„Herzlich willkommen in der bwegt-Familie“, gratulierte Verkehrsminister Winfried Hermann am Montag (21. Dezember) drei Absolventen des Modellprojekts stellvertretend zur „Qualifizierung Geflüchteter zu Triebfahrzeugführern“ bei einem Online-Pressetermin. „Sie haben eine Prüfung bestanden, die nicht viele schaffen. Und ich freue mich, Sie als Lokführer im Nahverkehr begrüßen zu können. Es werden dringend zuverlässige Lokführer wie Sie gebraucht. Gleichzeitig bedanke ich mich bei den Integrationscoaches. Sie waren für die Teilnehmer Vertrauenspersonen, Übersetzer und haben bei Behördengängen unterstützt. Ihre Funktion ist zu vergleichen mit der Tätigkeit der vielen Ehrenamtlichen, die sich für die Integration der Geflüchteten engagieren“, betonte Verkehrsminister Winfried Hermann.
Im Januar 2019 startete das vom Verkehrsminister initiierte Modellprojekt zur „Qualifizierung Geflüchteter zu Triebfahrzeugführern“ gemeinsam mit der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit und etlichen Eisenbahnverkehrsunternehmen. Innerhalb des Ausbildungsclusters Karlsruhe/Mannheim konnten die ersten 15 Geflüchteten Anfang Oktober 2019 ihren Qualifizierungskurs beginnen. Die Integrationscoaches wurden vom Ministerium mit 182.000 Euro finanziert. Die 15 Teilnehmer haben entweder schon bestanden und fahren bei den Eisenbahnverkehrsunternehmen oder werden den Kurs voraussichtlich in den nächsten Wochen schaffen. Hermann weiter: „Die Geflüchteten können einen wichtigen Beitrag leisten, um die Stabilität des Fahrbetriebs zu gewährleisten. Gleichzeitig ist die Ausbildung eine gute Möglichkeit der Integration von Migrantinnen und Migranten in Deutschland.“
15 Teilnehmer aus vier Eisenbahnverkehrsunternehmen
Die 15 Teilnehmer des Qualifizierungskurses verteilen sich wie folgt auf die Unternehmen: Die AVG hat sechs Geflüchtete ausgebildet, Go-Ahead und MEV jeweils vier Auszubildende und von Seiten des Nahverkehrsunternehmens Abellio wurde ein Geflüchteter ausgebildet. Das Modellprojekt war von Seiten des Landes gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit ins Leben gerufen worden, um dem Personalmangel in der der Bahnbranche zu begegnen. Zugleich soll damit ein wichtiger Beitrag zur Integration Geflüchteter in den Arbeitsmarkt geleistet werden. Im Austausch mit dem Minister berichteten bei dem Termin drei Absolventen des Ausbildungskurses sowie Vertreterinnen und Vertreter der Projektpartner über ihre Erfahrungen.
Christian Rauch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit sagte: „Hier haben hier wir ein vorbildliches Beispiel, wie gut die Zusammenarbeit in unserem Weiterbildungsverbund mit den Arbeitgebern, aber auch mit allen anderen Beteiligten läuft. Durch die enge Zusammenarbeit vieler Akteure ist es gelungen, Migranten dauerhaft in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Durch dieses Projekt können wir zu der notwendigen Fachkräftesicherung in diesem Bereich beitragen. Jeder Betrieb kann eine Förderung für Qualifizierung von Beschäftigten beantragen. Bei Fragen zur Beschäftigtenförderung können Betriebe den Arbeitgeber-Service der Arbeitsagenturen direkt kontaktieren und sich beraten lassen.“
Stephanie Schulze, Unternehmensbereichsleiterin Personal und Recht AVG und Leiterin des Qualifizierungsclusters: „Es freut mich sehr, dass die Teilnehmer der beteiligten Unternehmen die Qualifizierung nun erfolgreich abgeschlossen haben. Das große Engagement der Geflüchteten zeigt deutlich, dass das vom Verkehrsministerium initiierte Projekt einen „echten Nerv“ getroffen hat – vor allem, weil man diesen Menschen mit der Maßnahme eine attraktive berufliche Perspektive aufzeigen kann“, betont Stephanie Schulze. Zudem sei es so, dass von der Ausbildung zusätzlicher Triebfahrzeugführer zugleich auch die Nahverkehrsunternehmen profitieren, da gut ausgebildete Mitarbeiter hier weiterhin dringend gebraucht werden.
Torsten Krüger, Abteilungsleiter Aus- und Fortbildung bei der AVG: „Mein Fazit zum Verlauf dieser neuen Qualifizierungsmaßnahme fällt durchweg positiv aus – alle beteiligten Partner haben in den vergangenen Monaten sehr gut zusammengearbeitet, um die Teilnehmer bestmöglich zu unterstützen. Ich denke, dieser Einsatz wurde durch die guten Ergebnisse der Teilnehmer belohnt, denen ich an dieser Stelle zu ihren guten Leistungen herzlich gratulieren kann“, hebt Torsten Krüger, , hervor.
Kalaichchelvan Kandasamy, ist Geflüchteter aus Sri Lanka und einer der vier Qualifizierungsteilnehmer bei Go-Ahead. Er ist glücklich darüber, dass er und seine Kollegen die anspruchsvolle, auf zwölf Monate komprimierte Ausbildung geschafft haben. Er bedankt sich bei Verkehrsminister Winfried Hermann für die Möglichkeit, damit in Deutschland eine berufliche Zukunft gefunden zu haben.
Der Leiter der Go-Train Akademie bei Go-Ahead, Christian Rehfeldt, sagt dazu: „Wir sind froh, dass wir durch dieses Modellprojekt vier Geflüchtete zu Triebfahrzeugführern ausbilden konnten. Die Geflüchteten sind ein tolles Beispiel dafür, dass diese Ausbildung zwar nicht einfach ist, aber trotz der sprachlichen Hürde machbar ist! Unsere Kollegen waren sehr engagiert dabei und haben monatelang bis zu zwölf Stunden täglich mit Lernen verbracht. Wir bauen aktuell die Go-Train Akademie bei Go-Ahead in Stuttgart und Augsburg auf, um jedem, der den Wunsch hat, Lokführer zu werden, dies zu ermöglichen. Perspektivisch betrachtet möchten wir Lokführer für den freien Markt ausbilden, um den bekannten Fachkräftemangel abzumildern.“
Nicolai Kasper, Referent Eisenbahnbetrieb bei Abellio, sagte: „Auch wir möchten den Absolventen des Qualifizierungskurses recht herzlich zum erfolgreichen Abschluss gratulieren. Das ist eine herausragende Leistung, besonders in der aktuell herausfordernden Zeit. Unser neuer Kollege, Herr Abdalmajed Alfares, ist der erste Geflüchtete, der diese Weiterbildung bei Abellio durchlief, er soll jedoch nicht der Einzige bleiben. Unsere Erfahrungen aus dem Modellprojekt sind durchweg positiv. Dank der guten Zusammenarbeit des gesamten Ausbildungsclusters und dem hohen Engagement der Qualifizierungsteilnehmer, ist dieser erste Kurs zu einem Best-Practice-Beispiel geworden, das sicherlich Schule machen wird.“
Abdalmajed Alfares, der Syrer ist Triebfahrzeugführer bei Abellio und Absolvent des Qualifizierungskurses, sagte: „Ich bin sehr glücklich, den Kurs bestanden zu haben und jetzt als Triebfahrzeugführer arbeiten zu können. Es ist ein schöner Beruf und ich mache ihn gerne. Die Ausbildung hat mir Freude bereitet, es war aber nicht immer einfach. Anfangs war es schwierig, die vielen Fachbegriffe in einer neuen Sprache zu lernen und mich in der Bahnwelt zurechtzufinden. Ich danke den Ausbildern, Integrationshelfern und meinen Ansprechpartnern bei Abellio, die mir dabei geholfen haben.“
Infos zum Modellprojekt „Qualifizierung Geflüchteter zu Triebfahrzeugführer“
Wie läuft die Qualifizierung konkret ab?
Die zwölfmonatige Qualifizierung fand vollständig bei der MEV Eisenbahn-Verkehrsgesellschaft mbH in Mannheim statt und dauerte vom 7. Oktober 2019 bis zum 27. Oktober 2020. In den Schulungsräumen des Dienstleisters wurden alle Auszubildenden der am Cluster beteiligten Verkehrsunternehmen gemeinsam qualifiziert. In einem ersten Schritt erwarben die Auszubildenden einen Führerschein zum Rangieren (A-Führerschein). Im Anschluss stand dann der Erwerb des B-Führerscheins auf der Agenda, der für das Fahren von Bahnen im Regelbetrieb erforderlich ist.
Wie wird der Qualifizierungskurs von Seiten des Landes gefördert?
Von Seiten der Bundesagentur für Arbeit wurde die Qualifizierung dadurch gefördert, dass sie die Lehrgangskosten übernahm und sich an den Lohnkosten beteiligt.
Die Bereitstellung der Integrationscoaches wurde finanziell durch das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg gefördert.
Worin besteht die besondere Rolle der Integrationscoaches?
Von der AVG, von Abellio, von MEV und von Go-Ahead wurde den neuen Auszubildenden jeweils ein Integrationscoach für die Zeit der Qualifizierung als direkter Ansprechpartner an die Seite gestellt. Dieser beriet bei sämtlichen Fragen rund um die Qualifizierungsmaßnahme und unterstützte auch sprachlich – beispielsweise beim Erwerb fachsprachlich erforderlicher Kenntnisse aus dem Bahnbereich – sowie bei Behördengängen.
Können sich auch Deutsche für die Ausbildung bewerben?
Ja, natürlich können sich auch deutsche für die Ausbildung zum Triebfahrzeugführer bewerben. Mit der Qualifizierungsoffensive WEITER.BILDUNG! fördert die Bundesagentur für Arbeit Arbeitgeber, die ihre Mitarbeiter weiterbilden, egal, ob es um Strukturwandel in der Unternehmenswelt, die fortschreitende Digitalisierung oder einen möglichen Fachkräftemangel geht. Das Programm bildet die Grundlage für das Modellprojekt „Qualifizierung Geflüchteter zu Triebfahrzeugführern“, welches speziell auf Geflüchtete ausgerichtet ist.
Gibt es weitere Qualifizierungscluster in Baden-Württemberg?
Das Konzept wurde zunächst in drei Modellregionen erprobt. Hierzu zählen die Qualifizierungscluster Stuttgart, Karlsruhe/Mannheim und Zollernalb/Hechingen. In jeder Region sollen bis zu 15 künftige Triebfahrzeugführer ausgebildet werden.
Welche Nahverkehrsunternehmen sind landesweit an den einzelnen Clustern beteiligt?
An dem Gesamtprojekt beteiligen sich DB Regio Baden-Württemberg, Abellio, Go-Ahead, die Südwestdeutsche Landesverkehrs-AG (SWEG), die Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG), sowie die MEV Eisenbahn-Verkehrsgesellschaft. Das Modellprojekt wird flankierend von Seiten der Bundesagentur für Arbeit mit Blick auf die entsprechenden Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen unterstützt. Darüber hinaus erhalten die Unternehmen einen Zuschuss der Bundesagentur für Arbeit zur Finanzierung der Arbeitnehmerentgelte der Teilnehmer während der Qualifizierungszeit.
Welche Voraussetzungen mussten die Bewerber mitbringen?
Als Voraussetzungen für die Teilnahme an den Qualifizierungsmaßnahmen galten folgende Punkte:
– Gesicherter Aufenthaltsstatus. Verfahren muss abgeschlossen sein
– Sprachniveau B2 oder besser
– Gute körperliche und psychische Gesundheit. Es gab eine medizinische Einstellungsuntersuchung
– Ideal: Technische Vorbildung, Erfahrung und Umgang mit Maschinen
– Mindestanforderung: Sehr hohes technisches Interesse
– Hohe Lernbereitschaft und Fleiß: Es müssen zahlreiche Aspekte des Eisenbahnbetriebs in sehr kurzer Zeit gelernt werden
Soll das Modellprojekt in den kommenden Jahren fortgeführt werden?
Das Modellprojekt leistet einen Beitrag zur Integration von Geflüchteten und zur Zuverlässigkeit des SPNV. Die Abstimmungen mit den Projektpartnern sind sehr positiv verlaufen. Daher wird angestrebt, das Projekt fortzuführen. Als Starttermin für einen Folgekurs ist der Sommer 2021 vorgesehen.
Das Modellprojekt ist Teil der Kampagne zum gesellschaftlichen Zusammenhalt des Landes-Baden-Württemberg.
PM Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg