Sonntagsgedanken: Mit Versuchungen auseinandersetzen

Nachdem Jesus getauft wurde, trat er nicht gleich an die Öffentlichkeit, sondern er zog sich 40 Tage zurück in die Wüste. In der Einsamkeit suchte er Klarheit über seinen Weg und seine Berufung. Auch Jesus blieb es nicht erspart, sich mit Versuchungen auseinanderzusetzen.

Wäre es nicht verlockend, Steine in Brot zu verwandeln, den eigenen und vielleicht sogar den Hunger der ganzen Welt zu stillen? In einem Misereor-Fastenkalender war die Frage zu lesen: „Wenn du die Macht hättest, Steine in Brot zu verwandeln, um damit den Hunger der Welt zu stillen, was würdest Du tun?“ Jesus hat es nicht getan. Warum wohl? Er hat auf alle Macht freiwillig verzichtet. Er wollte nicht als Wundertäter oder Wohltäter gefeiert werden. Bei ihm war der Wille Gottes ausschlaggebend für sein eigenes Handeln. Er wollte sein Leben lang eher im Hintergrund bleiben. Auch wenn er später Menschen geheilt hat, wollte er dafür keinen Dank und keine Ehre, sondern die Menschen sollten erfahren, dass Gott ein Gott des Lebens und der Liebe ist. Genauso war es ihm egal, wenn er schief angesehen wurde, weil er Menschen mit zwielichtiger Vergangenheit zu seinem Freundeskreis zählte.
Den Willen Gottes zu erkennen, dabei kann die Heilige Schrift helfen. Und so sagt Jesus: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt.“ (Dtn 8,3).

Der Versucher lernt schnell, auch er kennt sich in der Bibel aus und sagt: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich vom Tempel hinab, denn es heißt in der Schrift: „Seinen Engeln befiehlt er, dich auf ihren Händen zu tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt.“ Ps 91,11f.

Doch Jesus entgegnet ihm, wieder ganz biblisch: „Du sollst den Herrn, deinen Gott nicht auf die Probe stellen.“ (Dtn 6,16)

Es kann also sein, dass sich jemand auf die Bibel beruft und sogar wörtlich die Bibel zitieren kann, aber damit nicht den Willen Gottes im Sinn hat, sondern ihn sogar ins Gegenteil verkehrt!

Erleben wir das nicht auch immer wieder? Irgendjemand scheint sich in der Bibel auszukennen, reißt einen Bibelvers aus dem Zusammenhang, benutzt die Bibel als Waffe und macht andere schlecht, würdigt sie herab und verurteilt sie sogar – anscheinend im Namen Gottes.

In der österlichen Bußzeit, die auch 40 Tage dauert, sind wir eingeladen in uns zu gehen und uns unserem eigenen Versucher zu stellen: Wo geht es nur um unsere eigene Ehre und wir geben vor, für Gott und seine Sache einzutreten, und wo benutzen wir die Bibel um Menschen klein zu machen und zu verurteilen anstatt sie im Lichte Gottes zu sehen und ihnen unser Ansehen zu schenken.

Pfarrer Hubert Rother, kath. Seelsorgeeinheit Voralb

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