Wie so oft beschränke ich mich auch heute auf das, was nicht in den Medien bereits ausführlich behandelt wurde.
Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg und wir müssen langsam anfangen, unsere Erinnerungskultur zu überdenken. Man muss anfangen, von der Befreiung in der westlichen Welt zu sprechen, da vielen Ländern Osteuropas mit dem Stalinismus eine neue totalitäre Diktatur aufgezwungen wurde. Im Baltikum wird das Ende des Zweiten Weltkriegs schon lange nicht mehr als Befreiung gefeiert, da die eigentliche Freiheit erst 1989 mit der Revolution und der Unabhängigkeit Estlands, Lettlands und Litauens begann. Jugoslawien würde ich da ausnehmen, da der Titoismus, der sich gegen den Stalinismus durchsetzte, doch viele Freiheiten mit sich brachte. Man sollte auch die sowjetischen Ehrenmale entfernen lassen. Besonders zynisch finde ich, dass vom „großen Vaterländischen Krieg 1941-1945“ gesprochen wurde. Wer ging denn 1939 den Nichtangriffspakt mit NS-Deutschland ein, besetzte Ostpolen, das Baltikum und Teile Rumäniens, machte damit den Weltkrieg erst möglich und zwang Rumänien an die Seite der Nazis? Richtig, die Sowjetunion!
Trotzdem bin ich als Westdeutscher froh, ein Leben in Freiheit und Frieden verbracht zu haben, an dem ab 1989 auch die Brüder und Schwestern in großen Teilen des ehemaligen Warschauer Pakts teilhaben dürfen. Erst letztes Wochenende war ich im Böhmerwald und konnte die Freizügigkeit und Brüderlichkeit innerhalb der EU genießen. Kulturell sind sich die Völker Europas doch näher, als man denkt- gewisse Unterschiede werden belächelt und als bereichernd empfunden und man schlägt sich nicht mehr die Köpfe ein, weil der eine angeblich dem anderen überlegen ist. Das gilt es zu erhalten!
Am 5. Mai 1945 traten die Pariser Verträge in Kraft, wodurch die Bundesrepublik Deutschland ihre (fast) volle Souveränität zurückerlangte um am 9. Mai 1945 trat sie der NATO bei, wodurch die Westintegration wohl endgültig vollzogen wurde. 10 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs grenzte diese Entwicklung schon an ein Wunder. Ich verstehe nicht, warum diese Ereignisse nicht groß in den Medien thematisiert wurden, sondern ich lediglich zufällig davon gelesen habe. Dies waren Meilensteine der deutschen, europäischen und internationalen Geschichte. Das einstige Nazi-Deutschland wurde unter Kanzler Konrad Adenauer ein wichtiger strategischer Partner und Verbündeter der demokratischen Staaten des Westens. Zumindest offiziell waren die einstigen Feindschaften vorbei und auch innerhalb der Völker entstand langsam ein Gefühl der Gemeinschaft. Daran muss man heute wieder umso mehr denken und das Errungene erhalten.
Als am 24. November 2024 die Präsidentschaftswahlen in Rumänien wegen unrechtmäßiger Einflussnahme Russlands annulliert wurden, hatte ich ein gutes Gefühl, da Politik, Justiz und Zivilgesellschaft an einem Rang zogen. Als der rechte Kandidat Calin Georgescu später festgenommen und von der nächsten Wahl ausgeschlossen wurde, empfand ich große Freude und dachte, Rumänien wäre auf einem guten Weg. Als dann aber bei der Wiederholungswahl am 4. Mai 2025 der neue rechte Kandidat George Simion 41% der Stimmen holte, war ich entsetzt. Wie können nach all den Vorkommnissen so viele Wähler diesem Demagogen ihre Stimmen geben? Rumäniens Weg seit der Revolution im Dezember 1989 war steinig und schwer, aber er führte in die richtige Richtung – in die EU und in das Schengener Abkommen. Das Land wird immer interessanter für Touristen, aber auch für Investitionen. Viele Rumänen arbeiten und leben in Westeuropa, was ihnen und den dortigen Volkswirtschaften Wohlstand bringt. Will man das alles aufs Spiel setzen? Sicher gibt es im Land noch Korruption und andere Probleme, aber die werden nicht mit einer Annäherung an Russland und Nationalismus gelöst, sondern mit mehr Demokratie und mehr Europa. 1940 führte das Bündnis mit NS-Deutschland Rumänien in den Abgrund. Soll sich diese Geschichte wiederholen? Sicher nicht! Ich hoffe, dass die demokratischen Kräfte im zweiten Wahlgang zusammenhalten und Rumänien seinen Weg der Demokratisierung und Westintegration fortsetzt.
Anlässlich des gestrigen Europatages möchte ich an dieser Stelle noch auf die Europahymne verweisen:
Ich habe beschlossen, dass ich dieses Lied an meiner Beerdigung spielen lassen werde, weil es nicht nur für Europa, sondern auch für Brüderlichkeit steht. Egal, ob in Paris, Berlin, Bukarest oder sonst wo in Europa: Hören wir uns die Ode an die Freude an und kämpfen wir gegen Dinge, die uns in den Abgrund führen.
Marcel Kunz