Sonntagsgedanken: Feriengedanken

Vielleicht haben sie sich während ihres Urlaubes in Kärnten aufgehalten und dort auch eine Kirche besucht. In der Krypta des Domes von Gurk (Kärnten) befindet sich das Grabmal der heiligen Hemma mit einer ganz besonderen Frauenfigur[1]. Die Statue aus weißem Marmor ist eine Schleierfigur, denn das Gesicht wird von einem Transparent wirkenden Marmor bedeckt.

Durch den Schleier kann man deutlich die feinen Züge des Gesichts der Figur mit den geschlossenen Augen wahrnehmen. Man kann sich ganz gut vorstellen, dass die Frau im nächsten Augenblick die Augen aufschlägt und den Betrachtenden anblickt. Ein gegenseitiger Blick von außen nach innen und von innen nach außen, jeweils durch einen Schleier. Während Justitia, die Gerechtigkeit, eine Augenbinde hat, also gesehen wird, aber selbst nicht sehen kann, ist es mit dem Glauben offenbar anders. Der Glaube kann sehen, zumindest durch einen Schleier, also nicht ganz scharf. Glaubende sind überzeugt von Dingen, die man nicht sieht. Unser ganzes Wissen, das wir gesammelt haben wirft neue Fragen auf, so dass wir wieder zu suchen und zu forschen beginnen. Im Evangelium von Morgen stellt Jesus seinen Zuhörern drei Gleichnisse vor, die zur Wachsamkeit im Blick auf das unberechenbare Kommen des Herrn aufrufen. Zwei der Gleichnisse richten sich an die christliche Gemeinde, wärend das Dritte sich an den Gemeindeleiter mit seiner Dienerschaft richtet und ihm eine besondere Verantwortung für die Gemeinde auferlegt wird. Nun sind die Gemeinden von damals mit den heutigen Gemeinden nicht vergleichbar. Aber die Sorge um die Gemeinden ist mindestens gleich groß. Während damals der Blick auf die Endzeit gerichtet war und den Glauben mitprägte, sind die Gemeinden von heute einer Erosion ausgesetzt und der Glaube verdunstet immer mehr. Noch befinden wir uns mitten in den Ferien und haben in einer stillen Zeit die Chance die Sinnhaftigkeit unseres Daseins zu bedenken. Hierbei könnten allegorische Figuren helfen, zu akzeptieren das es mehr im Leben gibt als unbeschwerte Urlaubstage, dass es Dinge in unserem Leben gibt, die wir trotz aller Cleverness nicht hinterfragen können, weil unser Blick wie im Schleier gefangen bleibt. Im Korintherbrief beschreibt der Apostel Paulus eine ähnliche Erfahrung: Wir sehen nämlich jetzt durch einen Spiegel rätselhaft, dann aber von Angesicht zu Angesicht (1 Kor 13,12).  Auch hier ein doppelter Blick: selbst erkennen, aber auch von Gott ganz erkannt werden. Erholsame Tage und inspirierende Erlebnisse mögen dazu beitragen Körper und Geist zu stärken.

[1] Foto (wikimedia.org/wiki/File): Gurk Grabmal Hemma.jpg

Diakon Uwe Bähr, Bruder Klaus, Jebenhausen

 

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