Wird die Diagnose Demenz gestellt, sehen wir manchmal statt des Menschen nur noch die Krankheit. Doch Menschen mit Demenz verfügen über Fähigkeiten, wollen selbstbestimmt leben, wollen mit einbezogen werden, wollen sich aktiv einbringen. Damit Menschen mit Demenz teilhaben können, heißt es genau hinsehen: Langsamer reden, den Blickkontakt suchen, einfache Worte wählen, geduldig sein. Und es heißt aufmerksam sein, ob jemand im Supermarkt, im Bus, auf der Straße oder anderswo unsere Unterstützung benötigt.
Wenn Angehörige oder Freunde feststellen, dass sich jemand verändert, Verabredungen vergisst, anderen Familienmitgliedern oder Bekannten plötzlich unberechtigte Vorwürfe macht oder sich aus Hobbys und Aktivitäten zurückzieht, dann sollten auch sie genau hinsehen, behutsam mit den Betroffenen darüber reden und eine ärztliche Untersuchung anregen. Es gibt viele Formen der Unterstützung und Entlastung – sie helfen Menschen, so lange wie möglich gut mit einer Demenzerkrankung zu leben und im Alltag teilhaben zu können. Deshalb fordert das Motto für den Welt-Alzheimertag 2021 auf: Demenz – genau hinsehen!
Eine Demenzerkrankung verändert auch das Leben der Angehörigen. Vieles wird anders, manches schwieriger. Die Pandemie hat die Probleme verstärkt, auch wenn, anders als im letzten Jahr, viele Angebote zur Entlastung wieder genutzt werden können.
Auch in diesem Jahr machen wir deshalb in der Woche der Demenz den pflegenden und begleitenden Angehörigen eine kleine Freude. Unter dem Motto »Kleines Glück« verschenken wir über 6.000 Spitztüten voller Wibele, für viele ein Gebäck, mit dem sie gute Erinnerungen verknüpfen. Auf schöne und besondere Momente, die trotz der Erkrankung noch immer möglich sind, verweist die zugehörige Grußkarte: Ein Spaziergang zum Durchatmen, ein gemeinsames Lachen, Erinnerungen, die man teilen kann. Ein Klang, ein Duft, ein Geschmack: Weißt du noch?
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DEMENZ – Daten und Fakten
- Etwa 9% aller über 65jährigen sind an einer Demenz erkrankt. In Baden-Württemberg leben insgesamt rund 200.000 Betroffene, in Deutschland sind rund 1,6 Millionen Menschen erkrankt, die meisten von ihnen an einer Alzheimer Demenz.
- Eine Demenz trifft überwiegend Menschen im höheren Lebensalter, aber auch Jüngere können an einer Form der Demenz erkranken.
- Sofern kein Durchbruch in Prävention und Therapie gelingt, wird sich nach Vorausberechnungen der Bevölkerungsentwicklung die Krankenzahl in Deutschland bis zum Jahr 2050 auf 2,4 bis 2,8 Millionen erhöhen (Quelle: Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V.).
Grußwort von Minister Manne Lucha zum Welt-Alzheimertag 2021:
Sehr geehrte Damen und Herren,
das Motto „Genau hinsehen!“ ist gut gewählt, denn wir alle sind aufgefordert, die Lebens- und Versorgungsbedingungen von Menschen mit Demenz genau in den Blick zu nehmen.
Im letzten Jahr sprach ich davon, dass Demenz eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft ist. Daran hat sich – gerade unter dem Eindruck der Corona-Pandemie – nichts geändert. Wir hatten seitdem die Gelegenheit mehr zu lernen: über die Chancen und Grenzen neuer, zum Teil digitaler Begegnungs- und Versorgungsformen und auch darüber, wie sich der Alltag mit Demenz unter Corona neu organisieren lässt. In dieser Zeit haben viele Menschen Kreativität und ein enormes Engagement an den Tag gelegt – und damit Menschen mit Demenz in den Blick genommen.
Zentral ist für uns die Frage, wie wir Bedingungen guten Lebens für Menschen mit Demenz schaffen können. Dazu gehört es, Betroffenen gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen und passgenau die Unterstützung zukommen zu lassen, die wirkt. Damit dies gelingt, müssen wir dort ansetzen, wo das Leben stattfindet: in Kommunen und Quartieren vor Ort.
Mit dem abgeschlossenen Projekt „Demenz und Kommune (DeKo)“, das aus Mitteln des Innovationsprogramms Pflege vom Land und durch die Pflegekassen gefördert wurde, konnte die Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg erfolgreich die Demenzsensibilität in den Kommunen steigern. Nun geht es im aktuellen Projekt „Demenz im Quartier“ der Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg darum, die Sensibilität bei jenen Personen, Institutionen und Dienstleistern zu steigern, die täglich im Kontakt mit Menschen mit Demenz stehen. So sollen Handlungsempfehlungen und Instrumente erarbeitet und verfügbar gemacht werden, mit denen es gelingt, Menschen mit Demenz mit Verständnis und Respekt zu begegnen und ihnen gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Kleine und vielfältige Gruppen im Quartier sollen mehr darüber lernen, geeignete Begegnungs- und Umgangsformen mit Menschen mit Demenz zu entwickeln.
Fünf Modell-Quartiere im Land werden dafür bis Ende 2022 Maßnahmen und Angebote vor Ort entwickeln und erproben, die Demenzbetroffene und ihre Angehörigen unterstützen. Ziele und Inhalte werden von den örtlichen Initiatoren bestimmt, denn vor Ort lässt sich am besten entscheiden, was nötig und machbar ist.
Die Alzheimer Gesellschaft begleitet und unterstützt diese Prozesse. Das Projekt ist Teil der Landesstrategie „Quartier 2030 – Gemeinsam.Gestalten.“ und wird vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration aus Mitteln des Landes Baden-Württemberg mit insgesamt 500.000 Euro gefördert. Die Alzheimer Gesellschaft ist deshalb ein wichtiger Partner der Landesstrategie.
Mit unserer Quartiersstrategie unterstützen wir Städte, Gemeinden, Landkreise und zivilgesellschaftliche Akteure bei der alters- und generationengerechten Quartiersentwicklung. So wollen wir lebendige Quartiere gestalten. Dies gelingt immer dann am besten, wenn Menschen sich einbringen, Verantwortung übernehmen und sich gegenseitig unterstützen. Ich freue mich deshalb sehr, dass wir mit der Alzheimer Gesellschaft dabei auch das Thema Demenz in den Blick nehmen.
Herzliche Grüße, Ihr
Manne Lucha
Minister für Soziales, Gesundheit und Integration
Baden-Württemberg
PM Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg e.V. | Selbsthilfe Demenz