Bin gerade im Urlaub in Südtirol-Trentino und war heute in Riva del Garda, nur 45 km von Salo entfernt, wo Benito Mussolinis Regierung des Schreckens 1943-1945 ihren Sitz hatte. Da er bald den 80. Todestag hat, musste ich natürlich auch voller Abscheu an ihn und vor allem an sein Ende denken – was für ein erbärmlicher Wurm! Hätte er nicht so viel Schrecken über die Welt gebracht, hätte man fast Mitleid mit ihm haben können. Wer den Film über seine letzten Tage noch nicht kennt, möge ihn bitte anschauen:
Politische Wort zum Sonntag: Über 80 Jahre Schlacht um die Seelower Höhen, Gründung ÖVP und italienische Politik heute
Später bin ich noch mit einer Einheimischen ins Gespräch über mein früheres Studium der Politikwissenschaft gekommen. Ich habe demonstrativ laut betont, dass mich die Fratelli d´Italia, die in Italien regieren, mehr als anwidern und ich Angst habe, dass es in Deutschland auch so weit kommt und ich mein Fachwissen nutze, um gegen rechte Kräfte zu argumentieren. Sie schien überrascht darüber gewesen zu sein, dass ich das so direkt gesagt habe, aber ein anderer Italiener hat mir spontan zugestimmt. Meine Mittel mögen zwar begrenzt sein, aber mein Maul aufmachen, dass sollte trotzdem noch drin sein.
Ohne die Entwicklung in Italien wäre die Schlacht um die Seelower Höhen (16-19. April 1945) undenkbar gewesen. Eine Übermacht von Roter Armee und meist zwangsverpflichteter polnischer Truppen überrannte die letzten Reste der Wehrmacht und der Weg nach Berlin war endgültig frei. Es ist doch eigentlich nur Wahnsinn, dass Hitler der Meinung war, dass diese kleine Bergkette die Sowjets noch hätte stoppen können. Der eigentliche Wahnsinn war aber, was danach kam. Anstatt möglichst viele Menschen aus der Metropole in Sicherheit bringen zu lassen, wurde Berlin noch sinnlos mit viel Blut verteidigt.
Kontrovers wird dieses Jahr das Gedenken in Seelow diskutiert – v. a. die Teilnahme des russischen Botschafters. Der Bürgermeister betonte, dass die Veranstaltung öffentlich war und jeder kommen konnte, der wollte. Das mag zwar richtig gewesen sein, man hätte ihm aber im Vorfeld schon klarmachen können, dass er dort unerwünscht war und in der späteren Analyse, dass man seine Anwesenheit zwar nicht verhindern konnte, er aber alles andere als willkommen war. Daraus sollte man fürs nächste Jahr lernen…
Am 18. April 1945 wurde in Wien die ÖVP gegründet. Sicherlich war das erst einmal ein formaler Akt, da zwar Teile von Ostösterreich bereits von der Roten Armee besetzt waren, aber der Großteil noch unter NS-Knechtschaft stand – wobei abzusehen war, dass in Vorarlberg bald die französischen und in Oberösterreich die US-amerikanischen Truppen zur Befreiung kommen werden. Würden die Gründerväter der einst so stolzen österreichischen Volkspartei wissen, was diese Partei heute so treibt, sie würden sich im Grabe rumdrehen. Die ÖVP kollaboriert mit der rechtsextremen FPÖ und ist in der Steiermark schon deren Juniorpartner. Einst von NS-Gegnern gegründet, ist die Partei nur noch ein Schatten ihrer selbst und wird mehr und mehr zum Spielball rechter Kräfte. Mir graut schon, da ich in Deutschland ähnliche Tendenzen bei der CDU sehe.
Wovor mir ebenfalls graut ist, dass Benito Mussolinis Jüngerin Giorgia Meloni eine immer wichtigere Rolle in den europäisch-amerikanischen Beziehungen spielt. Die EU wird von der neofaschistischen Regierungschefin Italiens vorgeführt, da sie schon so eine Art Vermittlerrolle mit der Trump-Administration innehat. Das mag kurzfristig vielleicht unproblematisch wirken, ist aber auf lange Sicht brandgefährlich. Wenn die Fratelli d´Italia mit ihrem weiblichen Mussolini auch europäisch größeren Einfluss bekommen, können sie die Politik in eine gefährliche Richtung lenken – und das macht mir richtig Angst! Die EU muss dringend eigene Konzepte im Umgang mit den USA entwickeln und sich nicht von Meloni dominieren lassen. Am 28. April hat Mussolini Todestag und das wäre doch ein schönes Datum, Giorgia Meloni ins politische Abseits zu stellen. Ich will keinesfalls, dass sie so endet, wie ihr Idol. Sie soll abgewählt und falls möglich vor ein ordentliches Gericht gestellt werden. Mussolinis Erschießung damals war ein großer Fehler, da dadurch eine gründliche Aufarbeitung der faschistischen Verbrechen fast unmöglich wurde, was durch einen Prozess möglich gewesen wäre.
Mit besten Grüßen aus Povo an die Welt:
Marcel Kunz
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