Auf die Bildungspolitik ist Arthur Zimmermann (Foto) nicht gut zu sprechen. Der langjährige Finanzvorstand und geschäftsführende Gesellschafter der Stuttgarter Verlagsgruppe Klett, der heute im Aufsichtsrat des Unternehmens sitzt, prangerte in Bad Überkingen die Gleichmacherei in den Schulen an. „Deutschland werde auf das Bildungsniveau des früheren Jugoslawien zurückfallen“ mit katastrophalen langfristigen Auswirkungen auf den Standort Deutschland, prophezeite der Diplom-Volkswirt bei der Unternehmerlounge des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW).
Anfang der 1970er Jahre hätten etwa zwölf Prozent der Jugendlichen in der Bundesrepublik das Abitur bestanden. Führende Wissenschaftler wie der Soziologe Ralf Dahrendorf seien damals davon ausgegangen, dass maximal 20 bis 25 Prozent der Schüler das Zeug dazu hätte, das Abi zu bauen, so Arthur Zimmermann, der im Bundesvorstand des BVMW das Bildungsressort verantwortet. Heute würden gut 50 Prozent der Schüler die Hochschulreife bestehen. Dies aber nicht, weil die Kinder alle so intelligent geworden seien, sondern weil das Niveau des Abiturs im Vergleich zu den 1970er Jahren deutlich gesunken sei, so Zimmermann weiter. So weit, dass Hochschulen angehende Studenten durch Sonderkurse erst einmal fit fürs Studium machen müssten. „Nicht nur im Bereich Mathematik, sondern auch in vielen anderen naturwissenschaftlichen Fächern“, so der Bildungsexperte weiter. Ursache für die Entwicklung sei die Idee von Willy Brandt gewesen, der Bildung als Teil der Sozialpolitik gesehen habe. „Bessere Bildung, mehr Wohlstand“, erinnerte Zimmermann an den ersten SPD-Kanzler. „Das Ansinnen war ja ehrenwert, doch der Preis dafür sind deutliche Abstriche
an den schulischen Anforderungen“, analysiert Zimmermann, der im Ehrenamt stellvertretender Präsident der IHK Stuttgart ist. Was in den Gymnasien geschieht, setzt sich seiner Meinung nach in den Hochschulen fort. Da diese ihr Geld auch nach der Anzahl der erfolgreichen Absolventen erhalten, würden viele Studenten mit durch die Semester geschleift, obwohl es besser für sie wäre, eine handwerkliche Ausbildung zu beginnen. Schuld an der sich nach Meinung von Zimmermann zuspitzenden Bildungsmisere trügen nicht nur die Politiker. Auch die Eltern seien mitverantwortlich. Sie meinten, dass ihre Kinder alle Intelligenzbestien seien und könnten es nicht ertragen, wenn dem so nicht ist. Eltern würden heute sogar juristische Schritte einleiten, damit ihr Kind das Abitur machen kann. Wege aus dem Bildungsdilemma zeichnete Zimmermann auch auf. Zum einen könnten Privatschulen helfen, das Bildungsniveau wieder zu erhöhen. Wer gut bezahlt, bekommt auch Lehrkräfte, die von Schülern fordern können. Zum anderen plädierte der BVMW-Funktionär für einen neu definierten mittleren Bildungsabschluss, der jungen Menschen ebenfalls den Weg in ein erfolgreiches Berufsleben ebnet. An Zimmermanns Ausführungen schloss sich eine lebhafte Diskussion in der Unternehmerlounge an, zu der dieses Mal auch Vertreter benachbarten BVMW-Kreisverbände, sowie Mitglieder des Geislinger Lions-Clubs gekommen waren. Nicht ohne Grund: Der BVMW-Kreisvorsitzende Lothar Lehner feierte mit der Veranstaltung seinen 50. Geburtstag. Anstelle von Geschenken wünschte sich Lions-Mitglied Lehner eine Spende an den Lions-Förderverein Geislingen. 2000 Euro kamen für die unterstützungswürdigen Projekte des Vereins zusammen. „Ich freue mich unglaublich“, dankte Lehner seinen Gästen, die er zu einem vorzüglichen Menü mit regionalen Köstlichkeiten ins Bad Überkinger Bad Hotel eingeladen hatte. Zu Beginn der Veranstaltung hatte Lehner auf Themen hingewiesen, die den BVMW auf Bundesebene derzeit beschäftigen. Dazu gehören die
Zentralisierungstendenzen in der Energiewirtschaft, die Forderung nach einem Wagniskapitalgesetz und nach Abschaffung der Erbschaftssteuer, sowie die notwendige Digitalisierung in den mittelständischen Unternehmen.
PM