Reichlich Schotter auf dem Bankkonto ist ein Grund zum Jubeln, auch für Naturschützerinnen und Naturschützer. Aber ein Schottergarten ist für sie ein Albtraum. Warum sich der Trend zum Schottergarten auf falschen Tatsachen entwickelt hat und wie sich eine graue Steinwüste zurückbauen lässt – NABU-Gartenexpertin Aniela Arnold erklärt die Fakten, und warum sich der Rückbau für die Artenvielfalt und auch für die Gartenbesitzenden selbst lohnt.
Fakt 1: Schottergärten sind teuer und pflegeintensiv
Pflegeleicht? Von wegen: Schotterflächen muss man außerdem regelmäßig von Blättern und Pflanzenaufwuchs befreien. Dies geschieht oft mit dem Laubbläser oder Hochdruckreiniger. Die Geräte sind laut, verbrauchen viel Energie und schaden Kleinstlebewesen. Kies und Steine können mit der Zeit Moos und Algen ansetzen, was ungepflegt wirkt. Wird die Fläche nach einigen Jahren unansehnlich, muss sie komplett abgetragen, der Kies gewaschen, das Vlies unter dem Kies erneuert und der saubere Kies wieder aufgelegt werden. Auch das ist teuer, aufwändig und verbraucht noch mehr Energie. Und die Anlage eines Schottergartens ist auch nicht billig.
Fakt 2: Schottergärten sind Hitzeinseln
Im Sommer erhitzen sich die Steine und strahlen die Wärme dann nachts ab. Schotterflächen können Wasser schlechter speichern. Meist fehlen zudem die Pflanzen, die das Wasser über ihre Blätter verdunsten sowie Schatten spenden. Der Kühlungseffekt solcher Flächen ist daher gleich null. Zudem fehlen Pflanzen mit Blättern, die feine Staubpartikel aus der Luft filtern können, Staub und Stickstoffdioxid reichern sich an. Auf der Steinwüste ohne Vegetation wird Straßenlärm nicht abgemildert, sondern verstärkt.
Fakt 3: Unter Schotter regen sich keine Regenwürmer
In einer Handvoll Bodenerde tummeln sich normalerweise mehr Lebewesen, als es Menschen auf der Erde gibt. Doch in Schottergärten leidet das Bodenleben und die Bodenfruchtbarkeit geht verloren. Der Boden ist verdichtet und durch Folie und Vlies von der Luft abgeschnitten. Regenwürmer und andere Bodenlebewesen finden keine Nahrung. In der fortschreitenden Klimakrise sind Schottergärten zusätzlich kontraproduktiv. Starkregen kann auf versiegelten Flächen zum Problem werden. Regenwasser versickert nur langsam und so steigt das Risiko für Überschwemmungen, da die Kanalisation die Wassermassen nicht fassen kann. Zudem gehen die Grundwasservorräte leer aus. In vielen Kommunen gelten Schottergärten als versiegelte oder teilversiegelte Flächen und es fallen zusätzlich Abwassergebühren und eventuell eine höhere Grundsteuer an.
Fakt 4: Nicht alle Steingärten sind ein Problem
Steine können im Garten ein wichtiges Gestaltungsmittel sein, etwa als Trockenmauer oder Wegebelag. Fachgerecht angelegte, naturnahe Kiesgärten oder alpine Steingärten etwa sind meist sehr pflanzen- und artenreich. Verzichtet man auf Folie, kann Wasser im Boden versickern. Solche Gärten beherbergen spezialisierte Pflanzen, die naturgemäß an sonnigen, trockenen, humus- und nährstoffarmen sowie wasserdurchlässigen Extremstandorten vorkommen, zum Beispiel auf natürlichen Trockenstandorten wie Trockenrasen oder in Kiesgruben und Steinbrüchen.
Fakt 5: Schottergärten sind verboten
Die Anlage von Schottergärten widerspricht der Landesbauordnung und dem Naturschutzgesetz. Nach der Landesbauordnung müssen nicht überbaute Flächen von bebauten Grundstücken Grünflächen sein (§ 9). Auf diese Vorgabe bezieht sich auch § 21a Landesnaturschutzgesetz. Die Bestimmung schreibt zudem vor, dass Gartenflächen insektenfreundlich und wasseraufnahmefähig zu gestalten sind.
Fakt 6: Zurück zu den Wurzeln: Grüne Gärten
Weil Schottergärten gegen die Landesbauordnung verstoßen – und das seit 1995 – sind seitdem gebaute Anlagen illegal und unterliegen grundsätzlich einer Rückbaupflicht. Immer mehr Kommunen machen Ernst, so etwa Karlsruhe, Ulm, Pforzheim oder Mannheim. Denn Steinwüsten konterkarieren wichtige Maßnahmen zum Klimaschutz in den Städten, die sich immer weiter aufheizen. Einige Kommunen fördern den Rückbau finanziell oder bieten Informationen, wie die Stadt Lörrach. Wer blühende Stauden, Bäume, Hecken und andere grüne Elemente in den Garten zurückzuholen, verbessert das Mikroklima, bietet Tieren Nahrung und Lebensraum, beugt Überschwemmungen vor und sorgt optisch für Vielfalt. Wer klare Formen mag, kann seinen Garten trotzdem gut strukturieren, zum Beispiel durch Hecken und Wege.
Fakt 7: Rückbau in wenigen Schritten möglich
„Durch die richtige Bepflanzung mit heimischen Sträuchern und Blumen bieten selbst kleine Vorgärten vielen Tieren einen Lebensraum. Schaffen Sie eine Naturoase direkt vor der Haustüre und leisten Sie damit Ihren Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt“, wirbt Aniela Arnold für den Rückbau von Schottergärten. Dieser lässt sich im Ganzen oder in Teilschritten umsetzen. Ein Haufen Schotter kann zum Reptilienversteck werden, das Vlies darunter wird entfernt und die restlichen Steine werden mit Sand und Kompost vermischt. Danach kann gesät oder bepflanzt werden. Besonders gut gedeihen auf solchen Flächen Steingartenpflanzen und trockenheitsverträgliche Wildstauden.
Hintergrund:
Anleitung zum Rückbau: So kommt wieder mehr Natur ins Beet
Infos des NABU zum Ökosystem Boden
Foto (© NABU/Claudia Wild): Steinwüste vor Mehrfamilienhaus,
PM NABU (Naturschutzbund Deutschland), Landesverband Baden-Württemberg e. V.