Ich staunte neulich nicht schlecht, als mir ein evangelischer Kollege zu meinem Geburtstag ein „Martin Luther Einsteigerset“ schenkte. Es besteht aus einer Martin Luther Playmobil Figur, einer Schachtel Lutherol und einem Luther Pott, aus dem ich nunmehr meinen morgendlichen Kaffee genieße. Mittlerweile gibt es auch Luther-Nudeln, Luther-Socken, Luther-Kekse, Luther-Lutscher, Reformationsbier und vieles mehr.
Der steile Grat zum Devotionalienhandel und zum Luther-Kult mag für manchen Gläubigen Anlass zur Sorge sein. Doch die findige Idee hinter der Aktion regt sicher nicht nur mich zum Nachdenken an: Was spricht eigentlich dagegen, Glaubensinhalte auch mal etwas moderner zu transportieren, noch dazu mit einem praktischen Nutzen und gewürzt mit einem guten Schuss Humor?
Wie schnell hat man, im Gegensatz dazu, eine Reformations-Gedenkschrift im Regal abgelegt, wo sie womöglich vor sich hinschlummert und einstaubt? Einen Martin Luther Einkaufswagen Chip hingegen wird man wohl immer wieder in die Hand nehmen und, als erwünschter Nebeneffekt, über Gott und die Welt nachdenken.
Das Reformationsjubiläum ist für mich aber nicht zuallererst wegen der kleinen praktischen Geschenke Anlass zur Freude, sondern vor allem, weil ich bei den vielen positiven Begegnungen im Jubiläumsjahr deutlich gespürt habe, dass längst nicht mehr die Abgrenzung der Konfessionen im Vordergrund steht, sondern unsere gemeinsame Verantwortung für diese Welt.
Christen aller Konfessionen sind herausgefordert, sich den drängenden Fragen unserer Zeit zu stellen und gemeinsame Antworten zu formulieren, sei es im Bezug auf Terrorismus, Umweltprobleme, soziale Ungerechtigkeit, das Flüchtlingsdrama und vieles mehr. Zusammen können wir wesentlich mehr bewirken.
Eckhard Schöffel
Diakon und Religionspädagoge in der kath. Seelsorgeeinheit „Lebendiges Wasser“ (Jebenhausen, Faurndau, Hattenhofen mit Bezgenriet)