Der Advent ist die Zeit der kleinen und größeren selbstgemachten Basteleien. Wurden früher mit dem Schnitzmesser Figuren aus Holz geschaffen, so sind im digitalen Zeitalter Computer, 3D-Drucker und Kunstharz zunehmend das Arbeitsmittel der Wahl. Die Errechnung der Stützelemente für den 3D-Druck von Figuren kann unangenehme Überraschungen zeitigen. Das bereits detaillierte 3D-Modell degeneriert zu einem Aggregat von Stützstreben. Eine außer Verhältnis zum Produktwert stehende Menge von Kunstharz würde im Druck verbraucht werden. Um Zeit und Material zu sparen lohnt sich für Amateure ein Blick auf die etablierte Methodik der industriellen Produktion im Bereich Kunststoff Spritzgussteile.
Wäre das 3D-Modell „skinned“, alle Vertices (Eckpunkte der Oberflächenpolygone) durch Gewichte mit dem „Rig“, dem Skelett aus Punkten und Linien, verbunden, ließe sich die Statik mit überschaubarem Aufwand heilen.
Das Problem an dieser Überlegung ist der einleitende Konjunktiv „wäre“. Für eine humanoide Figur etwa, die nur in ein bis zwei Posen gedruckt werden soll, wäre bereits die Erstellung eines passenden Rigs nach X3D Hanim LOA-3 Detailgrad mit 94 Gelenken das Werk eines Tages. Hinzu käme das Skinning der Figur, die Gewichtung von Gelenkrotationen und Gelenktranslationen pro Vertex. Für eine Figur ohne Anforderung an in Echtzeit durchgängige Animierbarkeit stünde diese mühsame Arbeit außer Verhältnis zum Aufwand der Modellierung selbst.
Wie professionelle Kunststoffverarbeiter Fehlproduktionen vermeiden
Spritzguss mit Polypropen ist kein Resindruck und Ansprüche an die Robustheit von industriellen Fertigungsprozessen lassen sich nicht eins-zu-eins auf die heimische Fertigung eines kleinen Sortiments in kleiner Auflage übertragen.
Hingegen lässt sich die Überlegung von HSV TMP zu Kunststoff-QuickScans übertragen – das Prinzip, ein Modell so früh wie möglich auf Produktionsfähigkeit zu testen.
Wie aber gelangt man ohne Spezialsoftware in der heimischen Werkstatt früh zu substantiellen Erkenntnissen zu Statik von Figur und Pose?
Rapid Prototyping – den Modellierungsprozess auf den Fertigungsprozess ausrichten
Ausgangsform bei der Modellierung von Figuren sind meist platonische Körper – konvexe Polyeder mit maximaler Symmetrie. Deren Polygonzahl ist um mehrere Größenordnungen kleiner als die des Modells, das daraus entstehen soll.
Unabhängig davon, ob das finale Modell durch sukzessives Ausformen des/der ursprünglichen Polyeder entsteht oder durch Bedecken mit einer neuen Topologie, es ergibt sich auf dem Weg zum fertigen Modell eine Gliederpuppe mit niedrigem Detailgrad. Diese kann infolge von Rotationssymmetrien einfach oder im Idealfall automatisch skinned werden. Für das zugrunde liegende Rig genügt gleichfalls der Detailgrad einer üblichen Gliederpuppe.
Diese Gliederpuppe wird mittels des Rigs in die gewünschte Pose gebracht und durchläuft testweise den Prozess von (algorithmischer) Subdivision nach Catmull-Clark, Solidifying, STL-Tesselierung und Slicing bis zur Berechnung der Stützstreben.
Mit moderater Übertreibung der peripheren Komponenten der Gliederpuppe werden durch dieses Verfahren statische Probleme frühzeitig identifiziert. Diesen Problemen kann zu diesem frühen Zeitpunkt der Modellevolution noch mit vertretbarem Aufwand entgegengewirkt werden.
Fazit
Die industrielle Kunststoffverarbeitung im Spritzgussverfahren liefert trotz Unterschieden in Verfahrenstechnik, Prozesskette und Skalierung einen Ansatz zur Optimierung des Workflows im 3D-Druck.
Durch Rapid Prototyping werden später nur aufwändig zu behebende statische Probleme im 3D-Modell früh erkannt. Das Testen der Prozesskette auf Basis von Modellen bis zum Druckmodell erlaubt Korrekturen bei noch niedriger polygonaler Komplexität.
Im Gegensatz zu späteren Produktionsschritten sind Änderungen an Modell und Pose zu diesem frühen Zeitpunkt noch mit vertretbarem bis vernachlässigbarem Aufwand möglich.
Widrigkeiten und Aufwände der Modelländerung nach Abschluss der Modellierung werden bei geringem Aufwand vermieden.
Grafik von pixabay
PM