Sonntagsgedanken: Im Frühling die Seele entrümpeln

Wenn die Frühlingssonne scheint, sieht unsere Wohnung plötzlich anders aus. So herrlich das Wetter auch ist, oft beleuchtet es gerade das, was liegen geblieben ist, was schon „ewig“ aber unbemerkt unnütz im Weg herumsteht und Staub angesetzt hat. Wird uns nun nach der Frühjahrsmüdigkeit neue Energie geschenkt, dann legen wir los:

Koenen_JensWir entrümpeln die Wohnung und trennen uns endlich von Dingen, zu deren Entsorgung wir bisher nicht die Kraft und den Nerv hatten. Wenn das geschafft ist, dürfen wir ein bisschen stolz sein: Denn in unserer heutigen Zeit ist es eine anstrengende Kunst, wertvollen Besitz von wertlosem zu unterscheiden. Ein winziges Beispiel, aber sowas frisst tausendfach in winzigen Portionen unsere Zeit und Nerven: Trage ich die irrläufige Büroklammer aus der Küche in mein Büro? Oder lege ich sie mir selbst in den Weg für meinen nächsten Gang ins Büro? Oder wäre es in dem Fall zeitschonender, sie in den Küchenmüll zu werfen? Aber sie ist ja noch gut… und bevor wir es entscheiden und handeln, lassen wir sie diesmal noch liegen… Am nächsten Morgen liegt sie immer noch dort und reibt uns unsere Unentschlossenheit unter die Nase, vermutlich sogar vor dem ersten Kaffee.

Zu Recht also erfreuen wir uns nach einer Entrümpelungsaktion am neuen, frischen Raum, an der Klarheit und Ruhe unserer Wohnung. Ähnlich erleben wir unsere Innenwelt: Unsere Seelen sind immer wieder belastet: Unschöne Begegnungen, schmerzhafte Missverständnisse, erlittenes Unrecht, erfahrene Ablehnung. Wie kaputte Möbel behindern sie uns, machen Räume kleiner und dunkler und wirken schwer. Wir ignorieren sie und geben aber dadurch den Raum auf, den sie einnehmen. Aber auch seelisches Entrümpeln ist möglich, und uns wurde die anstrengende aber lohnende Fähigkeit dazu gegeben: Vergebung. Wenn wir Anderen vergeben, an die wir bisher mit Schmerzen denken, dann tun wir uns selbst damit den größten Gefallen. Wie gesagt: Anstrengend. Doch es lohnt sich, vor allem für uns selbst: Wir legen Ballast ab, wir schaffen freien Raum in unserer Seele. Nun, wie soll das gehen? Die Anderen sind doch die Blöden, die „Täter“! Vielleicht. Aber sicherlich entscheiden wir darüber, wem und was wir Raum in unserer Seele überlassen. Erfahrene Kränkungen, Beleidigungen, erlittenes Unrecht: Wir können sie loslassen. Am wirkungsvollsten im Gebet. Falls Sie dazu die Bibel um Rat fragen wollen, können Sie digital unter „vergeben/Vergebung“ nachschlagen, oder Sie beginnen mit Ps 73 (aber den ganzen, nicht den Stummel im EG), Mt 6 (Vaterunser, Bergpredigt), 2Kor 2, Eph 4, Kol 3. Ernsthafte Bitten um die Fähigkeit zur Vergebung werden immer wieder auf wundersame Weise erhöht. Ich wünsche Ihnen: Entdecken Sie die Lust am Entrümpeln.

Jens Koenen, Hohenstaufen

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