Rund 40 hauptamtlich und ehrenamtlich Engagierte in der Arbeit mit Flüchtlingen wurden vom Integrationsbeauftragten Timo Meuser und Flüchtlingsbeauftragter Sandra Corveleyn zum 10. Runden Tisch Asyl im Göppinger Rathaus begrüßt. Schwerpunkt war in dieser Runde das Thema Gesundheit bei dem auch Experten zu Wort kamen.
„Der Fokus in der Flüchtlingsarbeit hat sich seit dem ersten Runden Tisch Asyl deutlich verändert, weg von der Grundversorgung hin zu Integration“ umschrieb Sandra Corveleyn den Stand der Flüchtlingsarbeit. Rund 1.200 Geflüchtete befinden sich demnach inzwischen in Göppingen in der Anschlussunterbringung, dabei handelt es sich um ein überwiegend junges Klientel – mehr als zwei Drittel sind 29 Jahre alt oder jünger. Diese verfügen über den kompletten Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung, da sie entweder eine Aufenthaltsdauer von mehr als 15 Monaten haben, oder bereits anerkannte Flüchtlinge sind. Dr. med. Frank Genske, Vorsitzender der Kreisärzteschaft, bestätigte, dass es weniger Notfallversorgungen auf Basis von Krankenscheinen gibt, da weniger Flüchtlinge neu in den Landkreis kommen. Alle anderen Geflüchteten werden im normalen Praxisalltag regulär behandelt, wie alle anderen Patienten auch. Aufgrund des überwiegend jungen Klientels werden vor allem Kinderärzte und Gynäkologen aufgesucht. Hierbei tritt wie bei allen Patienten die Problematik des Fachärztemangels auf und oft werden von Ärzten keine neuen Patienten mehr aufgenommen. Dazu kommen erschwerende Sprachbarrieren, die aber spürbar, durch den zunehmenden Spracherwerb der Geflüchteten, abnehmen Betont wurde das, mit rund 95 Prozent Impfquote sehr positive Impfverhalten der Geflüchteten.
In der Diskussion wurde deutlich, dass seelische Belastungen eine große Rolle im Alltag der Flüchtlinge spielen, denn der größte Teil der Geflüchteten war Extremerfahrungen ausgesetzt. Laut WIdOmonitor sind fast 80 Prozent der Befragten durch Kriegerlebnisse, lebensbedrohliche Situationen, sexuelle Gewalt oder Folter belastet. Oft ist es auch die Angst um zurückgebliebene Verwandte, die zu hohen seelischen Belastungen führt. Der Zugang zu einer Psychotherapie gestaltet sich jedoch aus sprachlichen Gründen und der Kapazitäten der Ärzte schwierig. Prof. Ruchsow verwies in der Diskussion auf die psychiatrische Ambulanz des Christophsbades, die in dringenden Akutfällen Notfalltermine vergibt. Im Christophsbad wird mit einer Mitarbeiterliste mit „native-speakern“ gearbeitet, die im Bedarfsfall als Dolmetscher hinzugezogen werden können.
Julian Fischer, einer der Integrationsmanager bei der Stadt Göppingen, erläuterte anhand anschaulicher Fälle aus seiner Arbeit, wie wichtig die Gesundheit für eine funktionierende Integration und damit Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist. Hans Steimle, 1. Vorsitzender des Moccalino in Jebenhausen, berichtete über das gut funktionierende Netzwerk am Ort. Er betonte wie wichtig es sei, den Flüchtlingen – die sich auch untereinander sehr unterstützen – die „Geländekenntnisse“ zugänglich zu machen, damit bei ihnen Sicherheit besteht, an wen man sich im Krankheitsfall vor Ort wendet. Leider gehen diese bei einem Umzug verloren, wodurch die Betroffenen oft wieder vor einer schwierigen Situation stehen.
Ein weiterer Aspekt der Gesprächsrunde war das Thema „Gesundheit“ als Arbeitsfeld. Steimle berichtete von drei geflüchteten Frauen, die in ihrer Heimat als Krankenschwester, Hebamme und Gynäkologin gearbeitet hatten. Engagierte Frauen, die aufgrund fehlender Papiere und damit Anerkennung ihrer bisherigen Tätigkeit, ihre Ausbildung bzw. Approbation in Deutschland erneut beginnen mussten und sich mit viel Fleiß der deutschen Sprache und ihrer Berufsausbildung widmen. Er bedauerte, dass die Hürden zur Anerkennung gerade im medizinischen Bereich sehr hoch seien.
Der nächste Runde Tisch Asyl ist für Herbst 2019 vorgesehen und soll das Schwerpunktthema „Sprache“ aufgreifen.
PM Stadtverwaltung Göppingen