Naturschutzverbände kritisieren FDP-Vorschlag zum Klimaschutzgesetz scharf BUND und NABU: Gesetzentwurf ablehnen, Verantwortung übernehmen

Die Naturschutzverbände NABU und BUND in Baden-Württemberg fordern den Landtag auf, den Gesetzentwurf der FDP/DVP-Fraktion zum Gesetz zur Änderung des Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetzes Baden-Württemberg klar abzulehnen: „Mit diesem Papier verleugnet die FDP die Verantwortung des Landes für den Klimaschutz. Die viel zu heißen und extrem trockenen letzten Monate führen uns eindrücklich vor Augen: Die Klimakrise trifft uns alle, auch Baden-Württemberg wird sich dramatisch verändern. Wer jetzt nicht bereit ist zu handeln und beschlossene Maßnahmen zurückdrehen will, vergeht sich an künftigen Generationen, der Natur und an unser aller Gesundheit“, so die Landesvorsitzenden von BUND und NABU, Sylvia Pilarsky-Grosch und Johannes Enssle. 

Die Verbände stellen klar: „Baden-Württemberg braucht mehr ambitionierte und verbindliche Maßnahmen, um seine Klimaschutzziele bis 2030 zu erreichen, wie der Bericht des Klima-Sachverständigenrats zeigt. Die Messlatte tiefer zu legen, statt sich mehr anzustrengen, ist keine Lösung beim Klimaschutz.“

Der Gesetzentwurf kommt am Mittwoch (23.7.) zur zweiten Beratung in den Landtag. Der Umweltausschuss hatte den Gesetzentwurf der FDP/DVP mehrheitlich abgelehnt und den Entwurf der Landesregierung mehrheitlich angenommen, gegen die Stimmen von FDP/DVP und AfD.

Was steht im Entwurf und warum sehen die Verbände das kritisch:

1. Abschwächung der Klimaschutzziele 
Der Gesetzentwurf sieht eine deutliche Abschwächung der Klimaschutzziele des Landes vor. Die Streichung des Ziels der Klimaneutralität bis 2040 und die Relativierung landeseigener Ambitionen auf das EU- und Bundesniveau konterkarieren die Vorreiterrolle Baden-Württembergs beim Klimaschutz. Eine schrittweise Senkung der Emissionen in Richtung Netto-Treibhausgasneutralität, ohne klar definierte Zielfristen, ist angesichts der sich verschärfenden Klimakrise unzureichend und widerspricht wissenschaftlichen Empfehlungen.

2. Aufhebung der Sektorziele 
Die Sektorziele im Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg legen verbindlich fest, wie viel Treibhausgas-Minderung einzelne Bereiche wie Gebäude, Verkehr, Industrie oder Energiewirtschaft bis 2030 leisten müssen. Sie sind ein zentrales Steuerungsinstrument, um die Klimaziele insgesamt zu erreichen und Verantwortlichkeiten transparent zu machen.
Bei einer sektorübergreifenden Gesamtrechnung ohne klare Vorgaben drohen einzelne Sektoren hinter den Erwartungen zurückbleiben, was die Zielerreichung insgesamt gefährdet. Dies wäre ein massiver Rückschritt für eine wirksame Klimapolitik.

3. Streichung des PV-Flächenziels 
Das aktuelle Gesetz verpflichtet die Regionen, bis spätestens September 2025 mindestens 0,2% ihrer Fläche für Photovoltaik-Freiflächenanlagen in den Regionalplänen auszuweisen. Die Regionalplanung und das damit verbundene Flächenziel für PV-Freiflächenanlagen ist ein wichtiges Instrument für einen schnellen und effizienten Ausbau der Erneuerbaren Energien. Die Aufhebung dieser verbindlichen Vorgabe während der bereits laufenden Regionalplanung würde den dringend erforderlichen Ausbau der Solarenergie im Land erheblich bremsen und bislang erzielte Fortschritte bei der koordinierten Flächenausweisung weitgehend entwerten.

4. Aufhebung der PV-Pflicht 
Die Photovoltaik-Pflicht schreibt vor, dass auf geeigneten Neubauten, bei grundlegenden Dachsanierungen und auf Parkplätzen mit mehr als 35 Stellplätzen PV-Anlagen installiert werden müssen. Auch für landeseigene Gebäude und Parkplätze gibt es entsprechende Vorgaben.
Der Ausbau von Solarenergie auf Gebäuden und über Parkplätzen ist ein zentrales Instrument der Energiewende, bei dem bestehende Flächenpotenziale genutzt werden. Mit der Streichung der dazugehörigen Paragrafen (§ 23 und § 24) würde ein zentraler und aus Sicht von NABU und BUND unentbehrlicher Hebel für den schnellen und flächenschonenden Ausbau Erneuerbarer Energien wegfallen.

5. Einseitige Fokussierung auf Vermeidungskosten 
Die vorgeschlagene Fokussierung auf die „höchste Einsparwirkung pro eingesetztem Euro“ und die Begrenzung der Vermeidungskosten auf das Doppelte des CO₂-Schattenpreises würden viele zukunftsweisende Klimaschutzmaßnahmen von einer Förderung ausschließen – insbesondere solche, die anfangs höhere Investitionen erfordern, aber langfristig unverzichtbar sind. Eine effiziente Mittelverwendung und eine zielgerichtete Förderung wirksamer Maßnahmen sind wichtig. Allerdings darf dies nicht dazu führen, dass langfristig wirksame und ökologisch wertvolle Maßnahmen ausgeschlossen werden. Der Fokus auf die höchste Einsparwirkung wird den nötigen Maßnahmen zur Bewältigung der Klimakrise nicht gerecht. Zumal die Kosten bei Verfehlen der Klimaziele mit großer Wahrscheinlichkeit deutlich höher ausfallen werden.

6. Verschiebung von Verantwortlichkeiten auf andere Ebenen 
Die Prämisse, dass nationale und europäische Regularien ausreichen und landeseigene Maßnahmen nur dann durchzuführen sind, wenn diese nicht bereits durch andere Ebenen abgedeckt sind, greift zu kurz. Es ist Aufgabe des Landes, eigene ambitionierte Ziele zu setzen, regionale Besonderheiten zu berücksichtigen und als Vorbild zu wirken. Angesichts der Dringlichkeit der Klima- und Biodiversitätskrise können wir uns nicht auf Klimaschutzmaßnahmen und Förderprogrammen auf Bundes- oder EU-Ebene verlassen. Vielmehr sollten landeseigene Maßnahmen als notwendige und sinnvolle Ergänzungen zu diesen übergreifenden Regularien verstanden werden.

PM Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Baden-Württemberg e.V.

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