„Wer ein Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf“, sagt Jesus einmal (Mk 9,37) Ein andermal: „Lasst die Kinder zu mir kommen …! Denn Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes. Amen, das sage ich euch: Wer das Reich Gottes nicht so annimmt, wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen“. (Mk 10,14f).
Ausgerechnet Kinder! Warum nicht Manager, warum nicht irgendwelche der vielen erfolgreichen Würdenträger und Superstars dieser Welt? Ich will mal versuchen (!), mich in Jesus hineinzudenken.
Bestimmt heißt „wie ein Kind in dieser Welt leben“ im Sinn Jesu nicht: unfertig und unreif bleiben; heißt erst recht nicht: kindisch, läppisch werden. Wohl aber könnte es meinen: neugierig sein/bleiben auf Leben; das Leben immer wieder neu lernen wollen; offen bleiben können/wollen für alles, was neu ist und anders als das, was ich schon kenne.
Werden wie ein „Kind“, damit ist sicher auch gemeint: jederzeit etwas von anderen erwarten können; unbefangen, voller Erwartung und Neugierde allem entgegentreten – und: staunen können; selbst noch in Kleinigkeiten die Schönheit der Welt erkennen.
Ein „Kind“ sein, heißt natürlich auch: ich bin auf andere angewiesen, ich kann nicht alles selber – und zugleich: aber ich muss ja auch gar nicht alles selber können, ich habe doch dich.
Ein „Kind“ sein meint sicher auch: Fehler machen dürfen, Fehler zugeben können, sich korrigieren lassen, ohne gleich befürchten zu müssen: jetzt geht die Welt unter; aushalten und damit leben können, dass nicht alles, und vor allem nicht alles gleich und sofort aufgeht.
Nicht zuletzt meint „Kind“ sein: Ich habe noch einen Weg vor mir, ich bin noch nicht am Ziel; ich habe noch etwas zu erwarten, und da bin ich gespannt drauf; und deshalb kann und will ich diesen Weg auch mit Zuversicht gehen, mit einer gewissen Erwartung.
Ich kann mir gut vorstellen, dass wir noch auf manch Anderes kommen könnten, wenn wir uns jetzt weiter Gedanken machten über Jesu Wort, wir müssten uns etwas vom Kindhaften bewahren, um tauglich zu sein für das Reich Gottes.
Ich möchte es aber damit bewendet sein lassen, und mit einem Gebet aus Frankreich schließen, das mir in die Hände kam:
Herr, gib mir das Staunen eines Kindes, dessen Blick sich der Welt zum ersten Mal öffnet. Herr, gib mir die Freude eines Kindes, das seine ersten Schritte macht. Herr, gib mir das Glück eines Kindes, für das das Leben täglich neu, unschuldig und voller Erwartung ist. Herr, gib mir die Freude eines Kindes, das in allem, selbst noch im Kleinsten, den Abglanz deiner Herrlichkeit entdecken kann.
Jürgen Mühlbacher, Pfarrer i.R.