Welches Lebensmittel ist die dreisteste Werbelüge des Jahres? Darüber können Verbraucher:innen ab heute bei der Wahl zum Goldenen Windbeutel auf www.goldener-windbeutel.de abstimmen. Die Verbraucherorganisation foodwatch hat fünf Produkte nominiert, die exemplarisch für Etikettenschwindel im Supermarkt stehen: den “Pretty Little Meal”-Riegel von Offset Nutrition, die Heisse Tasse Champignon Creme von GB Foods, das Cremissimo Bourbon Vanille-Eis von Langnese, den veganen Schinken Spicker Mortadella von Rügenwalder Mühle und die Obsties von Alete bewusst. foodwatch forderte die Bundesregierung auf, endlich entschlossen gegen Verbrauchertäuschung vorzugehen. Beispielsweise müssten Lebensmittelhersteller und Handel dazu verpflichtet werden, versteckte Preiserhöhungen klar zu kennzeichnen, wie es in Frankreich der Fall ist.
„Prominent beworbene Zutaten, die nur in winzigen Mengen vorhanden sind, hochverarbeitete Zuckerbomben, die für viel Geld als gesund verkauft werden und Shrinkflation-Mogelpackungen, bei denen die Hersteller still und heimlich den Inhalt schrumpfen: Statt auf ehrliche Produkte setzt die Lebensmittelindustrie vielfach auf Verbrauchertäuschung”, sagte Dr. Rebekka Siegmann von foodwatch. „Verbraucher:innen werden abgezockt, weil in Berlin der politische Wille fehlt, gegen die weit verbreiteten Werbelügen im Supermarkt vorzugehen. Die Bundesregierung muss den Tricksereien der Lebensmittelindustrie endlich einen Riegel vorschieben.”
Das sind die fünf Kandidaten für den Goldenen Windbeutel 2024:
Kandidat Nr. 1: Alete bewusst Obsties Erdbeere Banane mit Joghurt von der Humana Vertriebs GmbH
Alete bewusst präsentiert seine „Obsties“ als kinderfreundlichen Snack. Die Aussage „Ohne Zuckerzusatz“ suggeriert eine gute Nährwertqualität. Dabei enthält der Snack beachtliche 72 Gramm Zucker pro 100 Gramm. Mit so einem hohen Zuckergehalt sollte das Produkt nach den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation nicht an Kinder beworben werden.
Kandidat Nr. 2: Heisse Tasse Champignon Creme von GB Foods Deutschland GmbH
GB Foods wirbt auf seiner Heissen Tasse prominent mit „echtem Gemüse“, groß abgebildet sind frische Champignons. Doch ein Blick auf die Zutatenliste zeigt: Die Suppe enthält gerade einmal zwei Prozent Gemüse. Stattdessen vor allem enthalten: modifizierte Kartoffelstärke, Palmöl und Glukosesirup.
Kandidat Nr. 3: Langnese Cremissimo Bourbon Vanille von Unilever
Die Vanille-Eiscreme von Langnese ist ein besonders dreistes Beispiel für Shrinkflation. Unilever hat die Packungsgröße von 1300 ml auf 900 ml verringert, aber den Preis von 3,99 Euro beibehalten. Verbraucher:innen bekommen fürs gleiche Geld fast ein Drittel weniger Inhalt – eine Preiserhöhung von 44 Prozent!
Kandidat Nr. 4: Offset Nutrition Pretty Little Meal Bar (Naked Apple White + Crisp) von Famous Brands GmbH
Offset Nutrition bewirbt den „Pretty Little Meal“-Riegel vor allem auf Social Media als „Hauptmahlzeitenersatz“ und verspricht: „So easy & lecker war gesunde Ernährung noch nie!“ Tatsächlich stecken darin fast fünf Zuckerwürfel, der Riegel bekäme den roten Nutri-Score E. Prof. Dr. Diana Rubin, Leiterin des Zentrums für Ernährungsmedizin und Diabetologie des Vivantes Humboldt Klinikums bewertet den Schokoriegel als „hochverarbeitetes Lebensmittel mit überwiegend ungünstigen Inhaltsstoffen.“ Künstliche Vitamine und Mineralstoffe würden zugesetzt, „um das Nahrungsmittel werbetechnisch bestmöglich vermarkten zu können.“
Kandidat Nr. 5: Veganer Schinken Spicker Mortadella von Rügenwalder Mühle
Hersteller Rügenwalder Mühle bewirbt seinen Veganen Schinken Spicker Mortadella auf der Vorderseite der Verpackung mit dem Claim „Auf Basis von Sonnenblumenkernen“. Tatsächlich enthalten sind jedoch gerade einmal 2 Prozent Sonnenblumenprotein. Das Produkt besteht überwiegend aus Trinkwasser, Rapsöl und Bambusfasern.
Bis zum 30. Juni können Verbraucher:innen auf www.goldener-windbeutel.de aus den fünf Kandidaten ihren Favoriten für den Preis der dreistesten Werbelüge wählen.
foodwatch engagiert sich seit langem gegen Verbrauchertäuschung und fordert verbesserte Kennzeichnungsregeln. Diese fallen zwar häufig unter EU-Lebensmittelrecht. Doch habe auch die Bundesregierung nationale Spielräume, um Verbraucher:innen vor irreführenden Werbeaussagen zu schützen, so foodwatch. Aktuell könne sie etwa bei Shrinkflation aktiv werden. foodwatch forderte die Bundesregierung auf, sich an Frankreich ein Beispiel zu nehmen: Dort müssen Supermärkte ab Sommer 2024 versteckte Preiserhöhungen kenntlich machen.
Um auf das Problem der Verbrauchertäuschung im Lebensmittelbereich hinzuweisen, verleiht foodwatch seit 2009 den Goldenen Windbeutel – 2024 zum dreizehnten Mal. Bisherige Preisträger waren unter anderem der Trinkjoghurt Actimel von Danone (2009), die Milch-Schnitte von Ferrero (2011) und das „Smart Water“ von Coca-Cola (2018). Vergangenes Jahr gewann Intersnack Deutschland für seine Pom-Bär Ofen-Minis den Negativpreis. Viele Hersteller reagierten auf die foodwatch-Kritik. 2022 etwa stoppte Rewe eine irreführende „klimaneutral“-Werbung auf Hähnchenfleisch.
PM foodwatch e.V.