IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl 2024: EU ist für Betriebe wichtiger Anker für Stabilität und Sicherheit

Für viele Unternehmen ist die Europäische Union ein Anker der Sicherheit und der politischen Stabilität in Europa. Das ist das Ergebnis des IHK-Unternehmensbarometers zur Europawahl 2024, an dem im Februar rund 500 Betriebe aus dem Südwesten teilgenommen haben – rund 320 davon sind international tätig. 62 Prozent der Unternehmen sehen in der Europäischen Union einen großen Vorteil für Wirtschaft und Handel.

„Besonders in Zeiten der wirtschaftlichen Herausforderungen, geopolitischen Spannungen und antidemokratischen Tendenzen besinnen sich die Betriebe auf die gemeinsamen Werte der Europäischen Gemeinschaft“, sagt Claus Paal, Vizepräsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertages (BWIHK) und Präsident der IHK Region Stuttgart. „Die Betriebe haben mit den unterschiedlichsten Krisen zu kämpfen und sehen, dass ein starker europäischer Zusammenhalt wichtig ist, um im weltweiten Wettbewerb mithalten zu können.“ Ganz besonders werden die gemeinsame Währung, der Zugang zu europäischen Märkten und die politische Stabilität in der Industrie als Pluspunkt wahrgenommen.

Derzeit verschenkt Europa Wachstumspotenziale, insbesondere vor dem Hintergrund der starken Konkurrenten aus China und den USA.  „In den vergangenen Jahren hat sich die europäische Union mit sehr vielen kleineren Regulierungen beschäftigt und wichtige Themenpunkte wie beispielsweise gemeinsame Energieversorgungsprojekte vernachlässigt“, erklärt Paal. Etwa 60 Prozent der Unternehmen sind daher der Ansicht, dass der Standort Europa in den vergangenen fünf Jahren deutlich an Wettbewerbsfähigkeit verloren hat, bei den Industriebetrieben sind es sogar drei Viertel.  „Das muss sich ändern“, fordert Paal. „Die EU-Kommission muss in der kommenden Legislatur die europäischen Unternehmen in den Fokus rücken, sie stärken und dafür sorgen, dass sie auch künftig im internationalen Wettbewerb mithalten können.“

Manche Probleme auf europäischer Ebene sind selbst gemacht. Viele Unternehmen in Baden-Württemberg fühlen sich von einer Flut bürokratischer Auflagen aus der Europäischen Union überfordert. Für mehr als 95 Prozent der Unternehmen gehört das Thema Bürokratieabbau ganz oben auf die Prioritätenliste, die die EU nach der Wahl angehen sollte. 85 Prozent sind der Meinung, dass die hohen bürokratischen Hürden die Attraktivität des Standorts Europa deutlich schwächen.

„Die Europäische Union hat mit ihrer Regulierungswut überzogen. Wenn man sich einschlägige EU-Statistiken anschaut, sind wir statt der angekündigten One-in-one Out-Regelung, nach der für jedes neue Gesetzesvorhaben ein altes gestrichen werden soll, mittlerweile bei Four-in-one-out angekommen“, ärgert sich Paal. Die EU-Lieferketten-Richtlinie, die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, der CO2-Grenzausgleichmechanismus, die Entwaldungsrichtlinie und die Datenschutzgrundverordnung seien nur einige Beispiele, die das Ausmaß der bürokratischen Belastungen durch die Europäische Union deutlich machen würden. „Das mag alles von der Idee gut sein, auch die Wirtschaft ist für Nachhaltigkeit und Sorgfaltspflichten. Die daraus entstehenden Dokumentations- und Berichtspflichten haben aber ein Ausmaß erreicht, das für die Unternehmen nicht mehr umsetzbar ist. Vor allem kleine und mittelgroße Betriebe haben meist nicht die Ressourcen, um diese Regelungen zu kennen und umzusetzen. Hier geht wertvolle Zeit für das Kerngeschäft verloren.“

Neben dem Abbau von Bürokratie gehört für die Betriebe aber auch eine sichere Energieversorgung ganz oben auf die To-Do-Liste der EU. „Seit dem Angriffskrieg in der Ukraine und der Energiekrise wird zunehmend kritischer auf die Sicherheit der Energieversorgung geblickt.“ Im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit und anstehende EU-Initiativen rückt aber auch der Zugang zu anderen kritischen Rohstoffen in den Fokus. Mehr als jedes zweite Unternehmen ist der Meinung, dass eine sichere Versorgung mit kritischen Rohstoffen die Wettbewerbsfähigkeit verbessert.

Auf Platz drei der wichtigsten Vorhaben aus Unternehmenssicht landet für mehr als jeden zweiten Befragten der Schutz vor digitalen und analogen Angriffen. „Cyberangriffe nehmen verstärkt zu, mittlerweile war fast jedes Unternehmen schon einmal direkt oder indirekt davon betroffen. Die Betriebe wünschen sich, dass die europäische Union hier nach der Wahl ein Sicherheitskonzept vorlegt. Vor allem kleinen und mittelgroßen Unternehmen fehlen oft Kenntnisse und Ressourcen, sie benötigen hier Unterstützung“, fordert Paal.

Der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) ist eine Vereinigung der zwölf baden-württembergischen Industrie- und Handelskammern (IHKs). In Baden-Württemberg vertreten die zwölf IHKs die Interessen von weit mehr als 650.000 Mitgliedsunternehmen. Zweck des BWIHK ist es, in allen die baden-württembergische Wirtschaft und die Mitgliedskammern insgesamt betreffenden Belangen gemeinsame Auffassungen zu erzielen und diese gegenüber der Landes-, Bundes- und Europapolitik sowie der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) und anderen Institutionen zu vertreten.

 

PM Baden-Württembergischer Industrie- und Handelskammertag

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