Sonntagsgedanken: Der „38. Kirchentag“  –  der richtige Augenblick

Alle zwei Jahre treffen sich über 100 000 Menschen, um leidenschaftlich über die Zukunft nachzudenken. Sie tun dies in engagierten Gesprächen, im offenen Diskurs oder gar im ehrlichen Streiten.

Dabei wird auch gesungen, getanzt, gelacht, geweint – und gebetet.

Das ist wieder kennzeichnend für den 38. Evangelischen Kirchentag, der am Sonntag in Nürnberg zu Ende geht.

Wer einmal dabei war, vergisst solche Begegnungen sein Leben lang nicht!

Der Kirchentag war und ist ein typisch protestantischer „Dialog- und Kulturevent“, der schon 1949 als christliche Laienbewegung gegründet wurde.

Solche konfessionellen Treffen gibt es mittlerweile auch in der katholischen Kirche und erfreulicherweise sogar als ökumenische Variante.

Auch wenn man diesmal vielleicht zuhause bleiben muss, spürt man ein gewisses „Kirchentagsfieber“ in sich. Man will mit dabei sein, wenn Menschen in Zeiten von Krisen, Kriegen und Katastrophen gemeinsam eine helfende Kraft suchen und finden können.

Das diesjährige   Motto des Kirchentags gibt eine Orientierung: „Jetzt ist die Zeit“ lesen wir aus dem Markus-Evangelium 1, 15.  Zum Mitstreiten motiviert auch ein zitronenfarbiges Veranstaltungs-Plakat mit den Worten:

“Hoffen. Machen.“

                     Aus der Hoffnung wächst das Handeln.

Nimmt man die Losung und das Plakat zusammen, dann kommt Lust auf, um nachzudenken. Man spürt, dass es sich wahrlich lohnt, das eigene Handeln kritisch zu überdenken und neue Weg zu prüfen.

Dann wächst ein richtig fröhlicher Lebensmut mit einem starken Gestaltungswillen zusammen und erfüllt die christliche Botschaft eines Kirchentages.

Und was bewegt in diesen Zeiten unsere Gedanken, Gefühle und Hoffnungen?

Es sind die Kriege vor unserer Haustüre in der Ukraine, im Jemen, im Kongo und an vielen anderen Orten.

Es ist der zerstörerische Klimawandel und die kalte soziale Ungerechtigkeit.

Es ist das Problem einer schrumpfenden Kirche mit den unerträglichen Missbrauchsfällen an Kindern in den eigenen Reihen.

Der Kirchentag will Flagge zeigen und verspricht: „Jetzt ist die richtige Zeit  –  der richtige Augenblick!“

Dafür will er uns die Augen öffnen, dass wir den richtigen Augenblick auch nutzen werden und schließlich tatkräftig am Schopfe packen, damit wir die Chancen für Veränderungen erkennen und begreifen.

Auf was gründet sich diese Hoffnung eigentlich?

Unser menschliches Handeln hat eine innere Orientierung und die liegt im Schöpfungsgedanke Gottes. Der muss im Mittelpunkt aller Diskussionen und allen Handelns stehen. Da verzeihen wir manchmal auch auf eine gut gemeinte Besserwisserei auf einem Kirchentag. Wir fragen gezielt nach einem liebenden Gott und vertrauen auf ihn, dass der uns im Leben begleitet.

Da braucht es offene Augen und ein wachsames Gehirn, um alle Herausforderungen, die uns täglich umgeben, zu meistern.

Da braucht es kritische Einsicht in die eigene Urteilsfähigkeit und freundliche Gelassenheit bei Druck und Hektik.

Und es braucht die Bereitschaft, für eine unbeirrte Gerechtigkeit zu kämpfen, gerade angesichts so vieler menschlicher Abgründe.

Der richtige Augenblick bleibt aber nicht bei der bloßen Erkenntnis stehen. Zupacken ist angesagt, denn aus unserer christlichen Hoffnung heraus wächst gerechtes Handeln.

Auch dafür ist der Kirchentag der richtige Augenblick.

Ob auf dem Kirchentag in Nürnberg oder zuhause, ob als Christen oder Andersglaubende, ob als Menschen verschiedenerlei Geschlechts oder ob als Alte oder Junge, es ist lohnend, sich die göttlichen Lebensquellen neu zu erschließen und verantwortungsvoll danach zu handeln.

Der 38. Evangelische Kirchentag ist ein tolles Angebot dafür, denn

„Jetzt ist die richtige Zeit“.

 

Werner Stepanek

Prädikant

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