Offener Brief zum Weltgebetstag 2024 mit der Liturgie von Christinnen aus Palästina

An Evang. Landeskirche Württemberg, Evang. Kirche in Deutschland,
Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen,
Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg,
Auswärtiges Amt, Bundesministerium für wirtschatl. Zusammenarbeit und Entwicklung,
Beauftragter des Landes gegen Antisemitismus Dr. Michael Blume u.a.
26. Februar 2024
Offener Brief
Sehr geehrte Damen und Herren,

wenige Tage vor dem diesjährigen Weltgebetstag wenden wir uns an Sie.
Unsere Kirchengemeinde pflegt seit acht Jahren eine ökumenische Partnerschaft zum CVJM
Ostjerusalem (EJ YMCA).
Unsere christlichen Geschwister schrieben uns vor genau einem Jahr:
„… Der Kampf ging weiter mit verschiedenen Maßnahmen der israelischen Regierung, einschließlich der
Verhaftung von Hunderten von Palästinensern jedes Jahr, hauptsächlich Jugendliche. Sie wurden gefoltert
und traumatisiert, andere wurden erschossen oder erlitten körperliche Behinderungen. Der EJ YMCA
entwickelte ein psychosoziales Rehabilitationsprogramm, das mit diesen Opfern arbeitet und versucht, sie
wieder in ihre Gemeinschaft zu integrieren. Die Hoffnung der Palästinenser*innen zu zerrütten, ihr Land zu
stehlen und sie zu entwurzeln wurde fortgesetzt. Deshalb realisierte der YMCA ein Advocacy-Programm, um Bäuerinnen und Bauern zu helfen, ihr Land durch gesponserte Olivenbäume zu erhalten und international für die Beendigung der israelischen Besatzung einzutreten.“

Die Kirchengemeinde Eschenbach-Heiningen sammelt regelmäßig Spenden für Olivenbäume und wir haben
auch vor Ort geholfen, solche Bäumchen als Zeichen der Hoffnung zu pflanzen.
Der 7. Oktober 2023 hat gezeigt, dass sich so wie bisher Sicherheit für Israel nicht herstellen lässt
Für die israelische Gesellschaft war der 7. Oktober ein Horror. Vom Trauma der Zivilgesellschaft, über
Aufrüstung und Machtgewinn der rechtsgerichteten Administration bis zum Entfachen schwelender Konflikte in der Region sind die Folgen unabsehbar. Familien und Freunde bangen um das Leben der von der Hamas verschleppten Geiseln.

Für die palästinensische Bevölkerung sind die Folgen des Hamas-Überfalls aus dem abgeriegelten
Gazastreifen auf Israel ebenfalls traumatisch. Viele Binnenvertriebene leben in provisorischen Zelten in Rafah im Süden. Doch auch dort beschießt die israelische Armee bereits Krankenhäuser. Die Ziele wählt eine KI mit dem Namen „Gospel/Evangelium“ aus.

Amnesty, Medico, Diakonia u.a. beschreiben das Elend: Fast 30.000 Menschen wurden bis Mitte Februar
getötet, zwei Drittel davon Frauen und Kinder. Über eine halbe Million Palästinenser*innen im Gazastreifen
sind vom Hungertod bedroht. Viele Organisationen fordern deshalb „alle Staaten auf, die Lieferung von Waffen, Waffenteilen und Munition an Israel und bewaffnete palästinensische Gruppen unverzüglich
einzustellen, solange das Risiko besteht, dass sie eingesetzt werden, um schwere Verstöße gegen das
humanitäre Völkerrecht oder die Menschenrechte zu begehen oder solche zu erleichtern.“

Größter Rüstungslieferant an Israel sind die USA. Doch auch Deutschland stellte seit Kriegsbeginn nicht nur
Drohnen zur Verfügung. „Im vergangenen Jahr haben sich die Waffenlieferungen nach Israel bereits
verzehnfacht“, schrieb die TAZ im Januar. „Jetzt will die Bundesregierung zusätzlich Munition für Panzer
liefern.“

Friede wird verhandelt. Kriegsverbrecher sollten bestraft, nicht ermordet werden.

Wir kennen unzählige Beispiele.

Nichtregierungsorganisationen, die mit Gaza Kontakt halten fordern, die Freilassung der Geiseln und
humanitäre Hilfe für die Zivilgesellschaft müssen vorrangig verhandelt werden. Voraussetzung dafür ist ein
Waffenstillstand.

Friedensfördernde Kräfte in beiden Gesellschaften stärken

Auch in Israel / Palästina gibt es viele Menschen, die an der Gewaltlosigkeit festhalten. Sie widersetzen sich
gewaltlos den Angriffen bewaffneter Siedler*innen im Westjordanland wie unsere Geschwister vom EJ YMCA.

Ähnliches erzählen auch die Mitglieder des Parents Circle, einer Gruppe von Palästinenser*innen und Israelis, die Angehörige durch die jeweils andere Seite verloren haben. „Wir weigern uns, Feinde zu sein“, heißt einer ihrer Leitsätze. „Wir reden über zwei Gesellschaften, die Krieg gegeneinander führen. Und beide müssen ihre Kinder darauf vorbereiten, dass sie sich zu opfern haben, wenn die Zeit gekommen ist, und sich der Armee oder einem Kampfverband anschließen. Und man bringt diese Kinder dazu, indem man die andere Seite vollständig dämonisiert und entmenschlicht und den Kontakt untereinander radikal beschränkt.“, sagt der Israeli Rami Elhanan, Mitglied,The Parents Circle Pax christi international hat den Parents Circle im vergangenen Jahr mit dem pax christi Friedenspreis ausgezeichnet.

Die besondere Verpflichtung Deutschlands für jüdisches Leben und Wohlergehen ist unbestritten.

Die Perspektiven für Israel und Palästina sind derzeit düster. Wird aber jetzt auf eine politische Lösung
gesetzt, die Sicherheit und Frieden für Israel und Palästina anstrebt, könnte, ähnlich wie zu Beginn der Oslo-
Verhandlungen in den 1990er Jahren, wieder Hoffnung entstehen. Es war noch nie so wichtig wie heute, dass wir für Sicherheit und Frieden für Israel und Palästina eintreten und die friedensfördernden Kräfte in beiden Gesellschaften stärken. Wir bitten Sie, das Ihnen Mögliche dazu beizutragen.

Mit freundlichen Grüßen,

Linde Janke, KGR-Vorsitzende Margret Kauderer, Partnerschafts-Team Pfr. Reinhard Hauff

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