Klimaklage der Deutschen Umwelthilfe erfolgreich: Baden-Württembergische Landesregierung wegen Verstoß gegen eigenes Klimaschutzgesetz verurteilt

  • Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gibt DUH Recht: Landesregierung hätte bereits 2020 ein geeignetes Energie- und Klimaschutzkonzept vorlegen müssen
  • Richter bestätigen zudem Klagebefugnis des Umweltverbands auf Aufstellung von Klimaschutzprogrammen
  • Deutsche Umwelthilfe fordert vom Grünen Ministerpräsidenten Kretschmann effektive Sofortmaßnahmen, um die Klimaschutzvorgaben des Landes einzuhalten

 

Erfolg für die Klimaklage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen die grün-schwarze Regierung von Baden-Württemberg: Der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim hat heute geurteilt, dass die Landesregierung seit 2020 gegen ihr eigenes Klimaschutzgesetz verstößt, indem sie sich weigert, ein sogenanntes „Integriertes Energie- und Klimaschutzkonzept“ vorzulegen. Das Konzept muss geeignete Strategien und Maßnahmen enthalten, mit denen die gesamten Treibhausgasemissionen in Baden-Württemberg bis 2030 um mehr als 65 Prozent (verglichen mit 1990) und bis 2040 auf Netto-Null gesenkt werden. Mit seinem Urteil bestätigt das Gericht zudem, dass die DUH als qualifizierter Umweltverband in derartigen Fällen klagebefugt ist.

DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch: „Das heutige Urteil ist eine schallende Ohrfeige für die vom Grünen Ministerpräsidenten Kretschmann angeführte Landesregierung Baden-Württembergs. Es ist ein hochgefährlicher Trend, dass festgeschriebene Klima-Verpflichtungen und sogar eigene Gesetze von den Regierungen dreist ignoriert werden. Auf Bundesebene weigert sich FDP-Verkehrsminister Volker Wissing, dem Bundesklimaschutzgesetz nachzukommen und ein ausreichendes Klimaschutzsofortprogramm für den Verkehrssektor vorzulegen. Dass auch unter einem grünen Ministerpräsidenten der Klimaschutz in Baden-Württemberg scheinbar nicht ernst genommen wird, ist ein Offenbarungseid grüner Klimapolitik. Durch das heutige Urteil erhalten auch unsere Klimaklagen in Niedersachsen und Bayern Rückenwind.“

Die Treibhausgasemissionen Baden-Württembergs stagnieren seit Jahren auf einem hohen Niveau. Zwischen 2009 und 2019 kam es zu keiner signifikanten Einsparung, erst 2020 gab es einen leichten Rückgang der Emissionen, der jedoch hauptsächlich auf die Effekte der Corona-Pandemie zurückzuführen war. Die DUH fordert nach dem jetzigen Urteil von der Landesregierung, dass sie umgehend Sofortmaßnahmen ergreift, mit denen effektiv Treibhausgase eingespart werden. Dies sind zum Beispiel:

  • Die Erhaltung des Kopfbahnhofs in Stuttgart auch nach Fertigstellung von S21 um eine Gewährleistung der von der Bundesregierung geforderten Verdopplung des Personenschienenverkehrs bis 2030 sicherzustellen und eine jahrelange Unterbrechung aller Bahnverkehre von Stuttgart in den Süden (Singen, Zürich, Mailand, Rom) zu verhindern.
  • Ein auf mindestens drei Jahre angelegter landesweiter Modellversuch zur Einführung eines Tempolimits auf allen Autobahnabschnitten (nach dem Modell des Bundeslandes Bremen) sowie für Bundes- und sonstigen Außerortsstraßen mit Tempolimit von 100 bzw. 80 km/h.
  • Eine verbindliche CO2-Obergrenze von 95g CO2/km im realen Fahrbetrieb für alle von der Landesregierung bzw. der von ihr mehrheitlich bestimmten Behörden und Firmen gekauften oder geleasten Pkw ab 1.7.2023.
  • Die Einführung von Anwohner-Parkgebühren von durchschnittlich 360 Euro pro Jahr.

 

Hintergrund:

Während in Ägypten die 27. Weltklimakonferenz tagt, werden die verbindlichen Klimaschutzverpflichtungen in Deutschland konsequent missachtet und müssen vor Gericht erzwungen werden. Die DUH hat deshalb Rechtsverfahren gegen Bundes-, Landesregierungen und klimaschädliche Unternehmen auf unterschiedlichen Ebenen eingeleitet:

  • Grundrechtsverfahren sorgen dafür, die sogenannte Ziellücke zu schließen. Sie zielen darauf, dass bestehende schwache Klimaschutzgesetze nachgeschärft werden müssen, um die Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen zu erfüllen und die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Dazu zählen die Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, die zum historischen Klima-Beschluss geführt haben, ebenso die kürzlich eingereichte Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
  • Verfahren vor den Verwaltungsgerichten sorgen wie heute dafür, die sogenannte Maßnahmenlücke zu schließen. Sie zielen darauf, die Regierungen dazu zu zwingen, sich an die Klimaschutzgesetze zu halten und genügend wirksame Maßnahmen zu ergreifen. Neben dem Verfahren in Baden-Württemberg sind ähnliche Klagen gegen Niedersachsen und Bayern anhängig, ebenso Verfahren der DUH gegen die Bundesregierung in den Sektoren Verkehr, Gebäude, Energiewirtschaft und Landwirtschaft vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg.
  • Verfahren vor Zivilgerichten gegen große Konzerne, die für mehr Klimagasausstoß verantwortlich sind als viele Staaten der Erde, sorgen dafür, dass auch diese ihren ausreichenden Beitrag leisten müssen. Hier klagen die Bundesgeschäftsführenden der DUH aktuell gegen die Unternehmen Mercedes, BMW und Wintershall Dea.

PM Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH)

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