Als Rettungsassistent und Taekwondo – Sportler will ich nicht nur schweigend zusehen. Sinnvolle Strategien gegen sexuell motivierte Übergriffe

Zunehmende Gewalt, bzw. sexuell motivierte Übergriffe gegen Mädchen und Frauen. Eine Aussage, die nicht nur ein Wortspiel ist, sondern leider allzu oft auch bittere Realität.

Von Alfred Brandner Dozent in der Gewaltprävention / Rettungsdienst

Selbstbeh. LehrgangNahezu mehrfach täglich, kann man den Medien (Mitteilungen der Polizei) entnehmen, dass Mädchen und Frauen angegangen wurden. Übergriffe scheinen demnach rasend schnell zuzunehmen.

Selbst im eher ländlichen Bereich kommt es zunehmend zu Entgleisungen – so zuletzt in einem Thermalbad, im Landkreis Göppingen am 2. 1.2016. Eine zwanzig – jährige wurde im Wasser von einem Mann unsittlich berührt, danach flüchtete der Täter. (PM Ulm)

Beruflich wurde ich oftmals mit weiblichen Opfern von Sexualstraftätern konfrontiert. Somit ist auch ein Einblick in die psychische Verfassung der Geschädigten gegeben – zumindest unmittelbar nach der Tat. Hinzu kommen sehr oft physische Schädigungen in Form schwerster Körperverletzungen.

Nun – nicht nur die Notfallmedizin hat mich geprägt, sondern auch der asiatische Kampfsport/Kampfkunst. Ich betätige mich seit vielen Jahren im Taekwondo als Breitensport, und bilde mich regelmäßig in anderen Kampfsportdisziplinen, und in speziellen Selbstverteidigungsmaßnahmen weiter. Verwertbare Erkenntnisse gebe ich gelegentlich in Form diverser Selbstschutzseminare an meine Mitbürger weiter. Mit praxisnahen Ratschlägen, z.B. auch in diversen Veröffentlichungen, lasse ich Mädchen und Frauen die Unterstützung zukommen. die der gegebenen Situation gerecht werden.

 

Was Mädchen und Frauen täglich so erleben

Anstarren, obszöne Bemerkungen, Belästigungen bis zur vollendeten Bedrohung. Mädchen und Frauen sind diesen üblen Zudringlichkeiten so sehr ausgesetzt, dass dieses Geschehen von vielen Bürgern in unserer Gesellschaft schon als völlig normal empfunden wird – insbesondere von den Tätern. Die Orte der Übergriffe sind fast überall- in der eigenen Wohnung, auf der Straße, in öffentlichen Verkehrsmitteln, am Arbeitsplatz und sehr oft auch über Internet und am Telefon. Ich sehe mich veranlasst zu betonen, dass dieses Geschehen wahr- und auch sehr ernst genommen werden muss. Mädchen und Frauen müssen Gewalt, sei es psychische- oder physische, nicht einfach hinnehmen und erleiden. Wir alle müssen gegen solche üblen Machenschaften angehen – auch die Betroffenen selbst.

Gewalt gegen Frauen in den unterschiedlichsten Erscheinungsformen darf nicht nur das Problem der Opfer sein –diese Form der Gewalt ist ein gesamtgesellschaftliches Geschehen das uns alle, und insbesondere auch die Männer angeht. Auch wenn das Rechtsempfinden vieler Zeitgenossen noch gering entwickelt ist – Gewalt gegen Frauen ist Unrecht. Überdies ist ein Angriff auf den Köper einer Frau, zugleich ein Angriff auf die Psyche. Die Opfer von Sexualstraftätern erleben Ohnmacht, Trauer, Ekel, Wut und oftmals Todesangst. Diese, die Lebensqualität massiv beeinflussende Empfindungen, die oftmals therapeutischer Hilfe bedürften, können ein ständiger, und lebenslanger Begleiter sein.

Doch was können Mädchen und Frauen gegen drohende Gewalt tun? Fakt ist, es gibt kein Patentrezept mit Garantie. Dennoch biete ich unverbindlichen Einblick, in sinnvolle Strategien zum Selbstschutz.

 

Risikolagen frühzeitig erkennen – Bauchgefühl Folge leisten

Frauen sollten sich vorausschauend verhalten. So kann man ggf. Gefahrenlagen erkennen. Ruhig auch einem natürlichen „Bauchgefühl“ Folge leisten. Angst ist ein natürliches Geschehen, und kann zur Verhinderung einer drohenden Risikolage beitragen. Je früher eine Gefahrenlage erkannt wird, umso leichter kann diese abgewendet werden. Man kann z.B. unauffällig den Gehweg wechseln, die Nähe anderer Menschen suchen, nur gut beleuchtete Wege nutzen, soziale Brennpunkte meiden. Unbedingt zu beachten ist, dass Gewalt nicht unbedingt von fremden Personen ausgehen muss. Sehr oft werden gute Bekannte, Freunde oder aber auch Verwandte zu Tätern.

 

Täter suchen Opfer aber keine Gegner-Klare Grenzen setzen

Mädchen/Frauen müssen sich selbstbewusst zeigen. Das Auftreten muss überzeugend wirken. Sprechen sie mit lauter und fester Stimme. Beispiel: „Stopp, fassen sie mich nicht an“. Die Hände werden wie ein Schutzschild vor Gesicht und Körper gehalten.

 

 Menschen zu Hilfeleistung auffordern

Die Menschen müssen sehr bestimmt zur Hilfestellung aufgefordert werden

Beispiel: „Sie mit der hellen Hose, rufen sie sofort die Polizei, ich bin in akuter Gefahr“ oder „sehen sie nicht wie der mich betatscht- ich brauche Hilfe“

 

Die Möglichkeit zur Flucht nutzen

Besteht die Möglichkeit zur Flucht, dann nichts wie weg, und anschließend aus verdeckter- bzw. sicherer Position über den Polizei-Notruf, mit der gegebenen Dringlichkeit, Hilfe anfordern. Das gilt insbesondere auch für Frauen die in Wohnräumen, Fahrzeugen, oder anderen Orten von ihren Peinigern misshandelt werden.

 

Eine Schutzzone aufsuchen

Flüchten Sie in Schutzzonen. Das können Ladengeschäfte, Apotheken, Arztpraxen oder andere Institutionen mit hoher Menschenansammlung sein.

 

Mädchen und Frauen müssen sich wehren

Nicht immer ist es mit verbalen Auseinandersetzungen getan. Mädchen oder Frauen sollten sich bei einem sexuell motivierten Übergriff unbedingt wehren. Sofort laut schreien, kratzen, beißen, treten, kneifen, schlagen. (Rechtsgrundlage: §§ 32 StGB Notwehr, 33 StGB Überschreiten der Notwehr) Dem Angreifer muss man einen ernsthaften Überraschungsschmerzreiz zufügen, nur so verschafft man sich die Möglichkeit zur Flucht. Denken sie nicht daran was dem Täter durch ihre Gegenwehr passieren könnte, (hierzu bleibt bei einem akuten Übergriff keine Zeit) sondern insbesondere daran was mit ihnen geschehen kann, wenn sie sich nicht sofort wehren.

 

Kampfsport/Kampfkunst oder Selbstschutz – Seminare können hilfreich sein

Ich empfehle Mädchen und Frauen geeignete Maßnahmen zur Stärkung des Selbstbewusstseins. Eine gute Möglichkeit ist die regelmäßige Teilnahme in einem Kampfsport oder spezieller Selbstverteidigung. Gestärkt werden hierbei Körper und Geist im Einklang. Selbstwertgefühl und Selbstsicherheit stehen als Belohnung.

Ziel alle Maßnahmen, sollte nicht die Einschränkung allgemeiner Bewegungsfreiheit sein. Besser wäre es reale Handlungsmöglichkeiten zur Bewältigung heikler Situationen zu erlernen.

 

 

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