Sonntagsgedanken: Gedanken in der Gegenwart

Zu ca. 98 %, so meine Information, befinden wir uns gedanklich in der Vergangenheit oder in der Zukunft und nur in den restlichen 2 % unserer Lebenszeit in der Gegenwart. Diese Aussage hat mich dazu angeregt, mich selbst zu beobachten. Und ich möchte Sie ebenso dazu einladen.

Es ist verblüffend, wie oft die Gedanken in die Vergangenheit schweifen, indem wir z. B. die Vergangenheit, die wir nicht selten vergolden, als Maß nehmen und dann enttäuscht sind, weil die Realität uns im Vergleich dazu karg und ernüchternd vorkommt. Oder wir machen uns oder anderen immer und immer wieder Vorwürfe: Hätte ich doch…!!! Wie konnte sie oder er damals nur…!?!

Oder wir befassen uns intensiv mit der Zukunft, mit Plänen und Erwartungen, Sorgen und Ängsten. Wie oft kommt es vor, dass wir uns Sorgen machen wegen etwas, das auf uns zukommt, und erleben dann, dass alles ganz anders kommt und wir uns umsonst Sorgen gemacht haben. Oder wir malen uns genau aus, wie etwas werden soll, bauen hohe Erwartungen auf und sind dann bitter enttäuscht, wenn es nicht so eintrifft.

Mit solchen Arten der Vergangenheits- und Zukunftsbeschäftigung machen wir uns selbst das Leben schwer, vor allem dann, wenn wir diese intensiv betreiben.

Ich möchte Sie mit diesen Zeilen einladen, mit der Aufmerksamkeit immer wieder im Hier und Jetzt, also ganz da zu sein. Denn nur im Hier und Jetzt können wir leben, gestalten, fühlen und erleben, uns einbringen – lebendig sein. Die Bibel bestätigt uns dabei. Im 2. Korintherbrief ist zu lesen: Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade, siehe, jetzt ist der Tag des Heils!

Wozu möchte uns diese Verheißung einladen? Im Hier und Jetzt kann ich den Gesang der Vögel hören und mich daran erfreuen, kann mich von einem mir geschenkten Lächeln anstecken lassen, kann das Stück blauen Himmels an einem trüben Tag entdecken, kann die Nahrung, die ich zu mir nehme, riechen und schmecken und genießen, kann mich freuen, am Leben zu sein.

Im Hier und Jetzt können wir unsere Gefühle und Gedanken und Bedürfnisse erkennen. Dies ist wichtig, um uns selbst kennen zu lernen, um gut für uns selbst sorgen und zufrieden leben zu können.

Ganz da zu sein ist auch für die Begegnung mit anderen Menschen wichtig, denn nur so können Nähe und Intimität entstehen.

Die Kinder machen es uns vor: Im Hier und Jetzt sind wir dem Wunder des Lebens auf der Spur.

 

Beate Schlumberger

Klinikseelsorge, Klinik am Eichert

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