Auch an diesem Wochenende waren die Göppinger Bundesliga-Handballerinnen zum Zuschauen gezwungen: Statt Süßes für sie in Form von zwei Punkten und Saures für Bad Wildungen heißt es nach dem vor einer Woche bekanntgewordenen positiven Coronabefund einer Spielerin weiterhin Daheimbleiben. Die betroffene Akteurin zeigte bislang keine Symptome, auch dem restlichen Team sowie Trainer und Geschäftsführer Aleksandar Knezevic geht es gut. Alle würden gerne wieder ihrem geregelten Alltag nachgehen mit den abendlichen Trainingseinheiten, doch diese sind erst am Freitag wieder möglich, wenn die Quarantänezeit vorüber ist.
Einkäufe und sonstige Besorgungen werden von Freunden, Nachbarn oder Thomas Hamm vom Fanclub „Frauenpower“ organisiert. Sich fithalten, das müssen die Spielerinnen selbstständig in den eigenen vier Wänden zu bewältigen versuchen. Anfang der Woche wurden ihnen Spinningräder zur Verfügung gestellt, mit denen sie an ihrer Kondition arbeiten können. „Wir haben uns noch ein paar Sachen aus dem Internet bestellt und auch zwei Handbälle“, erzählt Anne Bocka, die zusammen mit Mitspielerin Romy Morf-Bachmann in einer WG wohnt. So gehe das Gefühl für den Ball nicht verloren und man könne gemeinsam diverse Übungen absolvieren. Dass es für sie heute in einer Woche nahezu untrainiert weitergeht, berge ein Verletzungsrisiko. „Da muss man schon aufpassen.“ Dass es die FRISCH AUF Frauen als Erstes in der Liga mit einem positiv ausgefallenen Test erwischt habe, sei zwar bitter. „Aber es wird auch noch andere Mannschaften treffen. Wir sind zwar die Ersten, aber sicher nicht die Letzten“, sagt Bocka. „Wenn es ganz unglücklich läuft, sind wir gerade aus der Quarantäne raus und können erneut nicht spielen, weil ein anderes Team rein muss.“ Die Zeit in den eigenen vier Wänden nutzen Bocka und Morf-Bachmann zum Aufräumen und Kochen. Gerne werden auch Serien via Internetstream verfolgt.
„Die Unterstützung rund um die Mannschaft ist groß. Meine Nachbarn haben mir sofort ihre Hilfe angeboten, wenn ich etwas benötige“, sagt Pascale Wyder, die die vergangenen Tage zu Bastelarbeiten für die Weihnachtszeit genutzt hat. „Ansonsten stehe ich über die sozialen Medien in Kontakt mit Freunden und dem Team.“ Der persönliche Austausch untereinander und die gemeinsamen Trainingseinheiten fehlen ihr aber sehr. „Wir haben zwar die Spinningräder und auch ein Kraftprogramm erhalten, aber das Training in der Halle ist natürlich ganz.“ Mit den beiden THC-Spielen und den drei Nachholspielen habe man ein straffes Programm vor sich. Dass ein Test positiv ausfallen und es zu einer Situation wie der jetzigen kommen kann, das hat die 25-Jährige einkalkuliert. „Das lässt sich in dieser Zeit einfach nicht vermeiden. Jeder geht arbeiten und hat Kontakt mit anderen Menschen. Ich bin gespannt, wie es weitergeht in dieser Saison.“
„Ich versuche das zu machen, was in der Wohnung geht. Neben dem Spinning sind das zum Beispiel Tabata-Workout-Einheiten für das Wohnzimmer“, sagt Roxana Ioneac, mit 16 Treffern zweitbeste Feldtorschützin der Göppingerinnen. „Ansonsten lese ich viel und schaue Serien und kümmere mich um den Haushalt. Raus geht es nur auf den Balkon. Es ist für mich, für uns alle eine komplett ungewohnte Situation.“ Man vermisse alles: Freunde, Kollegen, das Team und die gemeinsamen Trainingseinheiten. Die ersten drei, vier Tage habe sie es nicht so extrem empfunden, weil sich der Körper regeneriert habe. „Aber jetzt fehlt der gewohnte Tagesablauf.“ Die weiteren Spiele vorerst ohne Zuschauer bestreiten zu müssen, sei hart. „Unsere Fans haben uns überall unterstützt, applaudiert, für Stimmung gesorgt, uns aufgemuntert. Wir werden sie sehr vermissen.“
Aleksandar Knezevic bezeichnet die derzeitige Lage und die Weiterführung des Spielbetriebs ohne Zuschauer als ungünstig. Der sofortige Wiedereinstieg ohne Training erhöhe die Verletzungsgefahr, zudem fehlten Einnahmen. Zudem stünden vor der EM-Pause nur noch Auswärtsspiele an. Bereits vier Tage nach dem Pokalspiel geht es in der Liga erneut gegen den Thüringer HC. Die Partie wurde auf Mittwoch, 11. November vorverlegt, da der THC am vorgesehenen Wochenendtermin im Europapokal im Einsatz ist. Am Samstag, 21. November steht für die FRISCH AUF Frauen dann das wichtige Spiel bei HL 08 Buchholz-Rosengarten auf dem Programm.
Ob die Runde ohne Unterbrechung weitergespielt werden kann, darüber ist sich niemand sicher. Dazu habe die Pandemie zuletzt zu viel Dynamik erreicht, sagt der Trainer der Drittligamannschaft, Vladimir Jelesic. Da fünf seiner Spielerinnen, die regelmäßig mit der ersten Mannschaft trainieren, in Quarantäne seien, wurde das für Samstag vorgesehene Heimspiel der zweiten Mannschaft der FRISCH AUF Frauen gegen den SV Allensbach abgesagt. Inzwischen wurde entschieden, dass der Spielbetrieb in der 3. Liga vorerst von Montag an bis Mitte November ausgesetzt wird. In dieser Zeit soll auch geklärt werden, ob die 3. Liga zum Profi- oder Amateurbereich zählt.
PM Frank Höhmann