Christoph Kumpf bemängelt die Aushöhlung des Pfandsystems

„Wir haben das beste Pfandsystem der Welt“, ist sich Christoph Kumpf, Geschäftsführer der Kaiser Brauerei GmbH in Geislingen sicher, trotzdem bemängelte er bei einem Besuch der Staatssekretärin Dr. Franziska Brantner, dass das Pfandsystem systematisch seines Sinns beraubt wird.

Vor Jahren gab es ein funktionierendes Pfandsystem, in dem die Brauereien, bis auf sehr wenige Ausnahmen, einheitliche Flaschen verwendeten. Egal on 0,33 l, 0,5 l, Bügelflasche oder Weissbierflasche, die Flaschen waren bundesweit einheitlich und austauschbar.  Nur wenige Spezialitäten, wie „Duckstein“ wurde in spezielle Flschenformen mit Prägung abgefüllt. Der Vertrieb blieb aber oft regional, so dass der Aufwand für die Logistik des Leergutes überschaubar blieb.

Heute landen 30 – 40 % fremde Flaschen anderer Form oder Größe in den Leergutkästen der Kaiser Brauerei. Die die Brauerei in Geislingen diese Flaschen nicht wieder befüllen kann, werden sie manuell aussortiert und einer Firma übergeben, einem professionellen Leergutsortierer, der die Ware abholt und an einem anderen Standort sortiert und den jeweiligen Brauereien zuführt. Dies ist natürlich sehr zeit- und kostenaufwendig, außerdem führt sie den Sinn des Pfandsystems ad absurdum, den die Kosten und Wege stehen in keinem Verhältnis zum Wert der Flasche bzw. zum Pfand.Da ist dann selbst die Einwegflasche ökologischer bedauert Kumpf.

Das Problem ist, dass immer mehr große Brauereien oder auch sogenannte Craftbierbrauereien ihr Bier in eingens entworfene Flaschen abfüllen, rein aus Marketingüberlegungen. Diese Brauereien bestehen auch auf ihre einzigartigen Flaschen, so dass die Brauereien gegenüber der Politik nicht geschlossen auftreten.

Kumpf forderte deshalb von der Staatsekretätin im Bundeswirtschaftsministerium geeignete Maßnahmen, damit das Pfandsystem wieder seiner Aufgabe gerecht wird.

Er fordert: ggf. Verbot nicht Normgerechter Flaschen oder bedeutend höheres Pfand für diese Flaschen. eine grundsätzliche Erhöhung des Pflaschenpfandes, da er nicht mehr im Verhältnis zum Kaufpreis einer Flasche steht. Erhöhung des Dosenpfandes, da immer mehr Bier und andere Getränke in Dosen abgefüllt wird. Und auch eine Erhöhung der LKW-Maut kann er sich gut vorstellen. Warum muss Bier vorn Flensburg nach Baden-Württemberg gefahren werden und umgekehrt, so seine Frage. Die Kaiser Brauerei vertreibt ihre Biere in einem Umkreis von bis zu max. 70 km, 70% verbleiben in einem Umkreis von nur 30 km. In gegen den allgemeinen Trend kann die Brauerei ihren Bierabsatz relativ konstant halten.

Dr. Franziska Brantner versprach sich der Problematik anzunehmen und auch das zuständige Umweltministerium zu informieren. Das Pfandsystem müsse überarbeit und den Gegebenheiten bzw. Auswüchsen angepasst werden.

Das Energiemanagementaudit für kleine Unternehmen nannte Kumpf bei dieser Gelegenheit „Geldverprassen“. Externe Beraterfirmen haben keine Ahnung vom Brauerwesen und das Energie eingesparrt werden muss, dass wissen wir selber. Bei der Kaiserbrauerei konnten durch die Umstellung von Öl auf Gas und weiterer Maßnahmen schon 35% Energie eingespart werden.

Für die Zukunft seiner Brauerei mit zwölf Mitarbeitern sieht Kumpf nicht schwarz. Die Geislinger Brauerei ist auf dem Biomarkt sowie auf dem Markt Alkoholfreier Biere sehr gut aufgestellt und produziert hier auch für andere Brauereien,

Die Geschichte der Kaiser Brauerei Stichpunktartig nach Jahreszahlen:

1871 Erstmalige Erscheinung des „Deutschen Kaiser“ im Gewerbeverzeichnis Geislingen
1881 Friedrich Kumpf (*1854, †1918) erwirbt die „Brauerei und Gastwirtschaft zum Deutschen Kaiser“ in der Geislinger Schubartstraße. Es umfasste ein 3 stöckiges Wohn- und Wirtschaftsgebäude mit eingerichteter Mälzerei und Brauerei, ein Stallgebäude und einen Gemüse- und Baumgarten.
1904 Erste automatische Flaschenfüllerei mit einer Produktion von 1800 Flaschen/h. Abgefüllt wird in
Bügelflaschen, diese werden in Holzkisten verkauft. Zwei Lindekompressoren decken den gesamten
Eiswasserbedarf. Der erste Brunnen wird händisch gegraben und liefert einen Teil des gebrauchten
Wassers.
1909 Friedrich Kumpf erhält für seine hervorragende Leistungen und die ausgezeichnete Qualität seiner Biere die goldene Medaille auf der Geislinger Fachausstellung für das Hotel- und Wirtsgewerbe.
1912 Friedrich Kumpf tritt vom Geschäft zurück und übergibt die Brauerei seinen Söhnen Heinrich und Wilhelm.
1923 Die Brüder Heinrich und Wilhelm gehen getrennte Wege. Wilhelm wird alleiniger Inhaber. Die Kriegs- und Nachkriegszeit wirkte hemmend auf die Weiterentwicklung des Betriebes. Mit der Einführung der Goldmark ging es wieder aufwärts. Die Produktion vergrößerte sich wesentlich. Die Bedienung der Kundschaft erfolgt durch neun Pferde und zwei Lastwagen.
1946 Wilhelm Kumpf Jun. (*1919, †2008) Kommt aus der Gefangenschaft aus Amerika zurück und tritt in das Familienunternehmen ein.
1948 Pachtung der Lammbrauerei Blaubeuren zur Herstellung von Weizenbier bis 1958. Damit der Beginn der Herstellung von Weizenbier unter der Marke Kumpf Weizen.
1953 Bau des ersten Steinecker Sudhauses mit 80 hl Ausschlagvolumen
1955 Bau der Mälzerei in der Bismarckstraße mit einer Leistung von 800 to Malz/Jahr.
1960 Bau des Füllereigebäudes mit Lagerraum des Fertigbieres in der Bismarckstraße, Umstellung aller Fässer von Holzfässer auf Alu-Bauchfässer. Umstellung von der Bügelflasche auf die Euro-Flasche.
1961 Beginn der Champagnerweizenproduktion (ausschließlich Champagnerweizen als obergäriges Bier) in der Kaiser Brauerei in Geislingen. Bis 1982 werden aufgrund der sehr guten Qualität der Weizenbiere aus der Kaiser Brauerei für sieben Brauereien in Württemberg Weizenbiere gebraut.
1967 Champagnerweizen durfte nach 1967 nicht mehr so genannt werden, im Anschluss daran Kristall Weizen.
1970 Bau des 2. Steinecker Sudwerks mit 170 hl Ausschlagvolumen.
1972 Übernahme der Produktion und aller Kunden der Achalm Brauerei in Eningen u.A. Der Produktionsbetrieb wird geschlossen, eine Niederlassung eröffnet.
1979 Hans-Friedrich Kumpf (*1949) tritt in das Unternehmen ein.
1980 Übernahme der Produktion und Kunden der Löwenbrauerei in Kuchen
1981 Jubiläum zu 100 Jahre Kaiser Brauerei, Beginn der Hefe Weizen Produktion.
1983 Ulrich Kumpf (*1954) tritt in das Unternehmen ein.
1985 Umstellung aller eingesetzten Fässer von Alu-Bauchfässer auf Keg-Fässer. Ebenfalls Umstelllung des
Flaschenpools von Euro-Flasche auf NRW-Flasche.
1991 Stilllegung der eigenen Mälzerei in der Bismarckstraße
1990 – Mehrheitserwerb der Staufen Bräu Göppingen (ehemals Rad Brauerei Göppingen)
Hans-Friedrich und Ulrich Kumpf werden Geschäftsführer. Der Produktionsbetrieb in Göppingen wird bis
1995 aufrecht gehalten. Wiedereinführung der Bügelflasche unter der Marke Schubart Dunkel.
1995 Bau des heutigen Gärkellers in der Bismarckstraße, Ausbau der Kapazität um die Produktionskapazität der Staufen Bräu nach Geislingen holen zu können.
1999 Einführung der Longneckflasche und des Kaiser kult! mit einer jährlichen Höchstproduktion von 6.000 hl.
2005 Bau des neuen Drucktankkellers, Steigerung der Automatisation und der Bierqualität
2006 125 Jahre Kaiser Brauerei – Festakt mit Ministerpräsident Günther Öttinger, allen Kunden und Mitarbeitern.
2012 Aus- und Umbau der Flaschenfüllerei, um in Geislingen wieder Bügelflaschen abfüllen zu können wird eine neue Etikettiermaschine und ein Bügelverschließer angeschafft.
2014 Im September 2014 melden Hans- Friedrich und Ulrich Kumpf Insolvenz an. Tobias Sorg wird als
Insolvenzverwalter eingesetzt.
2015 Christoph Kumpf tritt im Januar in das Unternehmen als Braumeister aus fünfter Generation der
Brauerfamilie ein. Weltgrößte Bierverkostung (3.000 Teilnehmer) zur Auftaktveranstaltung der neuen
Marke Kumpf Weizen. Wahl des ersten demokratisch gewählten Bieres der Welt – Kumpf Hefe Hell.
2016 Relaunch der restlichen Weizenbiere unter der Marke Kumpf Weizen. Auszeichnung zum besten Kristall Weizenbier der Welt durch die World Beer Awards, Gold Award (WBA) für das neu auf den Markt gebrachte Kaiser Export 1881.
2017 Guojian Jiang erwirbt die Kaiser Brauerei zum 1. September. Der Fortbestand ist gesichert, die
Geschäftsleitung übernimmt Christoph Kumpf. Kumpf Hefe Weizen Hell und Kaiser Export 1881 werden mit dem World Beer Award (Gold) in London geehrt.
2018 Maximilian Meusel startet als neuer Braumeister. Gemeinsam mit Abfüllleiter Lothar Glauner und
Braumeister Ulrich Rink ist er fortan verantwortlich für die einwandfreie Qualität der Kaiser Biere. Im
Jahrhundertsommer entwickelt die Kaiser Brauerei ihr erstes NaturRadler, zuckergesüßt und mit 100%
regenerativer Energie hergestellt. Das Kaiser Sonnenradler. Inbetriebnahme der neuen Kälteanlage –
dadurch Energieeinsparung im Kältebereich von über 30%.
2019 Unter der technischen Leitung von Max Meusel konnte die bisherige Bestmarke an Auszeichnungen erneut übertroffen werden, 5xDLG Gold, 4 World Beer Awards und Gesamtgewinner beim World Beer Idol.
Inbetriebnahme des neuen Lagerkellers.
2020 Das erste Corona Jahr hat die Brauerei schwer getroffen. Mehr als 30% des Bierabsatzes geht zum Zeitpunkt des ersten Lockdowns in die Gastronomie. Mit Kurzarbeit und coolen Aktionen versucht die Mannschaft um Christoph Kumpf neue Umsätze zu generieren. 7x DLG Gold, 6x World Beer Awards, 2xInternational Craft Beer Awards Gold – die Auszeichnungen zeigen den hohen Qualitätsanspruch unserer Brauerei. Besuch vom zukünftigen Bundeskanzler Olaf Scholz in Geislingen, Christoph Kumpf erlärtt die Not der Branche und seines Unternehmens – zwei Wochen später ist die erste Abschlagszahlung der Überbrückungshilfe auf dem Konto.
2021 Die Kaiser Brauerei braut Deutschlands bestes Helles (Germany Winner World Beer Awards 2021). Unser Hefe Weizen erhält den European Beer Star in Silber! Das zweite Corona Jahr trifft die Brauerei ebenfalls hart. Der HopSpot geht an den Start und damit der erste Direktverkauf der Brauerei im Gutshof.
2022 Inbetriebnahme des neuen Kessels, Aufstellung des neuen CO2-Tanks, Inbetriebnahme der restlichen
Lagertanks. Beginn der Amtszeit von Daniel Giebel als Betriebsleiter, der Max Meusel an der Spitze als
Techniker ablöst. Max Meusel verlässt das Unternehmen auf eigenen Wunsch aus familiären Gründen.
2023 Auszeichnung zum „besten Hellen“ bei der „Finest Beer Selection“ und Goldmedaille für Kaiser Helles beim European Beer Star. Die Kaiser Brauerei braut Europas bestes Helles!
2024 Inbetriebnahme der neuen Palettierungsanlage. Die Brauerei zieht mehr und mehr Lohnabfüllaufträge an Land, wodurch die Auslastung der Flaschen- und Fassabfüllung deutlich gesteigert werden kann.

Dr. Franziska Brantner

Seit Dezember 2021 ist Dr. Franziska Brantner Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

Sie wurde 1979 im südbadischen Lörrach geboren und ist in Neuenburg am Rhein aufgewachsen. Ihr Abitur absolvierte sie am deutsch-französischen Gymnasium in Freiburg. Ihre Erfahrungen im Dreiländer-Eck machten sie frühzeitig zu einer überzeugten Europäerin. 2013 wurde sie für ihren Wahlkreis Heidelberg Neckar-Bergstraße in den Deutschen Bundestag gewählt. Bis 2017 (Wahlperiode 18) war sie Sprecherin ihrer Fraktion für Kinder- und Familienpolitik und Mitglied im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Daneben war sie Vorsitzende des Unterausschusses für Zivile Krisenprävention sowie stellvertretendes Mitglied in den Ausschüssen für Auswärtiges sowie für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Bis 2021 (Wahlperiode 19) war sie Sprecherin für Europapolitik sowie Parlamentarische Geschäftsführerin, Mitglied im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union und stellvertretendes Mitglied im Auswärtigen Ausschuss sowie im Vorstand der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung. 2021 gewann sie das Direktmandat für ihren Wahlkreis.

Zuvor war sie vier Jahre lang Mitglied des Europäischen Parlaments. Dort war sie außenpolitische Sprecherin der Fraktion Grüne/EFA und ständige Berichterstatterin für das EU-Stabilitätsinstrument für Konfliktlösung und Krisenreaktion. Außerdem hat sie für die Grünen/EFA die Verhandlungen über den Aufbau und die Reform des Europäischen Auswärtigen Dienstes geführt.

Sie war ständiges Mitglied und grüne Koordinatorin im Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten und stellvertretendes Mitglied des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung, des Frauenrechts- und Gleichstellungsausschusses sowie des Haushaltsausschusses.

Vor ihrer Wahl ins Europaparlament arbeitete sie für die Bertelsmann-Stiftung Brüssel im Bereich der Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik. Zuvor war sie für die UN-Frauenrechtsorganisation (UNIFEM) tätig und arbeitete mit an der Erstellung des EU Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Resolution 1325 über die Auswirkungen von Konflikten auf Frauen und den Beitrag von Frauen zur Friedensschaffung. Mit Richard Gowan hat sie 2008 für den European Council on Foreign Relations (ECFR) eine Studie über die EU-Menschenrechtspolitik bei den Vereinten Nationen verfasst und war Mitglied der friedens- und sicherheitspolitischen Kommission der Grünen. Nach dem Abitur absolvierte sie erst Praktika in Tel Aviv und Washington DC, um dann ein Studium der Politikwissenschaften mit Schwerpunkt Internationale Beziehungen und Europapolitik in Paris und New York aufzunehmen. Im Jahr 2010 wurde sie an der Universität Mannheim mit einer Arbeit über die Reformfähigkeit politischer Institutionen am Beispiel der Vereinten Nationen promoviert. Heute lebt sie in Heidelberg und Berlin.

Fotos (Joachim Abel):

oben: schon kleine Unterschiiede im mm-Bereich verhindern eine Verwendung von Fremdflaschen in der Kaiser Brauerei

unten: Dr. Franziska Brantner im Gespräch mit Christoph Kumpf

Joachim Abel

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