Nach der Landtagswahl und vor der Bundestagswahl erhöhen Beschäftigte aus Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen den Druck. „Die Pflege steht nicht erst seit der Pandemie mit dem Rücken an der Wand“, erklärt dazu Irene Gölz, Leiterin des Fachbereichs Gesundheit und Soziales bei ver.di Baden-Württemberg: „Seit Jahren machen wir auf die Personalnot, die Arbeitsbedingungen und die Folgen der Misere für die Gesundheitsversorgung und Altenhilfe aufmerksam. Wir haben kein Erkenntnisdefizit. Es mangelt an politischem Gestaltungswillen. Der Politik der leeren Versprechungen zeigen die Beschäftigten deshalb zum Internationalen Tag der Pflegenden am 12. Mai die Rote Karte.“
Mit einem bundesweiten Aktionstag zum Internationalen Tag der Pflegenden am Mittwoch, den 12. Mai 2021 wollen die Pflegenden ihren Forderungen nach einer bedarfsgerechten Personalausstattung und flächendeckend angemessener Bezahlung Nachdruck verleihen. Bereits vor über einem Jahr hatten die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der Deutsche Pflegerat und ver.di gemeinsam ein Instrument zur Personalbemessung (PPR 2.0) vorgelegt. „Doch Gesundheitsminister Spahn spielt auf Zeit, statt die richtigen Lehren aus der Corona-Krise zu ziehen“, so Yvonne Baumann, ver.di-Fachsekretärin für die Krankenhausbranche: „Spahn will ein wissenschaftlich fundiertes Instrument zur Personalbemessung entwickeln lassen. Dauer mindestens bis 2025. Dabei wäre die PPR 2.0 sofort umsetzbar. Man muss es nur wollen.“ „Auch in der Altenpflege sind bis heute keine Verbesserungen im beruflichen Alltag der Beschäftigten angekommen – und das, obwohl konkrete Konzepte auf dem Tisch liegen“, bemängelt Irene Gölz: „Wir brauchen auch hier eine verbindliche und bundesweit einheitliche Personalausstattung, die konsequent am Pflegebedarf ausgerichtet ist. Und zwar jetzt, nicht erst am Sankt-Nimmerleins-Tag.“ Hinzu kommt die in weiten Teilen der Altenpflege völlig unzureichende Bezahlung – insbesondere bei den vielen kommerziellen Unternehmen ohne Tarifvertrag. Die Erstreckung des Tarifvertrags über Mindestbedingungen auf die gesamte Altenpflege haben die Arbeitsrechtlichen Kommissionen von Caritas und Diakonie verhindert. Der Bundesgesundheitsminister hat dabei das Projekt seiner eigenen Regierung hintertrieben. Seinem vorliegenden Gesetzentwurf folgend, sollen Versorgungsverträge an das Bestehen eines Tarifvertrages oder einer entsprechenden kirchlichen Regelung geknüpft werden. „Dies öffnet Arbeitgebern Tür und Tor, mit irgendwelchen Pseudogewerkschaften Dumpingverträge zu vereinbaren“, so Gölz: „Damit wäre nichts gewonnen. Nötig wäre stattdessen die Anerkennung branchenrelevanter Flächentarifverträge. Dem Schlamassel darf nicht weiterer Murks folgen.“ „Die Beschäftigten in den Krankenhäusern und auch in den Psychiatrien sind erschöpft. Sie arbeiten seit Monaten am Anschlag, um die Menschen in der Pandemie bestmöglich zu versorgen. Auch in der Altenpflege ist die Lage angesichts von zu wenig Personal weiterhin extrem angespannt“, berichtete Silke Hansen, ver.di Fachsekretärin für die Psychiatrie. In Stuttgart wird am Tag der Pflegenden die neue Landesregierung vereidigt. Grüne und CDU haben gerade die große Gelegenheit verpasst, im Koalitionsvertrag endlich die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in den Krankenhäusern, den Psychiatrien und der Altenpflege anzukündigen. Konkrete Vorhaben finden sich fast ausschließlich in Bezug auf die Gewinnung von neuen Fachkräften. Dass es allerdings in erster Linie darum gehen muss, mit guten Arbeitsbedingungen und angemessener Bezahlung insbesondere Pflegekräfte im Beruf zu halten oder wieder zurück zu gewinnen, scheint noch immer nicht angekommen zu sein. Für die Pflege sieht der Koalitionsvertrag vor allem die Errichtung einer Pflegekammer vor. „Die Pflege im Land braucht echte Entlastung, dringend und sofort, sowie eine spürbare Aufwertung. Wir wollen zukünftig nicht als Kammermitglieder mit Pflichtmitgliedsbeiträgen dafür bezahlen müssen, in Entscheidungsgremien des Gesundheitswesens Gehör zu finden. Dadurch ändert sich keine einzige Rahmenbedingung, unter der wir arbeiten müssen. Hört uns jetzt und sofort an, sonst gibt es uns bald nicht mehr“, sagt der Stuttgarter Krankenpfleger Volker Mörbe. Er verweist auf eine aktuelle Befragung, wonach fast jede dritte Pflegekraft in Intensivstationen, Notaufnahmen und Rettungsdiensten ihre Stelle in den kommenden zwölf Monaten aufgeben will. „Bundesregierung, Landesregierung und Arbeitgeber stehen in der Verantwortung, die Flucht aus den Pflegeberufen jetzt durch bessere Arbeitsbedingungen zu stoppen“, so Mörbe.
Aktionen am 12. Mai in Baden-Württemberg:
ver.di Südbaden-Schwarzwald Betriebliche Aktionen: Kreiskrankenhaus Emmendingen, das Zentrum für Psychiatrie Emmendingen, der Klinik für Tumorbiologie Freiburg im UKF, das Ortenauklinikum Offenburg, das Ortenauklinikum Lahr, Pflege- und Betreuungsheim Fußbach (Gengenbach), AWO-Pflegeheim Lahr sowie das Krankenhaus Rottweil Klinikum Konstanz: Aktive begrüßen ihre Kolleg*innen um 5 Uhr vor der Frühschicht Uniklinik Freiburg: Aktive begrüßen ihre Kolleginnen vor der Frühschicht mit Textilaufkleber. Überraschungsaktion für die Azubis. Zwischen 15.00 und 17.00h wird auf dem Uniklinik-Campus mit dem Netzwerk Solidarisches Gesundheitswesen unter dem Motto: „Heiße Luft bringt keine Verbesserungen für die Beschäftigten“ protestiert“.
ver.di Heilbronn-Neckar-Franken Fotoaktionen zwischen 13 und 14 Uhr an den SLK-Kliniken Heilbronn und Plattenwald, Krankenhäusern Tauberbischofsheim, Crailsheim, Richard-Drautz-Stiftung Heilbronn, Domus Cura Pflegezentrum Hüffenhardt
ver.di Stuttgart Kundgebung vor dem Landtag um 13 Uhr
ver.di Fils-Neckar-Alb Uniklinik Tübingen: betriebliche Endspurt Versorgungsbarometer, einer bundesweiten Befragung zur Arbeitssituation & den Versorgungsbedingungen (https://gesundheit-soziales.verdi.de/themen/versorgungsbarometer) BG-Klinik Tübingen: Aktion zur Tarifrunde. Aktion Beschäftigte wollen Pflegezulage über Tarifvertrag analog TV-Länder Zollernalbkliniken und Kreiskliniken Reutlingen betriebliche Aktionen zum Endspurt Versorgungsbarometer, einer bundesweiten Befragung zur Arbeitssituation & den Versorgungsbedingungen.
ver.di Ulm-Oberschwaben Uniklinikum Ulm: Transparente der Pflegenden in der ganzen Stadt Krankenhaus Heidenheim, Kundgebung
ver.di Rhein-Neckar Uniklinik Mannheim: betriebliche Aktion, Endspurt Versorgungsbarometer, Endspurt Versorgungsbarometer, einer bundesweiten Befragung zur Arbeitssituation & den Versorgungsbedingungen
ver.di Mittelbaden-Nordschwarzwald Kundgebung zu Tag der Pflegenden, 17 Uhr, Karlsplatz in Karlsruhe
PM ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg