Wasserbüffel fressen und suhlen für die Artenvielfalt / Sechs Büffel sind im Kirchheimer Naturschutzgebiet Wiestal mit Rauber für den NABU am Start

Das Naturschutzgebiet Wiestal mit Rauber bei Kirchheim unter Teck ist dank seiner Vielfalt an Lebensräumen eine Besonderheit im Landkreis Esslingen und von überregionaler Bedeutung. Sechs Büffel sind dort seit Anfang Mai für den NABU Baden-Württemberg und die NABU-Gruppe Teck am Start. Ihre Aufgabe: fressen und suhlen für die Artenvielfalt. Das Projekt wird gefördert von der Stiftung Naturschutzfonds (SNF), das Regierungspräsidium Stuttgart berät fachlich.

Das Wiestal beherbergt eine Vielzahl feuchter Lebensraumtypen, darunter Schilfbestände sowie Nass- und Feuchtwiesen, durchsetzt mit kleineren und größeren Gehölzen. Entlang der Gräben in den Feuchtwiesen finden zahlreiche Tiere und Pflanzen ganz besondere Lebensräume. Leider musste der NABU in den vergangenen Jahren eine zunehmende Verarmung an Arten feststellen. Das im Gebiet vorhandene Amphibienlaichgewässer verlandete immer mehr und Amphibienbestände nahmen ab, selbst häufige Arten wie der Grasfrosch.

Feuchte Lebensräume für seltene Arten

Dem Artenschwund will der NABU jetzt begegnen. Das Amphibiengewässer wurde entschlammt und saniert. Seit Anfang Mai sorgt eine sechsköpfige Wasserbüffelherde auf 6,5 Hektar im Naturschutzgebiet für eine extensive Beweidung. Das langfristige Ziel ist eine „wilde Weide“. Bei einer wilden Weide soll durch die Aktivitäten von Weidetieren die Strukturvielfalt im Gelände erhöht werden, kleine Gehölzinseln, kurzrasige Flächen und Brachflächen sollen ineinandergreifen. Spezialisierte Arten wie Sumpfgrashüpfer und Sumpfschrecke sowie Vogelarten wie Sumpfrohrsänger und Rohrammer sind typisch für die Feuchtlebensräume im Wiestal und sollen durch die Beweidung stärker gefördert werden. Die Projektfläche befindet sich fast vollständig im Besitz des NABU und des Landes Baden-Württemberg.

Urtümliche Rinderrasse für mehr Vielfalt

„Die Pflanzenfresser sind ein wichtiger Teil im Naturgefüge: Ein ausgewachsenes Rind produziert pro Monat rund eine Tonne Dung. Hochgerechnet auf ein Jahr können mehr als hundert Kilogramm Insekten und ihre Larven in diesem Dung leben. Diese ernähren wiederum eine Vielzahl an Vögeln und anderen Insektenfressern. Diese Nahrungskette zeigt, welche Bedeutung eine naturnahe Beweidung für die Biodiversität haben kann“, erläutert Dieter Ilg aus dem Vorstand der NABU-Gruppe Teck.

„Wasserbüffel sind die optimalen Landschaftspfleger für diese Aufgabe. Mit ihren breiten Füßen können sie auf sumpfigen und feuchten Flächen weiden. Relativ einförmige Schilfbestände werden aufgelockert, durch Trittspuren bilden sich Kleinstgewässer und feuchte Schlammstellen. Die robusten Tiere mit den eindrucksvollen Hörnern haben eine Vorliebe für Hautpflege durch Schlammbäder: Weil sie mit ihrer dicken Haut so gut wie nicht schwitzen können, suhlen sie sich zur Abkühlung. Dabei schaffen sie weitere Vertiefungen im Gelände. In diesen Kuhlen und Blänken finden Grasfrösche oder auch die bedrohte Gelbbauchunke gute Laichplätze“, erklärt Ingrid Eberhardt-Schad, Leiterin Naturschutz beim NABU Baden-Württemberg.

Monitoring soll langfristigen Erfolg zeigen

Die sechs Büffel stammen von einem mit Wasserbüffeln versierten Landwirt aus Bärenbach im Filstal. Seine Tiere sind schon seit vielen Jahren im Landkreis Göppingen für den NABU im Einsatz. Daher kam auch der Kontakt. Während der letzte, wild vorkommende Europäische Wasserbüffel schon lange ausgestorben ist, gehen diese Tiere auf rumänische Vorfahren einer uralten Nutztierrasse zurück. Wasserbüffel gehören zur Gattungsgruppe Rinder. Sie unterscheiden sich zwar deutlich von den Hausrindern, werden aber rechtlich und veterinärmedizinisch genauso behandelt.

„Die Einrichtung der Beweidung im Jesinger Wiestal wurde mit Mitteln der Stiftung Naturschutzfonds aus Ersatzgeldern für Eingriffe in den Naturhaushalt finanziert. „Wir von der Stiftung Naturschutzfonds freuen uns, wenn wir aus Ersatzgeldern so vielversprechende und innovative Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Land fördern können. Neben der Beweidung wurden so auch Laichgewässer im Naturschutzgebiet aufgewertet“, sagt Karola Hoffmann von der Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg. Einen Eigenanteil von zehn Prozent hat die NABU-Gruppe Teck beigesteuert. Sie trägt außerdem die laufenden Beweidungskosten.

„In diesem Jahr wird ein erstes Artenmonitoring zeigen, welche Tiere und Pflanzen sowie Biotoptypen im Naturschutzgebiet auf der Wasserbüffelweide vorhanden sind. Damit kann man die tatsächlichen positiven Auswirkungen des Projekts später überprüfen“, sagt Dr. Susanne Bonn vom Stuttgarter Regierungspräsidium, Referat Naturschutz und Landschaftspflege. Das Monitoring wird in regelmäßigen Abständen fortgeführt. Auf Basis dieser Erkenntnisse wird das zunächst auf zwei Jahre angesetzte Weidemanagement final angepasst.

Hintergrund

  • Das Naturschutzgebiet „Wiestal mit Rauber“ ist 136,5 Hektar groß und liegt im Landkreis Esslingen auf dem Gebiet der Stadt Kirchheim unter Teck, Gemarkung Jesingen, sowie auf dem Gebiet der Gemeinden und Gemarkungen Holzmaden und Ohmden. Es wurde 1992 vom Regierungspräsidium Stuttgart als Naturschutzgebiet ausgewiesen.
  • Das Beweidungskonzept hat das Büro Dr. Florian Wagner & Partner erstellt, es liefert die Grundlage für die auf viele Jahre angelegte Beweidung. Ein begleitendes Artenmonitoring liefert Daten für die Steuerung des Weidemanagements.

 

PM NABU (Naturschutzbund Deutschland), Landesverband Baden-Württemberg e. V.

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