Mit Blick auf einen aktuellen Tierschutzfall in einem Schweinemastbetrieb im Alb-Donau-Kreis hatte Minister Hauk die Branche zu einem Runden Tisch nach Stuttgart eingeladen. Ziel des Gesprächs war es, sich mit den Anwesenden über aktuelle Tierschutz- und Tierhaltungsfragen auszutauschen und mögliche Verbesserungen zu erörtern.
„Allein die Teilnehmerzahl von über 80 Akteuren am Runden Tisch hat gezeigt, wie wichtig es Vertretern aus der gesamten Branche, von Verbänden, Verarbeitern und dem Tierschutz, ist, das Tierwohl zu stärken und dafür zu sorgen, dass der Verbraucher mit vollem Vertrauen und bestem Gewissen Fleisch kaufen kann. Ich danke allen Teilnehmern für ihre engagierte und aktive Beteiligung am Diskussionsprozess“, sagte der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk MdL, am Montag (14. November) in Stuttgart. Die Herausforderung sei, einerseits eine wettbewerbsfähige Erzeugung, und andererseits ein attraktives und wertiges Angebot für Verbraucherinnen und Verbraucher sicherzustellen.
Die Gesellschaft fordere heute bei der Haltung von Nutztieren hohe Tierschutzstandards ein. Die Verbraucherinnen und Verbraucher hätten einen berechtigten Anspruch auf hochwertige Lebensmittel aus gesunden und tiergerecht gehaltenen Nutztierbeständen. Es müsse ihnen aber auch klar sein, dass es hohe Standards nicht zum Billigpreis geben könne. „Eines hat mir der Austausch klar gezeigt: Wenn wir die Tierhaltung weiter verbessern wollen, reicht es nicht aus, an einer einzigen Schraube zu drehen. Nur wenn Tierhalter, Verarbeiter, Kontrolleure, Handel und Verbraucher alle gemeinsam ihren Beitrag leisten, können wir die gewünschten hohen Standards in der Tierhaltung flächendeckend umsetzen“, betonte Peter Hauk.
Tierschutz ist nicht allein Sache des Landwirts
„An Landwirte werden heute immer höhere Ansprüche gestellt, von der Politik, wie von der Öffentlichkeit. Um diesen nachkommen zu können, brauchen Landwirte unsere Unterstützung“, sagte Hauk.
„Zur Sicherstellung des Tierschutzes in der Nutztierhaltung gibt es vielfältige Ansatzpunkte und Maßnahmen. Unser Grundgedanke zielt immer darauf ab, die gesamte Fleischerzeugung, also von der Aufzucht bis zum Verzehr im Fokus zu behalten“, sagte der Minister. Es gehe nicht nur um die Bäuerinnen und Bauern, die für ihren betrieblichen Erfolg auf gesunde Tierbestände angewiesen seien, sondern auch um die Verarbeiter, den Handel und um die Verbraucher, denen eine besondere Verantwortung zu Teil werde. „Auskömmliche Erzeugerpreise sind die Grundvoraussetzung für einen wirtschaftlichen Erfolg der Landwirte. Wer glaubt, dass Produkte, die zu Schleuderpreisen verkauft werden, nach den geforderten höchsten Standards erzeugt werden können, ist auf dem Holzweg. Unser gemeinsames Ziel muss sein, dass die tierhaltenden Betriebe im Land ausreichende Erträge erwirtschaften können. Nur dann sind sie auch in der der Lage, ihre Tiere bestmöglich zu betreuen und in das Tierwohl zu investieren“, betonte Minister Hauk.
Dabei sei auch der Handel in der Pflicht. „Geiz ist geil hört beim Essen auf. Preistreiberei auf Kosten der Landwirte und damit auch auf Kosten des Tierschutzes ist unredlich. Dem Verbraucher wird vorgegaukelt, dass er Gutes zu immer niedrigeren Preisen kaufen kann. Dieses System funktioniert bei Lebensmitteln aber auf Dauer nicht. Das müssen Handel und Verbraucher einsehen“, forderte Hauk.
Ansätze zur Verbesserung des Tierwohls als Ergebnis des Runden Tisches
„Das Gespräch hat gezeigt, dass alle Beteiligten großen Wert auf eine gute Haltung der Nutztiere legen und signalisiert, dass man weitere Verbesserungen der bestehenden hohen Standards erzielen will. Probleme in einzelnen Tierhaltungen, die von den Medien herausgestellt werden, wollen wir gemeinsam angehen“, sagte Peter Hauk.
1) Bessere Vernetzung:
Der Informationsfluss im Falle von Mängeln in der Tierhaltung einzelner Betriebe müsse verbessert werden. „Viele Menschen und Institutionen haben Einblick in die Betriebsabläufe. Veterinäre, Schlachtbetriebe, Hoftierärzte, Kontrolleure von Vermarktungsorganisationen (Labelproduktion) sowie Viehhandel und die Tierkörperbeseitigung erlangen im Rahmen ihrer Tätigkeit Einblicke in den jeweiligen Betrieb. Wir müssen unter Beachtung des Datenschutzes und des Schutzes persönlicher Interessen sicherstellen, dass diese Informationen besser zusammengeführt und ausgewertet werden. Auffällige Betriebe könnten so schnell identifiziert und Fehlentwicklungen gegengesteuert werden“, erklärte der Landwirtschaftsminister. Bereits auffällig gewordene Betriebe müssen im Blick gehalten werden. Die Weitergabe solcher Daten bedarf allerdings entweder einer konkreten rechtlicher Grundlage oder des Einverständnisses des jeweiligen Betriebsleiters.
Bei allen mittleren und größeren Schlachtbetrieben ist die Umsetzung einer bundesweit einheitlichen Vorgabe für eine amtliche systematische Erfassung und Bewertung der Schlachtbefunde beim Schwein und Information von Tierhalter, Hoftierarzt und der zuständigen Behörden bei Auffälligkeiten im Gange. Entsprechende Erfassungs-, Auswerte- und Rückmeldesysteme sind in wenigen Wochen funktionsfähig. Das Ministerium werde für eine möglichst zeitnahe Umsetzung Sorge tragen.
Auch regte der Minister an, dass Veterinärämter und Tierkörperbeseitigungsanstalten enger kooperieren sollten. Auffällige Befunde bei der Abholung und Verarbeitung von Tierkörpern müssten den zuständigen Behörden gemeldet werden.
2) Qualitätszeichen geben dem Verbraucher Sicherheit – das muss so bleiben
„Gerade das Qualitätszeichen Baden-Württemberg bietet dem Verbraucher ein hohes Maß an Vertrauen – zu Recht. Wir werden in der nächsten Qualitätsbeiratssitzung im Dezember beispielsweise die Weiterentwicklung des Kontrollsystems, die Intensivierung der Vertragsbeziehungen zwischen Land, Erzeuger und Dienstleister sowie die weitere Vernetzung von Daten beraten, um entsprechende Anpassungen vornehmen zu können“, sagte Hauk.
3) Ansprechpartner in Krisenzeiten
„Die Erfahrung zeigt, dass Probleme in einer Tierhaltung meist auch einen menschlichen Aspekt haben. Viele Betriebe haben mit der Marktsituation, geringen Erlösen und damit fehlendem Spielraum für Investitionen sowie einer oft viel zu hohen Arbeitsbelastung zu kämpfen. Bei auftretenden Problemen wenden sie sich mitunter nicht rechtzeitig an die Behörden, weil sie Repressalien fürchten oder Angst davor haben, an den Pranger gestellt zu werden“, erklärte der Minister. Deshalb sei eine unabhängige Stelle nötig, an die sich Landwirte, die in Not seien, wenden könnten und die dann Hilfestellung gebe, wie ein Bauer aus seiner Notlage herauskomme, bevor ein Schaden für seine Tiere entstehe. Die Form, wie eine solche Anlaufstelle im Land aussehen könnte, würde derzeit geprüft.
4) Beratung verstärken
Ein wichtiger Punkt sei die Beratung und Weiterbildung der Landwirte. „Hier sehen wir den wirtschaftenden Menschen im Mittelpunkt, dem wir mit Rat und Tat zu Seite stehen. Er ist derjenige, der im Rahmen seiner unternehmerischen Freiheit vor Ort die Entscheidungen trifft“, sagte Peter Hauk. Gerade bei Spezialthemen zur Tierhaltung wolle man die Beratung sowie die Aus- und Weiterbildungsangebote verstärken. „Wenn ein Landwirt mit einer Situation überfordert ist oder nach vielen Jahren überlegt, wie er seinen Stall auf den aktuellen Stand der Zeit bringen kann, braucht er professionelle Beratung. Diese gibt es bereits, sie kann aber weiter ausgebaut werden“ sagte der Minister.
Eine 100 Prozentgarantie gegen Missstände in der Tierhaltung könne nie gegeben werden, denn dort wo Menschen arbeiteten, würden auch Fehler passieren. „Dennoch ist es wichtig, ein gutes Kontrollsystem zu haben, eine enge Vernetzung und eine schnelle Möglichkeit, dann einzugreifen, wenn sich Versagen andeutet. Die Gespräche haben gezeigt, dass durch die genannten Maßnahmen weitere Verbesserungen erzielt werden können“, erklärte Peter Hauk. „Aber auch an Tierschutzorganisationen appelliere ich: Einbrüche in Tierställe sind und bleiben verboten. Wenn Sie Missstände vermuten, informieren Sie die zuständige Tierschutzbehörde. Benutzen Sie das Versagen Einzelner nicht dazu, Propaganda zu machen. Diese hilft gerade auch den betroffenen Tieren am wenigsten“, so der Minister weiter.
Die Bundesregierung arbeite derzeit an einem Programm zum Tierwohl. „Ich habe bereits den Bundeslandwirtschaftsminister angeschrieben und angekündigt, dass Baden-Württemberg aktiv an diesem Prozess mitarbeiten wolle. Denn Maßnahmen für einen besseren Tierschutz können nicht allein im Land erfolgen, dazu bedarf es auch weiterer Aktivitäten auf Bundesebene“, erklärte Minister Hauk.
Hintergrundinformationen:
Weitere Informationen zu den Themen Landwirtschaft und Tierschutz finden Sie auf der Internetseite des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz unter www.mlr-bw.de.
PM