Präsident Erbe: Land darf bei der Innovationsförderung nicht nachlassen – bei Komplexität und Bearbeitungszeit von Förderanträgen müssen wir noch besser werden.
Trotz enormer wirtschaftlicher Herausforderungen in den letzten Jahren hat die Bedeutung von Eigenkapital zur Finanzierung von Innovationen bei den Unternehmen zugenommen – das zeigt eine Sonderauswertung des DIHK-Innovationsreports für Baden-Württemberg. Nutzten 2017 noch 72 Prozent der baden-württembergischen Unternehmen aus der Umfrage dieses zur Innovationsfinanzierung, haben das aktuell 77 Prozent angegeben. Der Cash-Flow bleibt mit 47 Prozent die zweitwichtigste Finanzierungsquelle, hat aber im Vergleich zu 2020 (59 Prozent) 12 Prozentpunkte an Bedeutung verloren. „Auch in schwierigen Zeiten sind sich unsere Unternehmen der Bedeutung von Innovationen für die eigene Wettbewerbsfähigkeit deutlich bewusst. Denn Baden-Württemberg steht mit seinen Unternehmen wie kaum ein anderes Land für Forschung und Entwicklung. Das ist aber alles andere als in Stein gemeißelt. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verschlechtern sich rasant“, erklärt dazu Christian O. Erbe, Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertages (BWIHK).
Landes-Förderprogramme und Fremdfinanzierung wichtige Elemente
„Laut Innovationsreport nutzt ein Viertel der Unternehmen in BW zur Finanzierung Landes-Förderprogramme, ein Fünftel Fremdkapital. Öffentliche Anreize für Innovationsfinanzierung können so eine erhebliche Breitenwirkung erzielen. Sie sind wichtige Elemente zur Stärkung von Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Südwestwirtschaft. Trotz Herausforderungen bei der kommenden Haushaltsplanung darf das Land hier einfach nicht nachlassen,“ fordert Erbe. Dies unterstreichen die Umfrage-Zahlen: Der Anteil baden-württembergischer Unternehmen, der Landesprogramme nutzt, ist von 17 Prozent im Jahr 2017 auf aktuell 25 Prozent gestiegen. Umso wichtiger sind praxisnahe landespolitische Förderangebote. Im Gegensatz dazu stagniert der Anteil derer, die Bundesprogramme nutzen, bei etwa 20 Prozent. EU-Programme haben klar an Bedeutung verloren (2017: 8 Prozent, 2020: 3 Prozent, 2023: 4 Prozent).
„Aus IHK-Sicht ist der aktuelle ‚Förder-Dreiklang‘ aus den Landesprogrammen Invest BW, Innovationsgutscheine und Digitalisierungsprämie Plus ein Erfolgsmodell, was die zunehmende Bedeutung mit der Umfrage unterstreicht. Deshalb ist es elementar, solche Unterstützungsmodelle zu verstetigen und finanziell entsprechend der Nachfrage auszustatten. Beim Invest BW-Programm sollte das Land auch die ‚Investitions-Komponente‘ wieder aktivieren. Denn Invest BW kann so als Marke zu einem dauerhaften Leuchtturm für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg werden. Wir sind überzeugt: zahlreiche Innovationen gerade von KMU finden durch solche Unterstützungsmaßnahmen schneller in den Markt“, so Präsident Erbe.
Die IHK-Organisation schlägt weiter vor, Fördertöpfe in der Weise zu flexibilisieren, dass schnelle Umschichtungen von Programmen mit geringerer Nachfrage als erwartet hin zu Programmen mit erhöhter Nachfrage möglich sind, auch ressortübergreifend. „So verringert sich nicht nur Anteil ungenutzter Fördermittel, zusätzlich werden auch Antragsstaus und Förderunterbrechungen aufgrund ausgeschöpfter jährlich zugeteilter Förderbudgets verringert“, ergänzt Innovationsfachmann Dr. Stefan Senitz von der IHK Karlsruhe, welche die technologiepolitischen Aktivitäten im BWIHK federführend koordiniert.
Landesprogramme für viele noch zu kompliziert
Laut Innovationsreport gibt es aber auch Verbesserungsbedarf bei den Förderprogrammen des Landes. Die Hälfte der befragten baden-württembergischen Unternehmen, die keine Landesprogramme genutzt haben, geben als Grund die zu komplizierte Antragstellung oder Programmabwicklung an. Erbe warnt: „Hier gilt es, zügig weiter optimieren. Denn der Anteil von Unternehmen, der die Landesprogramme als zu kompliziert ansieht, hat in den Befragungen der letzten Jahre spürbar zugenommen“ (2017: 35 Prozent, 2020: 49 Prozent, 2023: 51 Prozent). Beispielsweise sei die kürzliche Überarbeitung und Straffung der Innovationsgutscheine durch das Land ein guter Schritt gewesen, um dem Trend entgegenzuwirken.
Antragsverfahren weiter beschleunigen
Mehr als jedes Dritte (35 Prozent) befragte Unternehmen aus BW, dass auf Landesprogramme zur Innovationsfinanzierung verzichtet hat, nannte als Grund die »Zeit bis zur Förderentscheidung«. „Wir müssen aufpassen, dass wir von der Antragstellung bis zur Bewilligung nicht zu lange brauchen und so Innovationen verhindern. 2020 hatten lediglich 28 Prozent dies als Grund gegen eine Landesförderung genannt“, mahnt der BWIHK-Präsident. Die IHK-Organisation dringt darauf, Prozesse und Abläufe bei Innovationsprogrammen weiter zu verbessern. „Bereits die Angabe auf der Antragsseite im Internet, mit wie vielen Wochen bis zum Antragsentscheid mindestens zu rechnen ist, sorgt für mehr Planungssicherheit bei antragstellenden Unternehmen. Analog zur steuerlichen Forschungszulage des Bundes sollte unbedingt geprüft werden, ob Antragsunterschriften und Nachweise bei Landesprogrammen nicht auch vollständig papierlos und ohne Medienbrüche digital übers ELSTER-Portal abgewickelt werden können. Jedes Unternehmen hat hier bereits einen Zugang und eine digitale Signatur. Antrags-Mimiken und Handling könnten dann stärker standardisiert und vereinfacht werden“, schlägt Senitz aus der IHK-Innovationspraxis zusätzlich vor.
Bekanntheitsgrad von Förderprogrammen besser
30 Prozent der befragten Betriebe, die keine Landesförderprogramme zur Innovationsfinanzierung genutzt haben, begründen dies damit, entsprechende Programme nicht zu kennen. Nach 37 Prozent im Jahr 2017 und 51 Prozent 2020 ist das eine klare Verbesserung. „Hier sind wir auf einem guten Weg, was auch daran liegt, dass die IHKs in Baden-Württemberg seit vielen Jahren mit großem Elan in ihrer Fördermittelberatung vorangehen. Wir bleiben natürlich weiter am Ball“, freut sich Erbe abschließend.
Zur Umfrage
Die Befragung zum DIHK-Innovationsreport hat Ende 2023 zum sechsten Mal stattgefunden, nach 2008, 2011, 2014, 2017 und 2020. Deutschlandweit hatten sich dieses Mal 2.272 Unternehmen beteiligt, 215 davon aus Baden-Württemberg.
Der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) ist eine Vereinigung der zwölf baden-württembergischen Industrie- und Handelskammern (IHKs). In Baden-Württemberg vertreten die zwölf IHKs die Interessen von weit mehr als 650.000 Mitgliedsunternehmen. Zweck des BWIHK ist es, in allen die baden-württembergische Wirtschaft und die Mitgliedskammern insgesamt betreffenden Belangen gemeinsame Auffassungen zu erzielen und diese gegenüber der Landes-, Bundes- und Europapolitik sowie der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) und anderen Institutionen zu vertreten.
PM Baden-Württembergischer Industrie- und Handelskammertag