Broschüren, Flyer und Veröffentlichen häufen sich auf meinem Schreibtisch. Wer soll das alles lesen? Andererseits: wie viel Energie steckt jeweils drin, bis das alles erdacht, produziert und versandt wurde? Aber die Fülle erschlägt – also doch kurzerhand entsorgen im Altpapier? Halt – bei sieben Thesen zur Demokratiebildung bleibe ich hängen. Die sind so gut, dass ich sie Ihnen nicht vorenthalten möchte:
Evangelisch für Demokratie – sieben Thesen:
- Glaube ist keine Sache zwischen Couch und Kirchenbank. Es ist vielmehr eine lebendige Zuversicht auf Gottes Gnade, die fröhlich, mutig und voll Lust zu Gott und allen Geschöpfen macht (Luther). Darum: Engagier Dich für unsere Demokratie. Es ist an der Zeit!
- Politik ohne religiöse Bildung verwechselt allzu schnell Gott und Mensch und glaubt, die Welt retten zu müssen. Darum: Setz Dich ein für unsere Demokratie, konkret, klug, praktisch – im Vertrauen darauf, dass der Rest Gottes Sache ist.
- Christlicher Glaube hilft, demokratisch zu streiten. Er lehrt, dass man selber immer wieder irrt. Und er erinnert daran, dass der andere stets mehr als ein politischer Gegner ist. Darum: kämpfe leidenschaftlich für unsere Demokratie gegen alles, was sie gefährdet – aber nie gegen Menschen.
- Zur Demokratie gehört, dass jeder gleiche Rechte hat uns niemand zu große Macht irgendeiner Art. Dass alle sozial teilhaben, ihre Meinung frei sagen und ihren Glauben leben können. Das sind zugleich zutiefst protestantische Ideen. Darum: Wehre allen, die diese Rechte beschneiden – für Dich oder andere.
- Demokratie ist schön und anstrengend: die Kunst, beharrlich dicke Bretter zu bohren und immer wieder fair miteinander zu streiten. Das braucht Zeit und Besonnenheit und Hoffnung. So, wie der Glaube. Darum: Sei demokratisch mit brennender Geduld und protestantischer Nüchternheit – und widersprich tapfer allen, die Wahrheit willkürlich verbiegen.
- Im Glauben erscheint die Welt im Licht der Ewigkeit Gottes. Das rückt manche politischen Fragen heilsam zurecht. Und weitet den Blick über den heimeligen Tellerrand, dass alles Leben Teil von Gottes Schöpfung ist. Darum: gestalte unsere Demokratie mit, damit andere dies auch erfahren.
- Der Glaube lebt von den großen Verheißungen Gottes, dass einmal kein Leid, kein Krieg, keine Tränen mehr sein werden. Dass dies geschieht, liegt nicht in unserer Hand. Dennoch sollten wir uns bemühen, Gott mehr Hilfe als Hindernis zu sein. Darum: Steh auf für eine demokratische, gerechte Gesellschaft – damit keiner verloren geht und jede eine Stimme hat.
Gelegenheiten dazu gibt’s genügend: bei der BM-Wahl morgen, beim Friedensgottesdienst zur Erinnerung an die Pogromnacht übermorgen, beim achtsamen Umgang miteinander in Koronazeiten…und weit darüber hinaus. Und die Thesen? Ach so: Eine aktuelle Broschüre der EKD und viel zu schade fürs Altpapier!
Annette Leube
Schuldekanin