Bereits vor einigen Wochen wurde die Studie „Jugend im ländlichen Raum“ veröffentlicht. Dazu findet ein Fachgespräch des Ministeriums für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz und der Jugendstiftung Baden-Württemberg am 23.02.2022, weshalb sich ein vertiefter Blick in die 124 Seiten aus Sicht der Baden-Württembergischen Jugendgemeinderäte lohnt.
„Die Studie unterstreicht einige Forderungen, die wir als Dachverband an die Landespolitik herantragen und auch Arbeitsschwerpunkte mit unseren Mitgliedsgremien“, bemerkt Jana Freis, Vorsitzende für Externes des Dachverbandes der Jugendgemeinderäte Baden-Württembergs.
Die Forderung nach einem 365€-Ticket bekommt eine neue Dimension, da mehr als die Hälfte der Jugendlichen den ÖPNV für den Weg zur Schule und in die Freizeit wählen. Trotz der Tatsache, dass das Elterntaxi und Autos auf dem Land noch ein wesentlicher Faktor sind, zeigt sich ein Wunsch nach mehr ÖPNV. Dies zeigt: Auch im Ländlichen Raum ist das Leben mit weniger Autos vorstellbar. „Die Studie zeigt, dass 17 % der Jugendlichen auf dem Land und 11 % der städtischen Jugendlichen von mangelnden Angeboten im Bereich des ÖPNV berichten. Das ist für uns leider keine Überraschung, aber ein eindeutiger Denkanstoß “, meint der Pressesprecher des Verbandes Silas Link. „Eine Mobilitätswende kann so nicht funktionieren“. „Immerhin“, betont Freis, „Das Fahrrad ist für alle ein wichtiges Verkehrsmittel, auch wenn der Ausbau von Radwegen regionalen Schwankungen unterliegt.“
Reinhard Langer, Vorsitzender für Internes im Dachverband, hat daneben noch Weiteres im Blick: 56 % und damit mehr als die Hälfte der Jugendlichen in der Stadt und 47 % der Jugendlichen auf dem Land wissen nicht, ob eine Möglichkeit zum Engagement direkt vor Ort besteht. Rund ein Viertel der Jugendlichen sieht keine Möglichkeit ihren Wohnort zu gestalten. „Das ist insbesondere deshalb bedauerlich, da zwei Drittel der Befragten politisches Interesse angeben“, so Langer. Das darüber hinaus nur 14 % der Jugendlichen auf dem Land einen Jugendgemeinderat als Möglichkeit sehen, ihre Ideen einfließen zu lassen ist sehr schockierend, sieht die Gemeindeverordnung ein solches Gremium doch explizit als gute Möglichkeit vor. Für Jana Freis kann es deshalb nur ein Trostpflaster sein, dass der Wert in Städten doppelt so hoch sei und der Kontakt zum Bürgermeister keine Scheu mache. Gut 52 % der Jugend auf dem Land hält schließlich den direkten Draht zum Rathauschef als Option.
Bedarf sieht der Dachverband auch bei der Diversität der Jugendgemeinderäte. Zwar sind Mädchen politisch teils deutlich interessierter als Jungen, doch ihr Anteil in den Gremien ist oft überproportional niedrig und Jungen laut Studie insgesamt etwas engagierter als Mädchen. Bedauerlich für Freis ist ebenfalls, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund deutlich weniger vertreten, sind als Jugendliche. Der Dachverband der Jugendgemeinderäte habe deshalb mit dem Programm JGR 4.0 zuletzt ein Programm entwickelt, um die institutionalisierte Jugendbeteiligung diverser zu machen. „Mit den Zahlen der Studie sehen wir erneut, wie wichtig das ist“, so Freis. Doch Diversität endet nicht mit dem Geschlecht oder dem sozialen oder familiären Hintergrund: Studierende und Auszubildende sind mit ihren Möglichkeiten oft besonders unzufrieden. Die Lebensrealität passe oft nicht zu den Beteiligungsformen lautet das Ergebnis der Studie. Jana Freis ist selbst Studentin und findet, das muss nicht sein: „Gemeinderät:innen können für Ihre Tätigkeiten von der Arbeit freigestellt werden. Für den Dachverband ist klar: Das muss auch für Jugendgemeinderäte gelten. So können wir dieses wichtige Ehrenamt wieder attraktiv machen und an das Leben anpassen.“
Direkt nach Sport ist Kinder- und Jugendarbeit das wichtigste für die Befragten. Jugendbeteiligung ist damit kein Kann, es ist ein Muss. Der Dachverband sieht sich durch die Studie gestärkt, seine Anliegen aktiv einzufordern und die Jugendbeteiligung voranzubringen.
PM Dachverband der Jugendgemeinderäte