Sonntagsgedanken: Respekt und Vertrauen

Wenn die Menschen vergangener Zeiten an größeren Bauwerken gearbeitet haben wie z.B. an einer Kathedrale, haben die meisten deren Fertigstellung nicht mehr miterlebt. Trotzdem war ihr sorgsames und genaues Arbeiten wichtig dafür, dass das Bauwerk über die Jahrhunderte hinweg standhielt. Ihre Motivation konnten sie nicht aus dem Stolz über das fertige Werk beziehen, sondern aus der Bedeutung, der ihr persönlicher Beitrag für das Ganze hatte. Um auf diese Weise gut arbeiten zu können, mussten sie darauf vertrauen, dass die nachfolgenden Generationen nicht wieder alles einreißen, sondern auf den Steinen weiterbauen. Und es brauchte Respekt vor der Aufgabe, das eigene Werk musste auch als Grundlage für weitere Aufbauten taugen.

sabine-stoevhaseAm Sonntag beginnt die Caritas-Sammelwoche und diese steht in diesem Jahr unter dem Motto der Generationengerechtigkeit.

Lebt die ältere Generation zu Lasten der Jüngeren? Hinterlassen die Älteren den Jungen zu viele Baustellen? Diese Fragen stellt die diesjährige Kampagne. Und sie fordert dazu auf, uns für eine generationengerechte Gesellschaft einzusetzen, in der Junge wie Alte das finden, was sie für ein gutes Leben brauchen: Entwicklungsmöglichkeiten und positive Herausforderungen genauso wie Unterstützung, Respekt und Würde bis zur letzten Lebensphase. Wir lesen fast täglich, dass die Altersarmut drastisch und bis weit in die Mittelschicht hinein zunehmen wird. Und der drohende Pflegenotstand kann richtig Angst machen. Gleichzeitig wird in einigen Jahren ein Erwerbstätiger zwei Rentner versorgen müssen. Wie soll das alles gehen? Wir brauchen politische Lösungen, das ist keine Frage. Abe wir können uns auch persönlich dafür einsetzen. Manche Menschen im Ruhestand begleiten z.B. Jugendliche, die verschuldet sind oder Probleme mit dem Berufseinstieg haben. Nicht zu vergessen auch die Lesepaten oder nachbarschaftliche Unterstützung von jungen Familien durch älter Menschen.

Das ganze kann nur gelingen, wenn sich die Generationen gegenseitig Vertrauen und Respekt entgegenbringen. Und wenn wir darauf bauen, Teil einer guten Geschichte zu sein, die Gott mit uns weiterschreiben wird. Ich denke in diesem Zusammenhang an Abraham, der so wichtig war für Gottes Plan, das Volk Israel in die Freiheit und Eigenständigkeit zu führen. Er musste durch harte Wüstenzeiten gehen und die Ankunft im gelobten Land erlebte er nicht mehr mit. Aber jeder Schritt, den er machte und jede Entscheidung, die er traf, waren unerlässliche Stationen auf dieser langen Reise. Diese dauerte 40 Jahre und stand damals für eine ganze Generation. Abraham hat im Vertrauen auf seine Aufgabe die Verantwortung übernommen und damit eine stabile Grundlage gelegt für das Bauwerk späterer Generationen. Das können und müssen wir auch, jeder an seinem Platz, in der eigenen Familie, im Engagement für andere und in den politischen Entscheidungen. Mit Respekt vor der Aufgabe und im Vertrauen auf Gottes Begleitung.

Sabine Stövhase

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