheren Energieversorgung zu leisten. Biogas steht bereits heute sofort zur Verfügung und ist eine verlässliche Säule im erneuerbaren Energiemix. Die Biogasproduktion auf Basis regional vorhandener Ressourcen, vor allem aus verfügbaren biogenen Reststoffen landwirtschaftlicher und gewerblicher Herkunft gewinnt immer mehr an Bedeutung und ist Kreislaufwirtschaft im besten Sinne“, betont Minister Hauk.
Daher forderte Baden-Württemberg im Rahmen der Frühjahrs-Agrarministerkonferenz in einem gemeinsamen Antrag mit Bayern den Bund auf, unter Berücksichtigung der Bedeutung von Biogas bei der Novellierung des EEG die Höchstwerte für Biomasseanlagen (Paragraf 39b Absatz 1 und Paragraf 39g Absatz 5 Nummer 3) um zwei Cent pro Kilowattstunde anzuheben. Ebenso soll das Ausschreibungsvolumen für Biomasseanlagen (Paragraf 28c Absatz 2) auf jährlich 1.200 Megawatt angehoben werden.
Bundeswaldgesetz ist überflüssig
Die Landwirtschaftsministerinnen und -minister der Länder befassten sich im Rahmen der Agrarministerkonferenz auch mit der vom Bund angekündigten Novelle des Bundeswaldgesetzes. Der Bund beabsichtigt hierbei eine umfassende Neuregelung des Waldrechts. „Das Bundeswaldgesetz und die bisherige Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern bei der Waldgesetzgebung haben sich bewährt. Vor allem, weil sie wichtige und ausreichende Freiräume zur regionalen Ausgestaltung beinhalten, die es zu erhalten gilt. Wir lehnen überdies Konkretisierungen bei der waldbaulichen Behandlung der Wälder und Strafbewährungen strikt ab“, betonte Minister Hauk.
„Die Entwaldungsverordnung ist nicht nur fachlich und politisch nicht umsetzbar, sondern schlichtweg überflüssig, da wir in Deutschland weder illegale Rodungen haben, noch weil die Wälder abnehmen. In Baden-Württemberg nehmen sie sogar zu“, führte Minister Hauk aus.