Sonntagsgedanken: Ungebetene Gäste

Seit Ostern, dem Tod und der Auferstehung Jesu, sind sechs Wochen vergangen, am vergangenen Donnerstag feierten wir Christi Himmelfahrt. Seither ist Jesus in den Himmel aufgefahren und dennoch ist Maria im Kreis der Jünger ihres Sohnes, wie uns die Apostelgeschichte mitteilt.

Warum war sie noch bei Ihnen? War es den Jüngern noch wichtig? Haben sie Maria aus Mitleid in ihren Kreis mitaufgenommen? Oder hatte Maria für die Jünger eine wichtige Bedeutung und Rolle?

Stellen Sie sich einmal vor, dass ihre Mutter in ihrem Freundeskreis dabei ist und mittendrin mitmischt, auch wenn Sie selbst nicht Teil der Runde sind.

Solch eine Konstellation kann gut gehen, wenn die Mutter etwas an sich hat, was die Runde bereichert und für den Kreis wichtig ist: Vielleicht ist sie besonders witzig, bringt gute Stimmung, gibt in schwierigen Situationen die besten Ratschläge oder vielleicht wird durch sie der Kreis harmonisch.

Andererseits kennen wir auch die Situation, dass es Menschen aus dem Freundes-, Bekannten- oder Arbeitskollegenkreis gibt, die uns eigentlich in ihrer Art lästig sind und die wir deshalb nicht in unserer Runde dabeihaben möchten. Vermutlich stand jeder von uns angesichts eines Geburtstages oder einer Hochzeit vor der Situation jemanden einladen zu „müssen“, deren Anwesenheit wir dann aus Höflichkeit oder moralischer Verpflichtung schlicht ertragen.

Wie war es bei Maria? Wollten die Jünger Maria um sich haben oder „mussten“ sie es?

Ob die Jünger die Anwesenheit von Maria geschätzt haben oder sie nur aus Mitleid aufgenommen haben, werden wir letztendlich nicht erfahren. Der biblische Kontext lässt aber vermuten, dass sie ihre Anwesenheit als Ratgeberin und Mutter der Kompanie geschätzt haben.

Auf jeden Fall könnte es, gerade angesichts des bevorstehenden Muttertags, ein interessanter Aufhänger sein, sich die folgenden Fragen zu stellen:

Was schätze ich an einem, an sich, lästigen Kollegen? Was verdanke ich einem vordergründig nervigen Verwandten? Was macht die Anwesenheit von jemand doch ganz unterhaltsam, wenn ich mich von meiner Voreingenommenheit befreie?

Dann werde ich merken, dass es nicht nur den am Muttertag obligatorischen Blumenstrauß braucht, sondern, dass ein freundliches Lächeln, eine Einladung zum Kaffee oder ein Wort der Anerkennung oder Dankbarkeit ein Zusammensein schön und stimmig macht, eine verkrampfte Situation lösen oder angespannte Beziehung glätten kann.

Vielleicht wäre dieser Muttertag gerade ein Impuls dies beim nächsten Mal auszuprobieren.

Und falls die anderen mich als diejenige sehen, die nur aus Mitleid eingeladen werden oder die eingeladen werden „muss“, kann dies zu einer neuen Qualität des Beisammenseins führen.

 

Petra Renz

Pastoralreferentin Katholische Kirche Göppingen

 

 

 

 

 

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