Die Landesregierung bringt die Bürgerbeteiligung in Baden-Württemberg weiter voran und beschließt Bürgerforen bei wichtigen Gesetzentwürfen. Damit werden die Demokratie und der Zusammenhalt im Land gestärkt.
„Die Menschen einzuladen und zu ermuntern, sich einzubringen und aktiv zu werden, ist ein zentrales Projekt meiner Regierung. Deshalb haben wir 2011 die Politik des Gehörtwerdens eingeführt. Und deshalb heben wir die Bürgerbeteiligung nun auf eine neue Stufe“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Anschluss an die Kabinettssitzung am Dienstag, 22. November 2022, in Stuttgart. „In Zukunft wird es zu wichtigen Gesetzentwürfen der Landesregierung ein beratendes Bürgerforum geben. Das ist eine echte demokratische Innovation, die es in dieser systematischen Form nirgendwo sonst in Europa gibt. Damit stärken wir die Demokratie und den Zusammenhalt im Land“, so der Ministerpräsident.
Der Ministerrat hat am Dienstag eine zentrale Idee des Koalitionsvertrages beschlossen: Bei wichtigen Gesetzesvorhaben der Landesregierung sollen künftig zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger den ersten Gesetzentwurf erörtern. Die Landesregierung setzt sich anschließend mit den im Rahmen des Bürgerforums erarbeiteten Vorschlägen auseinander. Dies wird zeitlich parallel zur sogenannten Verbände-Anhörung stattfinden. Erst danach beschließt die Landesregierung, mit welchem Entwurf sie ins parlamentarische Verfahren geht. Die darauffolgenden Verfahrensschritte im Landtag sind von dem aktuellen Beschluss nicht erfasst. Beschlossen wurde eine auskömmliche Finanzierung von zwei Bürgerforen bei herausragenden, politisch-relevanten Gesetzentwürfen pro Jahr.
Stille Mehrheit bekommt Stimme
Die Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung, Barbara Bosch, betonte: „Die öffentlichen Debatten werden von wenigen, aber sehr lauten Stimmen geprägt. Wir stellen das vom Kopf auf die Beine. Wir geben der stillen Mehrheit eine Stimme. Das gelingt mit dem Losverfahren. Es wird inzwischen weltweit genutzt. Zahlreiche Forschungen haben nachgewiesen, wie gut das funktioniert. Baden-Württemberg ist dabei führend. Der Landtag hat dazu ein spezielles Gesetz beschlossen. Das wenden wir nun an, wenn es um die Meinungsbildung innerhalb der Landesregierung geht.“
„Wir tun dies, weil wir überzeugt sind, dass wir Politiker nicht immer alles besser wissen. Die Impulse und Ideen, die wir aus der Bürgerschaft erhalten, können uns helfen, am Ende zu besseren politischen Ergebnissen zu kommen. Die Politik des Gehörtwerdens ist so auch eine Politik der Beheimatung, die Menschen ins Gemeinwesen holt, indem sie sie zu aktiven Mitspielern macht“, sagte der Ministerpräsident. Das sei gerade angesichts der großen Transformation hin zum klimaneutralen Industrieland wichtig. Denn der ökologische Umbau könne nur gelingen, wenn die Menschen mitziehen.
„Bei Gesetzentwürfen werden Verbände ganz selbstverständlich beteiligt. Mit den Bürgerforen bei wichtigen Gesetzen stärken wir jetzt die Stimme der nicht organisierten Bürgerinnen und Bürger und schließen damit eine Lücke. Bei allen anderen Gesetzentwürfen können die Bürgerinnen und Bürger weiterhin über das Beteiligungsportal mitwirken“, so die Staatsrätin.