NABU: Verluste bei jeder zweiten Vogelart

BirdLife-Statusbericht zeichnet stark besorgniserregenden Zustand der globalen Vogelwelt / Negativtrend zeigt sich auch in Baden-Württemberg

Fast die Hälfte aller Vogelarten weltweit weist Verluste auf. Das zeigt der am 27. September veröffentlichte Bericht „State of the World’s Birds 2022“ des NABU-Dachverbands BirdLife International, der alle vier Jahre erstellt wird. Viele Vogelpopulationen sind demnach sogar stark dezimiert. Vom Aussterben bedroht ist derzeit laut der jüngsten internationalen Roten Liste jede achte Vogelart.

Auch an Baden-Württemberg geht der Vogelschwund nicht spurlos vorbei: „Um viele Vogelarten im Land steht es nicht gut. ­­Die Intensivierung der Land- sowie Forstwirtschaft und die Auswirkungen des Klimawandels auf Zug- sowie heimische Vögel sind die Hauptursachen für die negativen Entwicklungen der Vogelpopulation im Land“, sagt Stefan Bosch, Fachbeauftragter für Ornithologie des NABU Baden-Württemberg.

Gründe für den Vogelschwund

Weltweit stehen den 49 Prozent abnehmenden Vogelarten lediglich sechs Prozent Zunahmen entgegen. Seit dem Jahr 1500 gelten inzwischen 187 Vogelarten als ausgestorben. „In Baden-Württemberg allein gehören insgesamt 27 Arten, darunter Haselhuhn, Flussuferläufer und Raubwürger, als erloschen. Weitere 28 Arten (14 Prozent) sind vom Erlöschen bedroht und weitere 15 Arten (7,5 Prozent) sind stark gefährdet“, sagt NABU-Vogelexperte Bosch.

Ein wesentlicher Grund für den schlechten Zustand der weltweiten Vogelbestände liegt laut BirdLife-Bericht in der Landwirtschaft. Die zunehmende Mechanisierung, der Einsatz von Agrochemikalien und die Umwandlung von Grünland in Ackerland haben dazu geführt, dass die Zahl der Feldvögel in Europa seit 1980 um 57 Prozent zurückgegangen ist. Weltweit sind die Ausweitung und Intensivierung der Landwirtschaft das größte Problem für die Vögel der Welt und betrifft 73 Prozent aller bedrohten Arten. Problematisch ist auch nicht nachhaltige Waldbewirtschaftung und Abholzung, wobei der Verlust von über sieben Millionen Hektar Wald weltweit – jedes Jahr eine Fläche so groß wie Irland – die Hälfte aller bedrohten Vogelarten betrifft.

Die Klimakrise ist ebenfalls eine erhebliche Bedrohung und zeigt bereits verheerende Auswirkungen auf die Vögel der Welt. 34 Prozent der bedrohten Arten sind bereits betroffen. Geringere Niederschläge für Feuchtgebietsarten, reduzierte Verbreitungsgebiete von Gebirgs- und polaren Vogelarten gehören zu den Problemen wie auch zunehmende Brände, Dürren und Stürme.

Trend aufhalten und der Vogelwelt helfen

Der BirdLife-Bericht zeigt aber auch, dass durch entschlossenes Handeln Arten gerettet und Natur wiederhergestellt werden kann. Für die Vogelpopulation in Baden-Württemberg ist es unerlässlich, dass das im Koalitionsvertrag angekündigte Bodenbrüterprogramm umgesetzt wird: „Bei Bodenbrütern wie Kiebitz, Rebhuhn und Grauammer herrscht höchste Alarmstufe. Es wäre eine folgenschwere Fehlentscheidung, wenn die Landesregierung das Bodenbrüterprogramm erst ankündigt und jetzt fallen lässt“, appelliert NABU-Landesvorsitzender Johannes Enssle.

Auch die windkraftsensiblen Vogelarten benötigen beim Ausbau der erneuerbaren Energien unsere Unterstützung: „Es braucht Investitionen für den Schutz von Vogelarten, die durch den Betrieb von Windenergieanlagen in besonderer Weise betroffen sind. Nur so kann verhindert werden, dass der beschleunigte und massive Ausbau der Windkraft nicht zu Lasten der Vogelwelt geht“, sagt Johannes Enssle.

Seit 2013 haben 726 weltweit bedrohte Vogelarten direkt von den Maßnahmen der BirdLife-Partnerschaft profitiert. Viele Vogelarten wären ohne gezielten Artenschutz ausgestorben. So wurden etwa 450 wichtige Vogel- und Biodiversitätsgebiete (IBAs) durch die Lobbyarbeit von BirdLife Partnern als Schutzgebiete ausgewiesen.

Bedrohte Zugvögel auf der Wanderung können von Interessierten am Birdwatch-Wochenende am 1. und 2. Oktober beobachtet werden. Der NABU lädt ein, in die faszinierende Welt der Zugvögel einzutauchen. Mehr dazu unter www.NABU.de/birdwatch.

BirdLife-Bericht zum Download: https://www.birdlife.org/papers-reports/state-of-the-worlds-birds-2022/

 

PM NABU (Naturschutzbund Deutschland), Landesverband Baden-Württemberg e. V.

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