Die elektronische Patientenakte bietet nach Auffassung der Verbraucherkommission des Landes Baden-Württemberg (VK) große Chancen für ein effizienteres, digitalisiertes Gesundheitssystem. „In der zum 1. Januar 2021 vorgesehenen Ausgestaltung wird jedoch die Akte den Erwartungen nicht gerecht“, stellt Jürgen Stellpflug, Mitglied der Verbraucherkommission, fest. „Trotz 15 Jahren Entwicklungsarbeit weist sie zahlreiche Mängel auf, so dass derzeit die Nachteile und Risiken der Nutzung die Vorteile für Patientinnen und Patienten überwiegen!“
Die Verbraucherkommission fordert daher, die Einführung der elektronischen Patientenakte für den Moment zu verschieben. Zudem fordert sie den Gesetzgeber dazu auf, unverzüglich Nachbesserungen vorzunehmen. Diese müssen dazu führen, dass die Persönlichkeitsrechte der Patienten gewahrt werden und ein in sich stimmiges System gewährleistet wird.
Zentrale Kritikpunkte betreffen den
- mangelnden Schutz der extrem sensiblen Patientendaten,
- die immer noch unbefriedigende Regelung der Zugriffsrechte,
- die mangelnden Einsichtsmöglichkeiten für Versicherte sowie
- der nach wie vor ungeklärte Zugriff auf Notfalldaten.
Alle diese Fragen sind nach Ansicht zahlreicher Experten noch nicht geklärt. Dennoch soll die elektronische Patientenakte nach dem Willen des Bundesgesundheitsministeriums schon mit dem Beginn des neuen Jahres eingeführt werden – was die Verbraucherkommission als ein überhastetes Verfahren sieht.
„Durch den absehbar vermurksten Start besteht die Gefahr, dass die elektronische Patientenakte bei Patientinnen und Patienten dauerhaft in Misskredit gerät“, stellt der Vorsitzende der Verbraucherkommission, Prof. Tobias Brönneke, fest. Die Verbraucherkommission fordert daher, die Einführung der elektronischen Patientenakte für den Moment zu verschieben, bis die nötigen Nachbesserungen vorgenommen worden sind.
Die Verbraucherkommission des Landes Baden-Württemberg wurde Im Dezember 2005 als unabhängiges Expertengremium ins Leben gerufen. Die Verbraucherkommission soll die Landesregierung in grundsätzlichen Fragen der Verbraucherpolitik beraten und Handlungsempfehlungen für die Verbraucherpolitik entwickeln.
PM Verbraucherkommission des Landes Baden-Württemberg
