Würde man eine Hitliste der christlichen Feste aufstellen, wäre Weihnachten völlig unumstritten auf dem ersten Platz. Trotz zurückgehender Kirchlichkeit wird das Fest der Geburt Jesu so intensiv gefeiert wie kein anderes. Menschen, die das ganze Jahr hindurch kaum einen Gottesdienst besuchen, machen sich an Weihnachten auf in die Kirche. Was hat es mit diesem Fest auf sich? Warum ist es nach wie vor so wichtig?
Klar, ein guter Teil des Weihnachtsfestes ist Folklore. Der Weihnachtsbaum, die Lichter und die schönen Lieder ergeben gemeinsam mit Plätzchen und Festtagsessen einen wunderschönen Rahmen für ein fröhliches Fest. Schön, wenn auch noch Kinder oder Enkelkinder dabei sind! Dann kommen jede Menge gute und freudige Gefühle zusammen. Ein Fest der Liebe und der Wärme, ein Kinder- und Familienfest. Schön, dass es Weihnachten gibt!
Doch worum geht es tatsächlich hinter aller Folklore und allen Gebräuchen? Ganz einfach darum, dass ein Kind geboren wird, Jesus. Und dieses Kind ist nicht nur irgendein Kind wie so viele andere – in ihm kommt Gott selbst zur Welt. Er wird Mensch und lässt sich ganz und gar ein auf diese Welt!
Diesen Gedanken hat einst die amerikanische Sängerin Joan Osborne in ihrem einzigen Hit „One of us“ aufgenommen. In ihm spielt sie mit dem Gedanken, dass Gott vielleicht so sein könnte wie jemand von uns. So heißt es in diesem Lied:
„Aber was wäre, wenn Gott einer von uns wäre? Genauso ein Schlamper wie wir. Ein Fremder im Bus, der seinen Weg nach Hause sucht?“
So provokativ das für mache klingen mag – aber genau das ist mit Weihnachten gemeint. Gott lässt sich ein auf die Bedingungen des Menschseins, wird einer von uns. Er teilt die Freude am Leben mit uns, aber auch das Leiden an dem, was das Leben schwermacht. Gott ist jemand, dem man im Alltag begegnen kann, auf der Straße oder im Bus. Kein Gott, der über den Wolken thront, unerreichbar und unverständlich ist. Sondern eben: Einer von uns, one of us.
Im Johannesevangelium klingt derselbe Gedanke so: „Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns“ (Johannes 1, 14).
Ich wünsche Ihnen, dass Sie in diesen Tagen etwas von Gottes Nähe wahrnehmen. Durch das Kind von Bethlehem, durch Jesus Christus ist er uns ganz nahegekommen. Und das ist wirklich Grund zu feiern!
Dekan Rolf Ulmer, Göppingen