Corona-Krise beutelt Tourismus-Branche

Die Corona-Krise trifft die Tourismusbranche ins Mark. Lothar Lehner, Vorsitzender des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft im Kreis Göppingen, weiß aus zahlreichen Gesprächen ob der Nöte und Sorgen von Tourismusunternehmern – nicht nur im Landkreis. Lehner kennt auch viele Menschen im Kreis, deren Urlaubspläne dank Corona durchkreuzt wurden und die ihre bereits gebuchte Reise stornieren mussten. Manfred Hegenloh, Reisebüro-Chef in Göppingen, bekommt die Krise der Branche hautnah mit.

„Die Corona-Krise hat auf die Branche voll durchgeschlagen“, so Manfred Hegenloh vom gleichnamigen Göppinger Derpart-Reisebüro. „Wir bearbeiten derzeit nur Stornierungen und kümmern uns darum, dass unsere im Ausland gestrandeten Kunden wieder zurück in die Region kommen“, erzählt der Chef von zwölf Mitarbeitern.

Seit Ausbruch der Corona-Krise, Schließung der Grenzen und Einstellen des Flugbetriebes hatte Manfred Hegenloh keine ruhige Minute mehr. Gut 100 seiner Kunden saßen im Ausland fest, kamen nicht mehr wie geplant zurück. „Da mussten wir für jeden Einzelnen eine Lösung finden“, zieht der ReisebüroChef Bilanz. Ein Ende ist noch nicht in Sicht. Gerade kümmert sich Hegenloh um einen jungen Mann, der seit Tagen in Tokio auf eine Heimflug-Möglichkeit wartet, sehnlichst im Schwäbischen von der Oma erwartet. Für 5000 Euro sei dem Mann in Japan ein Flugticket nach Deutschland angeboten worden. Ein selbst in diesen Zeiten deutlich überzogener Preise, findet Hegenloh, und sucht nach einer Alternative. Die benötigt auch eine Frau, die auf dem Rückweg vom Urlaub auf den Kapverden gelandet ist und von dort zwar weiterwill, aber nicht kann, weil sie wegen der Ausgangssperre das Haus nicht verlassen darf. Kein leichtes Unterfangen ist auch die Rückholaktion eines Witwers, der mit seinem zweijährigen Kind seine neue Partnerin in Brasilien besucht hatte und von Rio aus nicht mehr zurück nach Deutschland kommt. Hinter all diesen Fällen stecken für Hegenloh nicht nur viele Telefonate und jede Menge Verhandlungs- und Organisationsgeschick, ihm gehen auch die Schicksale der betroffenen Menschen ans Herz. Schließlich hätten sie alle bei ihm eine Reise gebucht, die sie unbeschwert und ohne Probleme genießen sollten. Und nun das. „Heim gehe ich derzeit nur noch zum Schlafen“, berichtet der um seine Kunden besorgte Touristiker, der die letzten beiden Wochen schon oft um 7 Uhr morgens im Büro war und dort erst spät am Abend wieder das Licht ausknipste.

Parallel zu den Rückholaktionen – hier arbeitet Hegenloh auch mit dem Auswärtigen Amt zusammen – trudelten im Reisebüro zahlreiche Stornierungen von Geschäfts- und Urlaubsreisen ein. Sie bescherten den Mitarbeitern jede Menge Arbeit. Denn mit der Stornierung – bis 30. April kostenfrei – gehen Rückzahlungen von Provisionen und die Rückabwicklung bereits bezahlter Flugtickets einher. Letzteres erweise sich zunehmend als problematisch, denn viele Fluggesellschaften behielten erst einmal das Geld und vertrösteten auf eine Auszahlung „irgendwann im Sommer“.  Unterm Strich sei die Stornierung einer Reise weitaus zeitaufwendiger als eine Buchung.   Was Hegenloh in den letzten Wochen erlebt hat, dürfte seiner Einschätzung nach für die gesamte Reisebüro-Branche gelten. „Wir waren die ersten, die die Krise zu spüren bekommen haben und ich denke, wir werden die letzten sein, die aus ihr wieder rauskommen“, so der Unternehmer. Er glaube nicht daran, dass die Menschen nach einem Ende der Beschränkungen hierzulande gleich als erstes wieder eine Reise buchen. Vor allem deshalb nicht, weil nicht alle Reiseländer auf Knopfdruck wieder ihre Grenzen öffnen. Das werde erst nach und nach geschehen, vermutet Hegenloh, weshalb die Branche länger als andere im Krisenmodus bleiben werde. Sein Büro in Göppingen halte er dennoch weiter geöffnet, die Dependance am Flughafen in Stuttgart bleibe dagegen geschlossen. Für seine Mitarbeiter habe er erst einmal Kurzarbeit angemeldet.

1,2 Millionen Menschen arbeiten in Deutschland in der Tourismusbranche und sind von der Krise betroffen. Die meisten von ihnen dürften mit staatlicher Unterstützung so einigermaßen über die Runden kommen, schätzt Hegenloh, der seit 1988 Reiseträume seiner Kunden erfüllt. Doch ein soziales Netz wie hier gebe es nicht überall. „Es gibt genügend Länder, in denen Menschen die Armut droht, wenn die Touristen ausbleiben.“  Schon allein aus diesem Grund hofft Hegenloh, dass der Krisenmodus nicht allzu lange dauert und die Lust am Reisen bald wiederkehrt. Wie bei dem Göppinger, der in den letzten Tagen seinen Osterurlaub mit der Begründung buchen wollte, er müsse jetzt einfach einmal hier raus. Ihm konnte Hegenloh mit einer Reise nach Stockholm helfen. Die Schweden haben ihre Grenzen nicht geschlossen.

PM Lothar Lehner Selbständiger Repräsentant des BVMW e. V. 

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