Die meisten der arbeitsfreien Feiertage haben kirchlich-religiösen Charakter. Daneben gibt es weltliche Feiertage; zu einem vollständigen Bild der Feiertage müssten auch die Sonntage hinzugezählt werden – ursprünglich religiös begründete, gesetzlich arbeitsfreie Tage.
Der nächste „Feiertag“ ist der 1. Mai, der „Tag der Arbeit“. Hier ruht die Arbeit, damit sich unsere Gesellschaft Zeit für die Frage nimmt, ob unsere Arbeitsbedingungen in Ordnung sind. Gut, dass sich auch Gewerkschaften um dieses Thema kümmern. Schade, wenn nur wenige zu den Veranstaltungen hingehen und zuhören. Dabei geht es uns alle an. Beim Blick auf konkrete Stichworte ist das zu merken: Entlohnung, Mitbestimmung, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Befristungen, Arbeitszeiten, Rentenniveau oder auch Altersarmut und Fachkräftemangel. Das könnte uns am 1. Mai beschäftigen.
Was für den 1. Mai gilt, gilt für viele Feiertage, auch kirchliche. Der Feiertag wird immer mehr zu einem freien Tag, zum Freizeittag. An der Entwicklung des 1. Mai ist abzulesen, wie unsere Gesellschaft heute mit Feiertagen umgeht. Karfreitag und Ostern sind gerade erst ein paar wenige Wochen her. Und die 52 Sonntage stehen wöchentlich an. Da kann jede und jeder von uns selbst beurteilen, mit welchem Bewusstsein und mit welcher Praxis diese Feste gefeiert werden: Feiertag oder freier Tag?
Vielleicht könnte ein reflektierter Umgang mit diesen Feiertagen ein Anfang sein, diese kreativ und persönlich mit neuem Leben und Sinn zu füllen, dies vielleicht auch in kleineren Gemeinschaften im eigenen Lebensumfeld. Beispielsweise mit folgenden Schritten: Zuerst für mich und uns ganz persönlich im privaten Bewusstsein und eigener Nachdenklichkeit. Was ist das für ein Fest heute? Was kann ich diesem persönlich abgewinnen – oder auch nicht. Im nächsten Schritt könnte ich mich in meinem Lebensumfeld austauschen, Meinungen zusammenlegen. Und dann im dritten Schritt überlegen, auf was hätten wir denn heute zu diesem Feiertag gemeinsam Lust, was ergibt Sinn? Vielleicht ist auch ein Gottesdienstbesuch eine Alternative – mit anschließendem Kirchkaffee. Oder der gemeinsame Spaziergang, ein Besuch, ein Film.
Bezogen auf den 1. Mai könnte ich an diesem Tag über die Arbeit, auch über mein eigenes Verhältnis dazu, nachdenken. Vielleicht auch Menschen für ihre Arbeit danken, ganz persönlich: der Verkäuferin, dem Briefträger, … . Vielleicht doch eine Kundgebung zum 1. Mai besuchen? Oder jemanden ins Gebet einschließen und einen Text in der Bibel am Feiertag lesen, den dort aufgeworfen Fragen und Antworten nachgehen – so wie es am kommenden Sonntag in der ersten Lesung in der Apostelgeschichte heißt: „Dieser Jesus ist der Stein, der von euch Bauleuten verworfen wurde, der aber zum Eckstein geworden ist“ (Apg 4,11). Dieses Wort lädt ein, Jesus als Eckstein beim Bau unseres Lebens zu legen. Der Feiertag, Zeit, auch darüber nachzudenken.
Norbert Köngeter
Stadtdiakon und Betriebsseelsorger Katholische Kirche, Göppingen