ver.di kritisiert faktisches Gender-Verbot in Landesbehörden

Das Landeskabinett hat mit seinem Beschluss, im förmlichen Schriftverkehr der Landesverwaltung das amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung einzuhalten, eben keine Lösung der Genderfrage gefunden. Mit dem nun vereinbarten „Kompromiss“ hat sich Innenminister Strobl, der ein Verbot des Genderns in der Landesverwaltung gefordert hatte, weitestgehend durchgesetzt.

Denn nun gilt nicht nur in Gesetzen, Verordnungen und amtlichen Schreiben ein Genderverbot, sondern womöglich in jeder schriftlichen Korrespondenz mit Briefkopf oder Signatur. Hanna Binder, stellvertretende ver.di Landesbezirksleiterin und Fachbereichsleiterin für den öffentlichen Dienst: „Der Vorstoß des Innenministers, Beschäftigten in Landesbehörden künftig vorzuschreiben, wie sie mit- und untereinander sprechen dürfen, war eine populistische Strategie, die Vielfalt und Gleichstellung über Sprache behindert. Während unsere Verwaltungen unter Personalmangel leiden und wichtige Arbeiten nicht oder nur schleppend vorankommen, während viele darauf hoffen, dass die Digitalisierung die Verwaltungsarbeit einfacher und schneller macht, während Unternehmen sich modern und divers aufstellen, macht das Land die Rolle rückwärts und will mit dem gestrigen Kabinettsbeschluss nun faktisch im gesamten förmlichen Schriftverkehr Gender-Sonderzeichen wie das *Sternchen verbieten.“ In den Dienststellen des Landes wächst der Unmut der Beschäftigten. Deshalb fordern die Gewerkschaften ver.di und GEW sowie der DGB die Landesregierung auf, auch künftig eine geschlechtergerechte Sprache in Wort und Schrift zu zulassen.

„Niemand soll zum Gendern gezwungen werden, es darf aber auch niemandem verboten werden“, so Binder. Maike Schollenberger, stellvertretende ver.di Landesbezirksleiterin und für Gleichstellungspolitik zuständig: „Wer als junger Mensch in eine deutsche Fernsehserie aus dem letzten Jahrhundert zappt, ist oft fassungslos, wie sexistisch, diskriminierend und homophob Sprache und Verhalten damals waren. Die gesellschaftlichen Selbstreinigungskräfte, die dieses Denken, Sprechen und Handeln Schritt für Schritt überwinden, sind ermutigend. Der Versuch, diese befreiende und emanzipatorische Entwicklung per Verordnung zu stoppen, ist zum Scheitern verurteilt.“ Anette Sauer, ver.di Landesfrauensekretärin: „Nicht gendern geht nicht. Verwenden wir nur die männliche Form, gendern wir auch und heben nur die Männer hervor. Das ist genau das Gegenteil von dem, was unsere vielfältige und bunte Verwaltung im Land leben sollte. Wir können dann alle mit Mühe erkämpften Gleichstellungspläne in die Tonne klopfen.“

PM ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg

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