Eine Verlängerung des Teil-Lockdowns zeichnet sich ab und wird aller Voraussicht nach weiterhin auch die Gastronomie betreffen; eine der Branchen, die bislang mit am stärksten unter den Folgen der Corona-Pandemie leidet. So notwendig die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie auch sind, so droht durch sie der Verlust eines gewichtigen Teils der Gastronomie und damit zentraler Kultur- und Begegnungsräume für Menschen in diesem Land. Slow Food fordert tragfähigere Hilfsprogramme für die Gastronom*innen und jene Netzwerke, die sich für eine zukunftsfähige Erzeugung unserer Lebensmittel stark machen.
Bereits seit Anfang November muss ein Großteil der Gastronomie hierzulande erneut schließen. Für die meisten Betreiber*innen bedeutet das einen beinahe vollständigen Verlust ihrer Einnahmen, der weder durch vorübergehende Abhol- und Lieferservices noch durch die Hilfsprogramme in Gänze aufgefangen wird. Sollte dieser Lockdown verlängert werden, wird es insbesondere für einige kleinere Betriebe existenzbedrohend.
Eine Umfrage unter den Mitgliedern des Köch*innen-Netzwerks von Slow Food, der Chef Alliance, zeigt deutlich: Die Lage ist angespannt; finanzielle Reserven sind aufgebraucht; neue Kredite müssen aufgenommen, laufende verlängert werden; Hygienekonzepte sind zunichte gemacht. Die Mitarbeitenden können selbst mit Kurzarbeitergeld ihren Lebensunterhalt kaum mehr bestreiten. Immer mehr Fachkräfte verlassen die Gastronomie. Hinzu kommt, dass lokale Wertschöpfungsketten unterbrochen sind. Jens Witt, Leiter der Chef Alliance, warnt: „In unseren lokalen Netzwerken arbeiten wir sehr eng und vertrauensvoll mit unseren Partner*innen zusammen. Manche Erzeuger*innen sind so klein und spezialisiert, dass sie von einzelnen Gastronomiebetrieben abhängen. Die Schließungen werden dadurch auch für sie unverschuldet zu einer Gefahr.“ Das wird in der bisherigen Debatte kaum berücksichtigt, obwohl die Pandemie gezeigt hat, wie wichtig funktionierende lokale Netzwerke für die Versorgungssicherheit sind.
Die ohnehin seit Beginn der Krise prekäre finanzielle Situation von Gastronom*innen wird durch die Bemessungsgrundlage und bürokratischen Hürden aktueller Überbrückungshilfen sowie die fehlende Planungssicherheit erschwert. „Während wir die Hilfen erst seit wenigen Tagen beantragen können, sind unsere laufenden Kosten bereits abgebucht. Alle, die durch den Lockdown praktisch mit einem ‚Berufsverbot‘ belegt werden, müssten unbürokratisch eine Grundsicherung erhalten. Hinzu kommt die fehlende Perspektive. Das Vertrösten von Woche zu Woche ist fatal. Wenn wir wüssten, dass es mindestens drei Monate dauert, könnten wir anders planen. So ist es ein ‚Sterben‘ auf Raten für viele Kolleg*innen,“ fürchtet Bernhard Wolf, von machtSINN im bayerischen Holzkirchen. Er ist einer von inzwischen 50 Köch*innen der Chef Alliance, die die Hilfsgelder für November selbstverständlich begrüßen. Diese aber sind ein Tropfen auf den heißen Stein, der teils laufende Kosten, nicht aber die verloren gegangenen Gewinne abdeckt. Letztere können zu keinem Zeitpunkt aufgeholt werden. Im Fall einer Fortführung des Lockdowns fordert Slow Food eine kritische Prüfung bestehender Maßnahmen in Hinblick auf die Gastronomie und mittel- und langfristiger Hilfen für die Betriebe und ihrer Netzwerke; beispielsweise:
- Eine schnellere und unbürokratische Abwicklung von Zahlungen sowie eine fairere Bemessungsgrundlage.
- Ausgleich von betrieblichen Fixkosten und Erstattung eines Unternehmerlohns in angemessener Höhe.
- Flexiblere Lösungen für die Beschäftigung bestehender Mitarbeiter in anderen Aufgabengebieten.
- Eine besondere Berücksichtigung klein- und mittelgroßer Betriebe entlang der Wertschöpfungskette, die von der Krise der Gastronomie unmittelbar getroffen sind.
PM Slow Food Deutschland e. V.