In den Herbstferien lernen? Jenny nickt als sei das ganz selbstverständlich und beißt in ihr Honigbrötchen. Im Speisesaal des CJD auf dem Bläsiberg bei Wiesensteig sitzen zwölf Kinder beim Frühstück. Die Herbstlandschaft vor den hohen Fenstern liegt an diesem Morgen im Nebel. Es nieselt über den weiten Grünflächen rund um das Jugendheim. Drinnen scheint ein warmes Licht und die Stimmung ist entspannt.
Die Jungen und Mädchen, die hier am letzten Tag der Ferien zusammensitzen, sind grundverschieden und haben doch einiges gemeinsam: Sie sind alle zwischen zehn und 13 Jahre alt, stammen aus dem Kreis Göppingen und sind Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf in Sachen Lernen. Die meisten von ihnen besuchen die Pestalozzischule in Göppingen, zwei kommen von der Pestalozzischule in Eislingen und zwei von der Hardtschule in Ebersbach.
Vier Tage lang haben sie am Bildungscamp des Vereins „Lernen Fördern Göppingen“ teilgenommen. Morgens ging es früh um acht Uhr in zwei Bussen hoch zum Bläsiberg. Am Vormittag wurden sie von zwei
Sonderpädagoginnen individuell in Deutsch und Mathematik und anderen Fächern gefördert. Nach dem Mittagessen standen dann Ausflüge auf dem Programm. In zwei Kleingruppen besuchten die Schülerinnen und Schüler den Raubeckhof in Dürnau, wo es Pferde gibt, den Kletterwald Laichingen, das Freilichtmuseum in Beuren, die Ruine Reußenstein und die Forscherfabrik in Schorndorf. Der 13–jährige Mohammad saß zum ersten Mal auf einem Pferd, die 10–jährige Amelie hat mit Solarenergie ein Hamsterrad zum Laufen gebracht.
„Wir sind die Ferien–Lernbande“ ruft Rebekka ein paar Minuten später, als sich die Gruppe fürs Foto mit dem großen Spendenherz der Kreissparkasse aufstellt. Das Lächeln in den Gesichtern von Peter Bauer, Leiter der
Pestalozzischule Göppingen, und Markus Walter, Geschäftsführer des Vereins „Lernen Fördern Göppingen“ wird breiter. Gemeinsam mit dem Team des Vereins und den beiden Sonderpädagoginnen haben sie in den
vergangenen Wochen das Programm für das Bildungscamp entwickelt. Für jedes Kind wurde ein spezieller Förderplan erstellt. „Kinder mit Lernbehinderung benötigen spezielle Unterstützung – und das über die Schulzeit hinaus“, erklärt Peter Bauer. In seinen Jahren als Schulleiter hat er immer wieder erlebt, dass diese Unterstützung Früchte trägt. „Es gibt Förderschülerinnen und –schüler, die später die Gesellenprüfung schaffen und Einzelne, die sogar ihren Meister im Handwerk gemacht haben – nur dass sie dazu eben fünfzehn statt fünf Jahre benötigten“.
Einige der zwölf Kinder, die auf dem Bläsiberg das Bildungscamp besuchen, werden das vielleicht auch schaffen. Sie wurden von ihren Lehrerinnen und Lehrern vorgeschlagen, weil sie eine große Bereitschaft
zum Lernen mitbringen. „Das wichtigste Ziel ist es, die Freude am Lernen zu stärken“, formuliert es Markus Walter. „Es geht hier nicht unbedingt um gute Schulnoten, sondern darum, dass die Kinder tragfähige Beziehungen aufbauen, positive Erfahrungen machen und sich etwas zutrauen.“ Das große Ziel am Ende der Schulzeit lautet für Markus Walter und Peter Bauer „Teilhabefähigkeit“. Diese Fähigkeit zeigt sich unter anderem in den menschlichen Bindungen und im eigenverantwortlichen Leben als Erwachsene.
„Kinder lernen besser, wenn sie von positiven Emotionen angetrieben werden“, erklärt Alexandra Tinti. Ihre Kollegin Rebecca Bühe stimmt ihr zu. Die beiden Referendarinnen der Sonderpädagogik haben in den
vergangenen Tagen in zwei Gruppen intensiv mit den Schülerinnen und Schülern gearbeitet. Der Spaß kam dabei nicht zu kurz: An der „Lerntheke“ konnte sich jedes Kind aus seinem persönlichen Fach Aufgaben auswählen, auf die es Lust hatte. Für jede bewältigte „Station“ gab es einen Stempel. Zu den Aufgaben zählten unter anderem auch Sprachspiele. „Lange Wörter wie „Eichhörnchen“ oder „Vogelscheuche“ sind für manche Kinder schwierig zu schreiben oder zu sprechen. Die Kinder sind glücklich, wenn sie diese Worte meistern und haben Spaß daran, auf diese Weise die Welt zu entdecken“, erklärt Rebecca Bühe.
Auch die Ausflüge trugen zum Erfolg beim Lernen bei. „Nach dem Kletterpark haben wir deutlich gespürt, dass das Vertrauen innerhalb der Gruppen stärker wurde. Die Kinder haben sich gegenseitig Sicherheit
gegeben – und das hat sich auch positiv aufs Lernen ausgewirkt“, bestätigt Alexandra Tinti.
Mit insgesamt 6.500 Euro wurde das Bildungscamp von der Kreissparkasse Göppingen finanziert. Ein Motiv war dabei die lange Coronazeit, die viele Schülerinnen und Schüler ausgebremst hat. Bei der offiziellen Übergabe des Zuwendungsbetrags blickte Florian Stadelmaier in viele fröhliche Gesichter. „Für eine gute Sache Geld zu geben ist das eine, sie umzusetzen ist das andere“, erklärte der Leiter des Teams Vorstandssekretariat der Kreissparkasse beim Fototermin. „Wir hatten hier eine hervorragende
Vorbereitung und ich bin vom Ergebnis begeistert.“
Als Dankeschön durfte Florian Stadelmaier einen großen Strauß selbstgebastelter Blumen mitnehmen, auf deren Blätter die Kinder die schönsten Erlebnisse des Bildungscamps geschrieben hatten. Vor allem die beiden Lehrerinnen wurden zum Abschluss noch innig umarmt. „Ich werde die anderen vermissen und möchte alle wiedersehen“, bemerkte Amelie. Für das Team und die Kreissparkasse Göppingen ist das
das schönste Lob.
PM Kreissparkasse Göppingen