Bücher aus dem Feuer

Am Donnerstag, 10. Mai, um 17 Uhr, findet auf dem neu gestalteten Kornhausplatz eine Veranstaltung zum Tag der Bücherverbrennung statt: Anlässlich des 85. Jahrestages der öffentlichen Verbrennung von Büchern, deren Autoren den Nationalsozialisten als „undeutsch“ missfielen, liest Ilona Abel Utz in einer Veranstaltung der Stadtbibliothek und des Kulturreferats der Stadt Göppingen Texte von „verbrannten“ Autorinnen und Autoren.

Im Mittelpunkt der diesjährigen Lesung stehen Lyrik und Prosa von Walter Mehring, dazu Lyrik seiner Freundin Mascha Kaleko und seines Weggefährten Kurt Tucholsky. Die musikalische Begleitung übernehmen Thomas Reil (Klarinette) und Siggi Köster (Akkordeon).

Berlin, Weimarer Republik, die „roaring twenties“: Der Name Walter Mehring ist bekannt, geschätzt von den einen und gehasst von denen, die als „dunkle Macht des Grauens“ Deutschland in den Griff bekommen sollten. Mehring trifft mit seiner messerscharfen Lyrik den Rhythmus der Zeit. Er ist einer der wichtigsten Exponenten der Dada-Bewegung in Berlin, Kurt Tucholsky nennt ihn „unser aller Meister“. Als Texter des Kabaretts von Max Reinhardt macht er Furore, lebt von 1921 bis 1928 als Korrespondent in Paris. Doch die „Lumpen des österreichischen Tapezierers“ lassen sich nicht lumpen: Sie verfolgen den „Entarteten“. Am 27. Februar 1933, dem Abend des Reichstagsbrandes, flieht Mehring nach Paris, 1935 wird er kurzerhand als einer der ersten deutschen Schriftsteller „ausgebürgert“. Stets ist er auf der Flucht, stets muss er den Nazi-Häschern entkommen: erst nach Paris, dann nach New York. Dort schreibt er seine wunderbare „Verlorene Bibliothek“. Zurück im befreiten Europa hält sich Mehring notdürftig über Wasser. Er sucht im Tessin Halt, lebt in Hotels, die bald zu Absteigen werden. Sein ganzes Hab und Gut hat er in zwei, drei abgegriffenen Koffern untergebracht. Die Schriftstellerin Maja Beutler zieht das bittere Fazit: „Unsere Zeit hat ihn vergessen, bevor er gestorben war.“ Aber das Werk lebt: nicht gerade leichtverdaulich, bissig, voller Witz und Ironie, bisweilen auch herrlich komisch – immer aber wahrhaftig.

Die Lesung geht bis circa 18 Uhr; der Eintritt beträgt sieben Euro.

PM Stadt Göppingen Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

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