den neuen Nahverkehrsplan des Landkreises. Der Entwurf für den Bus– und Bahnverkehr bis 2030 sei
nicht konkret genug, um die von Kreis und Land angestrebte Mobilitätswende herbeizuführen.
Er orientiere sich zu sehr an überholten Vorgehensweisen und nicht an der vorgesehenen
Verdoppelung der Fahrgastzahlen, so die offizielle Stellungnahme des Fahrgastbeirats gegenüber
dem Landratsamt. Die Stellungnahme, die mit jener des Verkehrsclubs Deutschland und des
Kreisbehindertenrings identisch ist, erkennt auch beträchtliche Missstände bei der Beförderung von
Menschen mit Behinderung.
Ziel des Fahrgastbeirats ist ein moderner Nahverkehr, der das Angebot für alle Bus– und
Bahnfahrgäste im Landkreis Göppingen erkennbar erweitert. Beiratssprecher Heiko Stobinski: „Wir
wollen nicht mit Verboten für PKW–Fahrer arbeiten, sondern dazu beitragen, eine brauchbare
Alternative zum Individualverkehr aufzubauen. Dazu gehören Taktverdichtung, neue Buslinien,
flexible Angebote im ländlichen Bereich und das koordinierte Vorgehen auf der Filstalbahn.“
Im Bahnverkehr ist laut Stellungnahme des Fahrgastbeirats die Taktverdichtung zu den benachbarten
Oberzentren Stuttgart und Ulm für die Mobilitätswende unerlässlich. „Die Filstalbahn ist die
Leitachse für den gesamten Verkehr im Landkreis. Der MEX muss jede Viertelstunde nach Stuttgart
fahren und mindestens halbstündlich nach Ulm. Auf der Aufgabenliste muss auch der Erhalt des
Regionalexpress und des Fernverkehrs für Göppingen und Geislingen ganz oben stehen“, so
Stobinski.
Zur besseren Erreichbarkeit der Nachbarn und weiterer Verkehrsknotenpunkte schlägt der
Fahrgastbeirat zusätzliche Expressbuslinien zum Stuttgarter Flughafen, nach Schorndorf, Schwäbisch
Gmünd (IC–Halt Richtung Nordbayern und Ostdeutschland), Heidenheim und Kirchheim vor sowie die
neue Verbindung Geislingen–Aalen. Beiratssprecher Stobinski: „Dazu muss der Landkreis auch den
Mut haben, im Nahverkehrsplan Leistungen von Aufgabenträgern wie Land und Region einzufordern.
Im Sinne des besseren Öffentlichen Verkehrs sollen sich diese an ihren eigenen Aussagen zur
Mobilitätswende messen lassen.“
Hausgemachte Probleme des Landkreises seien dagegen der enorme Rückstand bei sauberen
Antriebstechniken für Linienbusse, hier gebe es bisher laut Stellungnahme keinerlei Planungsansätze,
und die Verspätung des Klinik–Shuttles. Der Fahrgastbeirat bedauert, dass es VVS und Landratsamt
nicht rechtzeitig zur angelaufenen Zentralisierung der Gesundheitsversorgung in Göppingen
gelungen ist, das Shuttle in Form eines On–Demand–Dienstes aufzubauen. Dieses hätte online und
telefonisch jederzeit als eine Art Sammeltaxi mit Start und Ziel „Klinik am Eichert“ angefordert
werden können.
„Sehr schwierig ist die gegenwärtige Situation nicht nur für die Klinik–Angestellten, die aus Geislingen
nach Göppingen versetzt werden, sondern auch für Besucher und ambulante Patienten“, gibt
Sprecher Heiko Stobinski zu bedenken. „Uns liegen die Fälle von Seniorinnen aus dem Raum
Geislingen vor, deren ambulante Behandlung nun teilweise in Göppingen stattfindet. Weil sie sich für
die Verbindung zum Eichert mit mindestens zwei Umstiegen nicht gerüstet sehen, zahlen sie für jede
Blutabnahme in der Göppinger Klinik 60 bis 70 Euro Taxigebühren.“
Der Umgang mit Menschen mit Handicap ist für den Göppinger VVS–Fahrgastbeirat ein generelles
Ärgernis. Neben defekten Aufzügen, der vielerorts fehlenden Barrierefreiheit an Bushaltestellen
mache auch der Zugverkehr die vielbeschworene Inklusion zur Worthülse. Deshalb die scharfe Kritik
in der Stellungnahme: „[Es ist] inakzeptabel, dass die Bahnunternehmen es als Standard definieren,
dass Menschen mit Rollstuhl oder Rollator am ÖPNV nur dann verbindlich teilnehmen können, wenn
sie die Fahrten am Vortag exakt angemeldet haben. Das entspricht nicht der Lebensrealität und stellt
eine Diskriminierung des betroffenen Personenkreises dar.“
Für die Linienbusse im Landkreis fordert der Fahrgastbeirat eine festgelegte Mindestgröße für
Stellflächen, so dass Fahrgäste mit Rollstuhl, aber auch jene mit Kinderwagen, Koffern und
Fahrrädern genügend Platz finden. Mindestanforderungen für den Transport von Menschen mit
Handicap seien zudem für Kleinbusse notwendig, die im On–Demand–Verkehr nicht nur die Klinik am
Eichert ansteuern sollen.
Der Fahrgastbeirat sieht in der linien– und fahrplanungebundenen On–Demand–Beförderung einen
wesentlichen Baustein für die Mobilitätswende, zunächst in ländlichen Gebieten, später als günstige
Ergänzung zum Busangebot im gesamten Landkreis. Heiko Stobinski: „Wenn es keinen zeitnahen
regulären Linienverkehr gibt, können Fahrgäste ihre Strecke beim On–Demand–Dienst anmelden. Ein
Kleinbus holt die Fahrgäste ab, die Fahrtroute der On–Demand–Fahrzeuge wird digital so berechnet,
dass sie möglichst wenig Strecke mit möglichst vielen Gästen zurückgelegen.“ Die Kleinbusse auf
Bestellung können laut Stellungnahme auch den Tourismus mit öffentlichen Verkehrsmitteln im
Landkreis Göppingen ankurbeln.
WEITERE INFORMATIONEN
WEITERES VORGEHEN BEI DER ERSTELLUNG DES NAHVERKEHRSPLANS
Die Stellungnahmen der Städte und Gemeinden wie auch der beteiligten Verbände und des
Fahrgastbeirats werden laut Landratsamt durch den Gutachter, die VVS GmbH, aufgearbeitet. Dies
gilt auch für die direkten Eingaben über das Portal der Online–Bürgerbeteiligung. Dabei wird für die Onlinebeteiligung versucht, die Hinweise zu kategorisieren und mit ähnlich lautenden Eingaben
abzugleichen. Im Anschluss erfolgt eine Bewertung, die mit dem Amt für Mobilität des Landratsamts
abgestimmt wird und Grundlage für die Darstellung in einer Synopse ist.
Zunächst wird der Umwelt– und Verkehrsausschuss des Kreistags voraussichtlich im März über die
Stellungnahmen beraten. Da viele Anregungen mit finanziellen Konsequenzen einhergehen, wird
nach Angaben des Landratsamts eine Priorisierung von Maßnahmen angestrebt. Darüber berät das
Gremium. Die Verwaltung wird dazu in Abstimmung mit dem Gutachter Vorschläge erarbeiten.
Letztendlich entscheidet der Kreistag final. Der neue Nahverkehrsplan ist anschließend die
planerische Grundlage für die Inhalte der Vorabbekanntmachungen (VAB) für die Ausschreibung der
neuen Linienbündel. Die Vorabbekanntmachung für das erste zur Ausschreibung anstehende
Linienbündel im Busverkehr ist für den Herbst 2023 geplant.
Ein Mobilitätsgipfel für den Kreis Göppingen, wie ihn der Verkehrsclub Deutschland (VCD)
vorgeschlagen hat, ist nicht vorgesehen. Der Vorschlag beinhaltete im Kern die gemeinsame
Diskussion aller relevanter Gruppen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft über die Möglichkeiten
und Ziele des Bus– und Bahnverkehrs im Landkreis Göppingen.
ZUSAMMENSETZUNG REGIONALER VVS–FAHRGASTBEIRAT DES LANDKREISES GÖPPINGEN
Heiko Stobinski (Sprecher), VCD–Kreisgruppe Göppingen
Stephanie Hansert–Schupp (Stellvertreterin), Gesamtelternbeirat Göppingen
Dirk Messer, ADFC–Kreisverband Göppingen
Reinhard Grams, Kreisbehindertenring
Tobias Klopfer, Kreisjugendring
Harald Kraus, Kreisseniorenrat
Burkhard Wollny, Lokale Agenda Göppingen
Heinz Oswald, „Ein neuer Zug im Kreis“
Beratung: Dr. Wolfgang Staiger, Sprecher des Stuttgarter VVS–Fahrgastbeirats (Pro Bahn)
Internetpräsenz: https://www.vvs.de/ueber–den–vvs/fahrgastbeirat/regionaler–fahrgastbeirat–des–
landkreises–goeppingen–im–vvs
NVP Stellungnahme FGB GP mit KBR
PM REGIONALER FAHRGASTBEIRAT DES LANDKREISES GÖPPINGEN IM VVS