Aus dem Gemeinderat Hattenhofen

Bauleitplanung: Wider den Flächenfraß

Arbeitsgruppe macht Vorschläge für nachhaltiges Bauen

Aktuell werden in Deutschland täglich rund 58 Hektar neue Siedlungs- und Verkehrsflächen überbaut. Dies entspricht der Größe von mehr als 80 Fußballfeldern. Da dieser Flächenverbrauch Auswirkungen auf die Umwelt – schadet den Böden, begünstigt Hochwasser und erzeugt mehr Verkehr – hat, soll er bis 2030 deutlich verringert werden. Das Bundesumweltministerium möchte eine Reduzierung auf 20 Hektar pro Tag, dies wäre ein Drittel des bisherigen Verbrauchs.

Planer-Wettbewerbe und Baugemeinschaften

Die vierköpfige Arbeitsgruppe „Eindämmen Flächenverbrauch“ aus dem Beirat zur Nachhaltigkeitsregion im Raum Bad Boll hat hierzu Ideen gesammelt und Leitlinien entwickelt. Diese stellte deren Sprecher Hans Ley in der Gemeinderatsitzung vor. Unter anderem in einer Informationsfahrt nach Tübingen habe man Eindrücke gesammelt, so Ley, wie es andere machen. Teilweise habe die aktuelle Politik durch Gesetze die Vorschläge der Arbeitsgruppe schon überholt. Beispielsweise durch das Verbot von Schotterflächen in Privatgärten. Bebauungspläne sollen sich, so die Vorstellung der Arbeitsgruppe, künftig an verdichtetem Bauen ausrichten. Richtwert sei mindestens 75 Einwohner je Hektar. Die Pläne sollen konkrete Vorgaben zu einer nachhaltigen Kohlenstoffdioxid-Reduzierung enthalten und den Einsatz zukunftsweisender Technologien mit Energieeffizienz vorschreiben. Die Arbeitsgruppe empfiehlt, Bauwillige und Interessenten bereits in den Planungsprozess mit einzubinden. Bei den bisherigen Standardverfahren blieben die Wünsche von Bauwilligen unberücksichtigt. Die Kommunen sollten Baugemeinschaften fördern und Quartiers-Konzepte erstellen. Natürlich werde der Planungsprozess dadurch aufwändiger. Die Arbeitsgruppe denkt an Wettbewerbe, wo der beste Vorschlag den Zuschlag erhält.

Mehrfamilien- und Reihenhäuser statt Einzelhäuser

Verdichtetes Bauen heißt für die Arbeitsgruppe, die bisherige Einwohnerzahl pro Hektar deutlich zu erhöhen und vom klassischen schwäbischen Einfamilienhaus wegzukommen. Die neuen Konzepte seien sozial wie bautechnisch interessant und verdichtetes Bauen bedeute nicht automatisch den Bau von „Klötzen“, so Hans Ley. Im Ortskern Hattenhofens vermutet BM Jochen Reutter eine Bebauungsdichte von gut 55 Einwohner je Hektar, bei den Einfamilienhäusern dürfte man sich im Bereich zwischen 40 und 45 Einwohnern je Hektar bewegen. Dieser Wert würde dann fast verdoppelt. Über ein Punktesystem will die Arbeitsgruppe Mehrfamilienhäuser, Reiheneck- oder Reihenmittelhäuser bevorzugen. Steuern könnte man dies über privatrechtliche Kaufverträge, über Festsetzungen im Bebauungsplan und über Fördergelder, Rabatte oder Bonuspunkte für Vorhaben, die diese Zielsetzungen einhalten.

Ökologisches Bauen vorschreiben

Wären alle Zementhersteller weltweit eine Nation, so Hans Ley würden sie beim CO2- Ausstoß nach den USA und nach China den dritten Platz belegen. Ein Gemeinderat verwies auf eine Baufirma im Raum Esslingen, die nachhaltige Baustoffe verwendet. Holz sei in jedem Fall besser so Referent Ley, aber natürlich gebe es auch gute Recycling- Baustoffe. In den Bebauungsplänen soll der Einsatz von Photovoltaik vorgeschrieben werden, in Verbindung mit der Verpflichtung zur Einrichtung einer privaten Stromtankstelle für E-Autos. Für die Gebäudeheizung sollen rein regenerative Heizsysteme verwendet werden. Auf Bundesebene sei ein Verbot von Ölheizungen in Planung. Auch neue Gasheizungen, so Hans Ley, müssten nach und nach verboten werden. Die Gemeinde solle zertifizierte Passivhäuser mit entsprechender Wärmedämmung fördern. Der Zisternenbau und die Toilettenspülung mit Zisternenwasser soll gefördert werden, Grauwasser von Dusche und Bad könne man für die Toilettenspülung weiterverwenden. Sowohl auf Privatgrundstücken als auch auf Gemeindegrund solle die Gemeinde Grün-, Blüh- und Spielflächen vorschreiben. Abhängig von der Dachform, könne man auch die Dachbegrünung vorschreiben, eventuell alternativ zu Solaranlagen.

Kommunales Flächenmanagement

Grundsätzlich sollen, nach Vorstellung der Arbeitsgruppe, über den Bebauungsplan hinaus alle kommunalen Investitionen unter Klimavorbehalt stehen. Der Beirat schlägt vor, auf der Ebene des Verwaltungsverbandes einen Flächenmanager einzustellen. Dieser könne professionell in der kommunalen Flächenplanung agieren. Als Beispiel für ein gelungenes Flächenmanagement nannte der Sprecher die Kommunale Wohnbau GmbH in Hattenhofen, wobei Hattenhofen die einzige Verbandsgemeinde mit so einer privatrechtlichen Firma ist. Baugebiete sollen nur ermöglicht werden, wenn die Gemeinde im Besitz der Grundstücke ist. Um an private Grundstücke zu kommen, könne man den Eigentümern Wohneigentum statt Geld anbieten.

Problem: Gemeinde hat keinen Zugriff auf Baulücken

Für jede Verbandsgemeinde seien passende Vorschläge in dem Konzept erhalten, so BM Reutter. Der Schultes verwies auf drei realisierte Nahwärmenetze im Ort. Aktuell werden in Hattenhofen keine Mietwohnung, keine Eigentumswohnung und kein Bauplatz angeboten. Die Gemeinde kenne zahlreiche Leerstände und Baulücken, man komme aber an die Grundstücke nicht ran. Seit über 20 Jahren regle die Gemeinde nach und nach über Bebauungspläne die Nachverdichtung im Ort. Das eine seien jedoch die Festsetzungen und Angebote im Bebauungsplan, das andere die tatsächliche Umsetzung durch die Eigentümer. Im geplanten Baugebiet „Bäumle“, dessen Flächen bislang alle im Privatbesitz sind, sieht Reutter Zugriffsmöglichkeiten über Festsetzungen im Bebauungsplan und über Kaufverträge. Ob man mit bloßen Bonuspunkten und Anreizen die Eigentümer zum verdichteten Bauen bewegen könne, sehe er eher skeptisch. Freilich werde schon in diesem Anfangsstadium über Nachhaltigkeit in dem geplanten Wohngebiet diskutiert. Auch BM Reutter hält eine Verpflichtung zum Bau von Photovoltaikanlagen für richtig. Denn der Strom müsse ja irgendwo herkommen und die Sonne schicke keine Rechnung.

Kritik: Einwohnerzahl konstant, Wohnflächen wachsen

Ein Gemeinderat konnte viele Anregungen aus dem Vortrag mitnehmen. Der überhöhte Flächenfraß sei für Ihn sehr bedenklich. Seit 40 Jahren sei Hattenhofen bei rund 3000 Einwohnern geblieben, aber immer mehr Bauland entwickelt worden. Entsprechend des zunehmenden Wohlstands beanspruche jeder Einwohner mehr Quadratmeter als seine Vorfahren. Er selbst nehme sich dabei nicht aus. In Neubaugebieten dürfe man nicht mehr nur das klassische Einfamilienhaus mit Garten anbieten. Als Landwirt spüre er die zunehmenden Trockenjahre jetzt schon mehr als die Bevölkerung, die nur den Wasserhahn aufdrehen müsse..

Ein anderer Sprecher relativierte die Aussage zum Flächenverbrauch: Im größten Wohngebiet Bruckwiesen beispielsweise habe man mal rund tausend Einwohner gehabt. Nun sei durch den Wegzug der jüngeren Generation nur noch die Hälfte da. Aber durch den Einzug junger Familien erhöhe sich dort die Dichte wieder. Die Bevölkerungsentwicklung im gesamten Raum Bad Boll bleibe konstant, so Referent Hans Ley, aber die bebaute Fläche habe bis zu 50 Prozent zugenommen. Mit neuen Baugebieten wollten die Gemeinde neue Einwohner und damit Steuerzahler gewinnen, für die müsse man die Infrastruktur ausbauen und so habe man einen Kreislauf, aus dem man raus müsse. Wenn die Gemeinde an private Baulücken herankäme, so zwei Sprecher, wäre das ein Riesenschritt. Aber man könne die Eigentümer, die man ja kenne, nicht zwingen. Teilweise lägen Grundstücke seit 40 Jahren brach, da die Eigentümer auf das Geld nicht angewiesen seien. Diesen solle man anstatt Geld auf deren Grundstück, wenn es die Gemeinde kaufen und bebauen kann, eine neue Wohnung anbieten. Das stehe und falle alles, so BM Jochen Reutter, mit der Mitwirkungsbereitschaft der Eigentümer. Entsprechende Gesetze, um dies durchzusetzen, sehe er nicht.

 

PM Gemeindeverwaltung Hattenhofen

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