Sonntagsgedanken: Eine Denksportaufgabe zum Dreifaltigkeitssonntag

Als Kind habe ich immer wieder versucht, herauszufinden, wie Dinge funktionieren. Da fällt mir der Wecker meiner Mutter ein. Es war nicht einfach, die kleinen Schräubchen aufzudrehen, um zu sehen, was sich hinter dem Gehäuse befindet. All die kleinen Zahnrädchen faszinierten mich. Doch zerlegt in unzählbar viele Teilchen funktionierte der Wecker nicht mehr…

Nicht nur Kinder sind neugierig. Auch Erwachsene wollen Dingen auf den Grund gehen. Wenn dies verantwortungsvoll geschieht, bringt die Wissenschaft Gutes hervor, das Mensch und Natur schützt und bewahrt.

Unsere menschliche Neugier schränkt sich nicht auf naturwissenschaftliche Phänomene ein. Auch die Frage nach Gott tut sich auf. Können wir Menschen Gott überhaupt begreifen? Oder ist all mein Reden mit und über Gott zum Scheitern verurteilt, weil wir weder seine Existenz, noch seine Nicht-Existenz beweisen können?

Wer sich auf die Suche macht, kann Gotteserfahrungen machen. Und wenn viele Menschen über ähnliche Erfahrungen berichten, entsteht eine Glaubensgemeinschaft. Schon zweitausend Jahre gibt eine Generation der nächsten einen großen Schatz an christlichen Erfahrungen weiter. Und jede neue Generation stellt kritische Fragen: Macht das Sinn, was die Alten uns überliefert haben? Im Blick auf die Dreifaltigkeit Gottes ist das besonders spannend: Wie kann ich vernünftigerweise an EINEN Gott in DREI Personen – Vater, Sohn und Heiliger Geist – glauben?

Schon zur Zeit Jesu gab es die einen, die in ihm Gott selbst erkannten, der Menschen heilt, Leben rettet, den Tod besiegt, während andere ihn als Verbrecher verurteilten, der sich anmaßte, Gottes Sohn zu sein. Und auch das Wirken des Heiligen Geistes wurde für manche erfahrbar: Gottes Kraft, die Mutlosigkeit und Ängstlichkeit hinwegbläst, Totes zu neuem Leben erweckt. Lange wurde um Glaubenswahrheiten gerungen und schließlich auf den Konzilen in Nicäa und Konstantinopel ein gemeinsames Bekenntnis formuliert: Wir glauben an einen Gott in drei Personen: Vater, Sohn und Heiliger Geist.

Gott hält unsere Neugier und unsere Fragen aus. Er lässt sich nicht zerlegen wie der Wecker meiner Mutter. Als Glaubende darf ich kritisch und suchend sein. Mein Hinterfragen zerstört nicht meinen Glauben – wie manche fälschlicherweise meinen – vielmehr vertieft es meine Beziehung zu Gott. Er bleibt unbegreiflich und macht sich doch erfahrbar. Das ist seine Einladung an uns, zu einer großen, lebenslänglichen Glaubensexpedition aufzubrechen.

Pastoralreferentin Agnes Steinacker-Hessling

Katholisches Dekanat Göppingen-Geislingen

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