Was ich meine, ist die Geschichte, die am kommenden Sonntag in den katholischen Gottesdiensten als Evangelium vorgetragen wird.
Die meisten von uns kennen die Geschichte; sie ist schnell erzählt: Ein Mann hat zwei Söhne. Einer davon hält es daheim nicht mehr aus. Er lässt sich sein Erbe auszahlen und haut ab, bricht sozusagen alle Brücken hinter sich ab. Aber die vermeintliche Freiheit tut ihm nicht gut. Er kommt schnell unter die Räder, verliert alles. Ganz unten angekommen, besinnt er sich darauf, dass daheim vielleicht doch nicht alles so blöd war, wie er meinte – und er beschließt, wieder zu seinem Vater zurückzukehren. Wie er sich dann dem Vaterhaus wieder nähert, die große Überraschung: Der Vater denkt gar nicht daran, den verlorenen Sohn zu strafen, ihn für das „büßen“ zu lassen, was er angestellt hat. Ohne „Wenn und Aber“ nimmt er seinen Sohn in die Arme. Er freut sich einfach, dass er den Verlorenen wieder hat, und organisiert darüber ein richtiges Fest.
Mit dieser Geschichte will Jesus einige unserer Vorstellungen von Gott korrigieren.
Zum ersten: Gott ist nicht „böse“, wenn jemand meint, ohne Gott gehe es besser im Leben. Gott lässt jeden/jede die Erfahrungen machen, von denen man meint, sie täten einem gut. Alle Rede von einem Gott, der in Zorn oder Enttäuschung Menschen abschreibt, die ihm den Rücken kehren, ist in den Augen Jesu nicht wahr.
Ein zweites: Wenn jemand – auch nach manchen Irrwegen – dann den Wunsch hat, zurückzukehren zu Gott, kann es eine große Überraschung geben: noch bevor man ein Wort der Entschuldigung rausbringen kann, kommt dieser Gott von sich aus auf den „Heimkehrer“ zu, um ihn/sie wieder in seine Arme zu schließen.
Jesus zeigt uns da einen Gott, der nicht einmal zuerst ein Schuldeingeständnis als Bedingung für Versöhnung und Gemeinschaft verlangt. Nein, Gott ist aus der Sicht Jesu einer, der von sich aus, mit seiner Liebe werbend, den ersten Schritt auf den Menschen zumacht. Nach Jesu Ansicht fragt Gott nicht, wie viel Liebe ein Mensch verdient, sondern wie viel Liebe ein Mensch braucht.
Aber das ist ja unglaublich! Oder? Ja, ist das nicht ein „unmöglicher“ Gott? Manch einer mag so denken. Jesus würde vielleicht eher sagen: kein „unmöglicher“, sondern ein im besten Sinn des Wortes „unbegreiflicher“ Gott, unglaublich gütig und barmherzig – Gott eben!
Stellen wir uns mal vor, wir Menschen (vor allem als Menschen in der Kirche) könnten es diesem Gott gleichtun.
Jürgen Mühlbacher, Pfarrer i.R.