Sonntagsgedanken: Welttag der Kranken

Es gibt während des Jahres die absurdesten „Tage des …“. Allein im Februar feiern wir noch den „Tag des verlorenen Penny“, den „Tag des Riesenrads“ und den „Anti-Valentinstag“ für Singles. Heute, am 11. Februar, ist allerdings auch der „Welttag der Kranken“, der dieses Jahr zum dreißigsten Mal gefeiert wird. Am 11. Februar ist er deshalb, weil an diesem Tag im Jahr 1858 in dem kleinen französischen Städtchen Lourdes der damals 14-jährigen Müllerstochter Bernadette Soubirous zum ersten Mal die Muttergottes erschienen sein soll. Seither pilgern jedes Jahr Hunderttausende dorthin, um Linderung von Krankheiten oder gar Heilung zu erbitten.

Unser Verhältnis zu Kranken ist ambivalent. Oft genug sind kranke Menschen nur „Fallzahlen“, die in Krankenhausstatistiken auftauchen, wenn es um Kassenleistungen, Standortfragen oder Personalausstattung in den Kliniken geht. Andererseits haben wir in den Hochzeiten der Corona-Pandemie jeden Tag akribisch die Neuerkrankten in den Kliniken gezählt und zu „Inzidenzwerten“ und Hospitalisierungen verarbeitet, die wir allmorgendlich, mal mehr, mal weniger besorgt, studiert haben. Gleichzeitig müssen wir im nüchternen Rückblick feststellen, dass gerade der Umgang mit Kranken und Pflegebedürftigen während der Corona-Zeit alles andere als souverän war, wenn wir, aus Angst vor der Übertragung des Virus, Kliniken und Pflegeheime tage- und wochenlange für Angehörige und Besucher geschlossen haben, ohne uns in letzter Konsequenz zu überlegen, was das für die dort an Körper und Seele Leidenden oder gar Sterbenden bedeuten würde. Wie viele Kranke haben wir in schweren Stunden ohne Unterstützung durch ihre Angehörigen gelassen – und haben es doch nur gut gemeint …

Niemand von uns geht gern ins Krankenhaus – weder als Patient, noch als Besucher. Vielleicht kann uns der heutige Welttag der Kranken dennoch dazu ermutigen, uns aktiv mit Fragen auseinanderzusetzen, die wir nur allzu gern verdrängen: Gibt es eine Patientenverfügung, die meinen Willen zum Ausdruck bringt, welche medizinischen Maßnahmen ich möchte und welche nicht? Und wird sie auch rechtzeitig gefunden? Wer trifft für mich Entscheidungen, wenn ich selber nicht mehr dazu in der Lage bin? Habe ich über das Thema Organspende nachgedacht?

Gleichzeitig fragt jede Krankheit auch meinen Glauben an: Was passiert, wenn meine bisherige Lebensplanung über den Haufen geworfen wird? Traue ich mich, die Seelsorgerinnen und Seelsorger im Krankenhaus um einen Segen zu bitten oder einen Priester um die Spendung der Krankensalbung? Wie möchte ich bestattet sein?

Wie gesagt – gerne vermeiden wir solche Gespräche mit unseren Angehörigen. Und doch mahnt uns alljährlich der Welttag der Kranken, sie nicht bis zum Sankt-Nimmerleinstag zu verschieben.

Pfr. Stefan Pappelau
SE 10 „Göppingen St. Maria & Christkönig“
Kath. Pfarramt St. Maria

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