Sonntagsgedanken: Es ist sehr wertvoll, einen Ort zum Trauern zu haben

Kürzlich waren wir Pfarrerinnen und Pfarrer vom Kirchenbezirk Geislingen-Göppingen bei der Firma Strassacker in Süßen eingeladen. Ab und zu schauen wir uns Betriebe an, um einen Einblick in die Arbeitswelt der Gemeindeglieder zu bekommen. Der Besuch bei der Kunstgießerei Strassacker war insofern besonders interessant, weil sich ein wichtiger Arbeitsbereich der Firma mit dem von uns Pfarrerinnen und Pfarrern überschneidet, und das ist die Tätigkeit auf dem Friedhof.

Die Firma Strassacker fertigt Symbole und Ritualelemente für eine besondere Erinnerungskultur, hauptsächlich für Friedhöfe, an und wir Pfarrerinnen und Pfarrer sind natürlich kraft Amtes bei Trauerfeiern auf den Friedhöfen. Es kam zu einem sehr interessanten Erfahrungsaustausch. Zunächst haben wir bestätigt, dass auch wir immer wieder zu hören bekommen, dass niemand gerne möchte, die Angehörigen dereinst einmal mit einer Grabpflege zur Last zu fallen, zumal Kinder und Verwandte nicht mehr, wie früher, selbstverständlich am gleichen Ort wohnen. Das andere ist, dass wir, wenn wir so nachdenken, in der Regel der Meinung sind, dass wir den Friedhof als Ort des Abschieds gar nicht brauchen. Wir haben doch Bilder und vielleicht besondere Gegenstände der verstorbenen Personen, die, so denken wir zunächst, ausreichen, als Möglichkeit, um uns an unsere Lieben zu erinnern und ihrer zu gedenken. Deshalb geht der Trend bei Bestattungen eindeutig zu Urnengräbern, ob mit Grabplatten oder im Friedwald, oder zu Rasengräbern, eben zu solchen Gräbern, die keiner Pflege bedürfen und wo eigentlich gar kein Blumenschmuck oder Ablegen von anderen Gegenständen vorgesehen, sogar verboten, ist. Und die Angehörigen unterschreiben auch diese für sie, so denken sie, gute Regelung. Nun ist aber erstaunlich, dass, wenn man dann die Gräber auf den Friedhöfen betrachtet, die allermeisten doch ganz persönlich geschmückt sind, mit einer Blume, einem Herz, einem Stein, einem Erinnerungsstück… Es macht deutlich, dass es doch sehr wertvoll und wichtig ist, einen Ort zu haben, an dem wir trauern und uns erinnern können, ein Ort, der uns hilft, in irgendeiner Weise mit dem oder der Verstorbenen in Verbindung treten zu können und auch einen persönlichen Gruß zu hinterlassen. Und wir Christen wissen ja auch, dass die Toten nicht einfach weg sind und im Nichts verschwinden, sondern dass sie natürlich noch da sind, allerdings nicht in dieser irdischen Welt, sondern in Gottes himmlischen Reich. Es tut einfach gut und es ist so wertvoll für unsere Trauer und unseren Schmerz, wenn wir vor Ort am Friedhof erleben dürfen, dass wir nicht einfach gänzlich abgeschnitten sind von unseren Lieben, sondern dass wir sie gut aufgehoben wissen können und wir eine Beziehung zu ihnen durchaus aufrechterhalten können. Also: es ist und bleibt wichtig, einen Ort des Abschiednehmens auf einem Friedhof zu haben, an dem wir auch den Namen des oder der Verstorbenen lesen können und an dem wir unserer Trauer Raum geben und uns bewusst unserer Lieben erinnern können. Ja, das ist wertvoll, weil unsere Lieben nicht einfach weg sind, ein für alle Mal ausgelöscht, sondern sie sind da, nur in anderer Weise, nämlich geborgen in Gottes Herrlichkeit. Das dürfen wir so auf dem Friedhof erleben. Wie hat es mein Vater am Todestag meiner Mutter ausgedrückt? „Das Grab ist nicht der Ort des Todes, sondern der Ort der bleibenden Gegenwart des geliebten Menschen.“ Und so können wir dann getröstet in unseren Alltag zurückkehren.

Pfr. Tobias Schart, Bad Boll

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